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Erzielt der Unterhaltsschuldner neben Leistungen nach dem SGB II Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung oder sind solche dem Unterhaltsschuldner fiktiv zuzurechnen, so ist er insoweit als leistungsfähig anzusehen.

Anmerkung zu:KG Berlin Senat für Familiensachen, Urteil vom 01.10.2010 - 13 UF 91/10-

Autor: Heinrich Schürmann, Vors. RiOLG , Fundstelle: jurisPR-FamR 17/2011 Anm. 1 .

Leistungsfähigkeit bei Bezug von ALG II

Leitsatz( von Juris)

Erzielt der Unterhaltsschuldner neben Leistungen nach dem SGB II Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung oder sind solche dem Unterhaltsschuldner fiktiv zuzurechnen, so ist er insoweit als leistungsfähig anzusehen, als sein Gesamteinkommen unter Einschluss der Leistungen nach dem SGB II über dem Selbstbehalt liegt.

Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bemisst sich danach, welches Einkommen ihm nach Anwendung der Anrechnungsvorschriften der §§ 11 Abs. 2 SGB II, 30 SGB II verbleibt. Als Freibetrag i.S.v. § 11 Abs. 2 SGB II aus einem erst zu schaffenden Titel kann nur ein Betrag eingesetzt werden, der der nach unterhaltsrechtlichen Kriterien zu ermittelnden Leistungsfähigkeit aus den zusammengerechneten Einkünften - unter Berücksichtigung der übrigen Freibeträge - entspricht.

Auswirkungen für die Praxis

Einem Unterhaltspflichtigen müssen zunächst die Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs verbleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob er diese aus einer sozialversicherungspflichtigen oder einer geringfügigen Tätigkeit bezieht. Nach ständiger Rechtsprechung darf er durch eine Verurteilung zu Unterhaltszahlungen selbst nicht hilfebedürftig werden oder sich seine Hilfebedürftigkeit vergrößern (BGH, Urt. v. 03.12.2008 - XII ZR 182/06 - NJW 2009, 1410, m.w.N.). Eine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit besteht daher erst dann, wenn und soweit ein Unterhaltspflichtiger über Einkommen verfügt, das ihn in der Summe vom Bezug ergänzender Leistungen zur Sicherung seines Lebensbedarfs unabhängig macht. Dies gilt auch bei der Zurechnung eines fiktiven Einkommens.

Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Angemessene Umgangskosten sind vorweg vom Einkommen abzuziehen bzw. der Selbstbehalt ist entsprechend zu erhöhen, da nach der Neuregelung der Kindergeldanrechnung kein unberücksichtigtes Einkommen verbleibt und gerade bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen dem Unterhaltsschuldner die zur Aufrechterhaltung der Umgangskontakte notwendigen Mittel verbleiben müssen (BVerfG, Beschl. v. 09.04.2003 - 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01 - FamRZ 2003, 1370; BGH, Urt. v. 23.02.2005 - XII ZR 56/02 - FamRZ 2005, 706; BGH, Urt. v. 24.06.2009 - XII ZR 161/08 - FamRZ 2009, 1477).


http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ee1/page/homerl.psml?nid=jpr-NLFR000011011&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp


Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.

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