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Anforderungen an die Heizkostenabrechnung bei einer Schätzung von Verbrauchswerten

AG Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 05.05.2011 - 218 C 271/09-

Fundstelle: jurisPR-MietR 16/2011 Anm. 1

Autor: RA Dietmar Wall

Orientierungssatz zur Anmerkung(erstellt von RA Dietmar Wall).

Erläutert der Vermieter innerhalb der Abrechnungsfrist nicht, wie die der Heizkostenabrechnung zugrundegelegten Schätzwerte für den individuellen Verbrauch zustande gekommen sind, hat das die formelle Unwirksamkeit der Abrechnung zur Folge.

Zitat:" Kontext der Entscheidung

Ist eine Betriebskostenabrechnung formell unwirksam, steht dem Vermieter von Wohnraum nach Ablauf der Abrechnungsfrist – wie im vorliegenden Fall – ein Nachzahlungsbetrag nicht mehr zu. Wegen dieser einschneidenden Rechtsfolge tendiert der BGH dazu, die formellen Anforderungen nicht zu hoch zu schrauben (Urt. v. 25.11.2009 - VIII ZR 322/08 - WuM 2010, 156; Urt. v. 13.01.2010 - VIII ZR 137/09 - WuM 2010, 153; Urt. v. 28.05.2008 - VIII ZR 261/07 - WuM 2008, 407; BGH, Urt. v. 17.11.2004 - VIII ZR 115/04 - WuM 2005, 61). Andererseits achtet er darauf, dass die Abrechnung für den Mieter nachvollziehbar ist. Eine Betriebskostenabrechnung muss dabei zwar keine vollständige Überprüfung auf ihre inhaltliche Richtigkeit ermöglichen. Sie muss aber so detailliert gestaltet sein, dass der Mieter erkennen kann, wie die Gesamtbeträge und der sich daraus für den Mieter ergebende Betrag berechnet wurden (BGH, Urt. v. 25.11.2009 - VIII ZR 322/08 - WuM 2010, 156). Nicht nachvollziehbare Angaben ziehen die formelle Unwirksamkeit nach sich (Urt. v. 09.04.2008 - VIII ZR 84/07 -WuM 2008, 351).

Auswirkungen für die Praxis

Angesichts des drohenden Verlusts der Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung sollten Vermieter und Hausverwalter darauf achten, dass das Messdienstunternehmen nähere Angaben zu einer Schätzung vornimmt. In der Heizkostenabrechnung muss darauf hingewiesen sein, dass geschätzt wurde.

Herausgeber:Norbert Eisenschmid, RA

Quelle: Juris Das Rechtsportal

http://www.juris.de/jportal/portal/t/1fhd/page/homerl.psml?nid=jpr-NLMW000009111&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


Anmerkung: Lesenswert auch folgender Beitrag :


Amtsgericht Hagen Urteil vom 23.11.2010,AZ.: - 15 C 286/10 -


Anmerkung zu: AG Hagen (Westfalen), Urteil vom 23.11.2010 - 15 C 286/10 -
Autor: Dr. Richard Gies, RiLG a.D.
Erscheinungsdatum: 07.06.2011
Quelle: Juris
Normen: § 139 ZPO, § 2 HeizkostenV, § 12 HeizkostenV
Fundstelle: jurisPR-MietR 11/2011 Anm. 1
Herausgeber: Norbert Eisenschmid, RA



Keine Verwirkung für die Zukunft durch Verzicht auf Betriebskostennachzahlungen in der Vergangenheit


Leitsatz(von Dr. Richard Gies, RiLG a.D.)


Verzichtet der Vermieter in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse der Mieter über Jahre auf Betriebskostennachzahlungen, begründet dies keine Verwirkung des Anspruchs für die Zukunft.



Quelle: Juris Das Rechtsportal


Anmerkung zur Schätzung von Heizkosten(Stromkosten) im SGB II :


1. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 24.11.2010, - L 10 AS 2064/10 B PKH -


Die Übernahme von Stromkosten für einen Ölradiator als (weitere) Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 Satz1 bzw Satz 3 SGB II ist möglich, sofern sie für das Beheizen der Wohnung aufzubringen sind (vgl BSG, Beschluss vom 26. Mai 2010 – B 4 AS 7/10 B, RdNr 8 mwN).


Erfasst werden nicht nur laufende Kosten, also etwa monatliche Stromkostenvorauszahlungen, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung. Wird demnach eine Stromkostennachforderung – wie hier – in einer Summe fällig, handelt es sich im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit um einen tatsächlichen, aktuellen Bedarf iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, wenn und soweit sie auf das Betreiben einer Heizungsanlage zurückzuführen ist. Ein gesonderter Antrag auf Deckung dieses Bedarfs ist nicht erforderlich (vgl BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 62/09 R, RdNr 13f mwN).


In einem solchen Falle, in dem möglicherweise selbst die Einholung eines Sachverständigengutachtens keine eindeutige Klärung verspricht und zudem dessen Einholung – auch angesichts der Höhe des erhobenen Anspruchs – einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten könnte (Rechtsgedanke des § 287 Abs 2 ZPO; vgl BSG, Urteil vom 15. Dezember 2009 - B 1 AS 1/08 KL, RdNr 41ff), darf sich das Gericht jedenfalls nicht – wie es das im angefochten Beschluss zumindest sinngemäß getan hat – auf die Regeln der objektiven Beweislast berufen.


Vielmehr ist es – sofern es von der Einholung eines Gutachtens absehen will – jedenfalls verpflichtet , eine Schätzung nach § 287 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG vorzunehmen (vgl zur grds Anwendbarkeit des § 287 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren zB BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 P 6/02 R, RdNr 14 = SozR 4-3300 § 15 Nr 1 RdNr 12, jeweils mwN). Dies dürfte jedenfalls dann gelten, solange die Schätzung nicht über das "Ob", sondern nur über die Höhe der Leistung entscheidet.

2. BSG, Urteil vom 10.05.2011, -B 4 AS 100/10 R-

Bei der Erfassung des Stromverbrauchs für einen Heizlüfter im Bad mit nur einem Zähler kann zur Differenzierung zwischen vom Regelsatz umfassten Stromkosten (Haushaltsstrom) und Stromkosten als Kosten der Unterkunft (Heizkosten) geschätzt werden .


Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.

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