Kläger hat gemäß §§ 53, 54 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB XII iVm § 13 Abs 1 Nr 5 EinglHVO einen Anspruch auf Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten für eine studienbedingt erforderliche Vorlesehilfe in voller Höhe ohne die streitige teilweise Anrechnung des Landesblindengeldes und der Blindenhilfe.
§§ 53, 54 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB XII iVm § 13 Abs 1 Nr 5 EinglHVO ,§§ 82,83SGX II
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil vom 27.01.2011, - L 8 SO 171/08 -
Die Blindenhilfe stellt nach dem Wortlaut des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII bereits kein Einkommen im Sinne des SGB XII dar.
Beim Landesblindengeld handelt es sich zwar um Einkommen im Sinne von § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Den (teilweisen) Einsatz dieses Einkommens zur Deckung der Kosten der Vorlesehilfe darf aber gemäß § 83 Abs 1 SGB XII nicht verlangt werden.
Nach dieser Vorschrift sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient.
Das Landesblindengeld ist also als sog. Zweckleistung nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall - hier die Eingliederungshilfe in Gestalt der Übernahme der Kosten der Vorlesehilfe - demselben Zweck dient.
Der Zweck der sozialhilferechtlichen Einzelleistung ist anhand des konkret zu deckenden Bedarfs zu ermitteln. Zweckidentität besteht sodann in dem Umfang, in dem beide Leistungen der Deckung desselben Bedarfs dienen (Brühl in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 83 Rdnr 5 mwN).
Der Zweck der hier den entsprechenden Bedarfs deckenden Eingliederungshilfe in Gestalt der Übernahme der Kosten einer für sein Studium erforderlichen Vorlesehilfe ergibt sich zunächst bereits aus § 53 Abs 3 SGB XII.
Danach ist es unter anderem besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Der Zweck, behinderten Menschen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen, findet sich in § 54 Abs 1 Nr 2 SGB XII wieder, wonach eine Leistung der Eingliederungshilfe insbesondere die hier gewährte Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Berufs einer Hochschule ist.
Diese Hilfe umfasst gemäß § 13 Abs 1 Nr 5 EinglHVO vor allem Hilfe zur Ausbildung an einer Hochschule oder einer Akademie. Besonderer Zweck der Eingliederungshilfe in Gestalt der hier vorliegenden sogenannten Hochschulhilfe ist es, alle behinderungsbedingten Hindernisse und Erschwernisse auszuräumen, die dem Hochschulbesuch entgegenstehen.
Damit dient die gewährte Eingliederungshilfe in Gestalt der Übernahme der Kosten der für sein Hochschulstudium erforderlichen Vorlesehilfe nicht (auch nicht teilweise) demselben Zweck wie das pauschal den Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen bezweckenden und stark versorgungsrechtliche Züge aufweisende Landesblindengeld (vgl. ebenfalls eine Zweckidentität von Eingliederungshilfe und Landesblindengeld verneinend: OVG Lüneburg, Urteil vom 13. März 1968 - IV OVG A 150/67 - FEVS, 16, 426; BVerwG, Urteil vom 5. November 1969 - V C 43.69 -, juris Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. April 1988 - 6 S 2217/86 -, FEVS 38, 247).
Seine vom Sozialhilfeträger bei der Gewährung der Eingliederungshilfe vorgenommene Berücksichtigung als Einkommen verstößt daher gegen § 83 Abs 1 SGB XII. Die streitige teilweise "Anrechnung" des Landesblindengeldes auf die Eingliederungshilfeleistung ist auch unbillig, weil das Landesblindengeld (als vorrangige gleichartige Leistung gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) in der gewährten Höhe (220,00 EUR) an die Stelle der Blindenhilfe getreten ist und diese gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII nicht als Einkommen anzurechnen ist (vgl. auch OVG Lüneburg, aaO, 428).
Anmerkung: Sozialgericht Landshut Urteil vom 02.02.2011, - S 10 SO 36/09 -
Sozialempfänger hat Anspruch auf eine aufgestockte Blindenhilfe nach § 72 SGB XII ohne die Anrechnung des Blindengeldes nach dem Bayer. Blindengeldgesetz im Rahmen des § 83 SGB XII.
Sozialgericht Dresden , Beschluss vom 28.07.2010, - S 6 AS 2932/10 ER -
Bei der Blindenhilfe gemäß § 72 Abs. 1 SGB XII handelt es sich um eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II.
Der Gesetzgeber wollte mit dem pauschalierten Bedarf den blinden Menschen ermöglichen in freier Entscheidung Anschaffungen zu tätigen, welche ihm das Leben erleichtert (vgl. zum Ganzen BVerwGE 32, 89; 51, 281, 289 m. w. N.). Er soll unter Anderem auch in die Lage versetzt werden bei Bedarf Hilfspersonen anzustellen und bezahlen zu können Auf den Nachweis der Zweckverwendung hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet. Die Möglichkeit die Blindenhilfe zu versagen, wenn deren Zweck nicht erreichbar war (§ 67 Abs. 4 Satz 2 BSHG) hat der Gesetzgeber abgeschafft.
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil vom 27.01.2011, - L 8 SO 171/08 -
Die Blindenhilfe stellt nach dem Wortlaut des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII bereits kein Einkommen im Sinne des SGB XII dar.
Beim Landesblindengeld handelt es sich zwar um Einkommen im Sinne von § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Den (teilweisen) Einsatz dieses Einkommens zur Deckung der Kosten der Vorlesehilfe darf aber gemäß § 83 Abs 1 SGB XII nicht verlangt werden.
Nach dieser Vorschrift sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient.
Das Landesblindengeld ist also als sog. Zweckleistung nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall - hier die Eingliederungshilfe in Gestalt der Übernahme der Kosten der Vorlesehilfe - demselben Zweck dient.
Der Zweck der sozialhilferechtlichen Einzelleistung ist anhand des konkret zu deckenden Bedarfs zu ermitteln. Zweckidentität besteht sodann in dem Umfang, in dem beide Leistungen der Deckung desselben Bedarfs dienen (Brühl in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 83 Rdnr 5 mwN).
Der Zweck der hier den entsprechenden Bedarfs deckenden Eingliederungshilfe in Gestalt der Übernahme der Kosten einer für sein Studium erforderlichen Vorlesehilfe ergibt sich zunächst bereits aus § 53 Abs 3 SGB XII.
Danach ist es unter anderem besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Der Zweck, behinderten Menschen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen, findet sich in § 54 Abs 1 Nr 2 SGB XII wieder, wonach eine Leistung der Eingliederungshilfe insbesondere die hier gewährte Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Berufs einer Hochschule ist.
Diese Hilfe umfasst gemäß § 13 Abs 1 Nr 5 EinglHVO vor allem Hilfe zur Ausbildung an einer Hochschule oder einer Akademie. Besonderer Zweck der Eingliederungshilfe in Gestalt der hier vorliegenden sogenannten Hochschulhilfe ist es, alle behinderungsbedingten Hindernisse und Erschwernisse auszuräumen, die dem Hochschulbesuch entgegenstehen.
Damit dient die gewährte Eingliederungshilfe in Gestalt der Übernahme der Kosten der für sein Hochschulstudium erforderlichen Vorlesehilfe nicht (auch nicht teilweise) demselben Zweck wie das pauschal den Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen bezweckenden und stark versorgungsrechtliche Züge aufweisende Landesblindengeld (vgl. ebenfalls eine Zweckidentität von Eingliederungshilfe und Landesblindengeld verneinend: OVG Lüneburg, Urteil vom 13. März 1968 - IV OVG A 150/67 - FEVS, 16, 426; BVerwG, Urteil vom 5. November 1969 - V C 43.69 -, juris Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. April 1988 - 6 S 2217/86 -, FEVS 38, 247).
Seine vom Sozialhilfeträger bei der Gewährung der Eingliederungshilfe vorgenommene Berücksichtigung als Einkommen verstößt daher gegen § 83 Abs 1 SGB XII. Die streitige teilweise "Anrechnung" des Landesblindengeldes auf die Eingliederungshilfeleistung ist auch unbillig, weil das Landesblindengeld (als vorrangige gleichartige Leistung gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) in der gewährten Höhe (220,00 EUR) an die Stelle der Blindenhilfe getreten ist und diese gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII nicht als Einkommen anzurechnen ist (vgl. auch OVG Lüneburg, aaO, 428).
Anmerkung: Sozialgericht Landshut Urteil vom 02.02.2011, - S 10 SO 36/09 -
Sozialempfänger hat Anspruch auf eine aufgestockte Blindenhilfe nach § 72 SGB XII ohne die Anrechnung des Blindengeldes nach dem Bayer. Blindengeldgesetz im Rahmen des § 83 SGB XII.
Sozialgericht Dresden , Beschluss vom 28.07.2010, - S 6 AS 2932/10 ER -
Bei der Blindenhilfe gemäß § 72 Abs. 1 SGB XII handelt es sich um eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II.
Der Gesetzgeber wollte mit dem pauschalierten Bedarf den blinden Menschen ermöglichen in freier Entscheidung Anschaffungen zu tätigen, welche ihm das Leben erleichtert (vgl. zum Ganzen BVerwGE 32, 89; 51, 281, 289 m. w. N.). Er soll unter Anderem auch in die Lage versetzt werden bei Bedarf Hilfspersonen anzustellen und bezahlen zu können Auf den Nachweis der Zweckverwendung hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet. Die Möglichkeit die Blindenhilfe zu versagen, wenn deren Zweck nicht erreichbar war (§ 67 Abs. 4 Satz 2 BSHG) hat der Gesetzgeber abgeschafft.
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
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