Bayerische Landessozialgericht hat Krankengeld vorläufig zugesprochen in einem Fall, in dem ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache für einen Bezieher von Leistungen nach dem SGB II nicht zumutbar war.
Bayer. Landessozialgericht Beschluss vom 11. August 2011 - L 5 KR 271/11 B ER
Ausgangspunkt
Der Antragsteller hatte von seiner Krankenkasse (Antragsgegnerin) zunächst für mehr als zwei Monate Krankengeld bezogen. Von der behandelnden Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie war unter anderem eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen diag-nostiziert und eine Arbeitsunfähigkeit für die Tätigkeit als Krankenpfleger in einer Justizvollzugsanstalt bescheinigt worden. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen in Bayern (MDK Bayern) kam in einer Stellungnahme nach Aktenlage zu einer deutlich abweichenden Diagnose und verwies unter Hinweis auf Konflikte am Arbeitsplatz auf die Möglichkeit einer innerbetrieblichen Umsetzung des Antragstellers.
Die Antragsgegnerin stellte daraufhin die Krankengeldleistung ein. Das Sozialgericht hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Verpflichtung zur Fortzahlung abgelehnt mit der Begründung, es fehle an der besonderen Eilbedürftigkeit. Ein bedürftiger Versicherter könne auf Leistungen zur Absicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II oder SGB XII verwiesen werden.
Die Entscheidung
Das Bayerische Landessozialgericht hat die Entscheidung des Sozialgerichts aufgehoben. Die Feststellungen des MDK Bayern begründeten keine Zweifel an der von der behandelnden Ärztin bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Der Stellungnahme habe ein unzutreffender Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegen. Für die Arbeitsunfähigkeit hätte nicht auf die Tätigkeit als Krankenpfleger „als solche“ abgestellt werden dürfen, sondern auf die beruflichen Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes. Ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache sah das Bayerische Landessozialgericht als nicht sachgerecht.
Der Antragsteller erleide wesentliche Nachteile, wenn er vorläufig auf die deutlich niedrigeren Leistungen nach dem SGB II verwiesen werde. Zumal dieser Leistungsbezug mit weiteren Folgen der geringeren Absicherung in anderen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung verbunden ist.
Auswirkungen der Entscheidung
Die Entscheidung zeigt, dass die bisherige Zurückhaltung der Sozialgerichte beim Erlass von einstweiligen Anordnungen mit der Verpflichtung zur Fortzahlung von Krankengeld nicht in al-len Fällen angezeigt ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn offensichtlich ein Anspruch auf Krankengeld als Entgeltersatzleistung besteht und ein Vertrösten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar erscheint.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/msgb/show.php?modul=msgb&id=4375&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Ausgangspunkt
Der Antragsteller hatte von seiner Krankenkasse (Antragsgegnerin) zunächst für mehr als zwei Monate Krankengeld bezogen. Von der behandelnden Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie war unter anderem eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen diag-nostiziert und eine Arbeitsunfähigkeit für die Tätigkeit als Krankenpfleger in einer Justizvollzugsanstalt bescheinigt worden. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen in Bayern (MDK Bayern) kam in einer Stellungnahme nach Aktenlage zu einer deutlich abweichenden Diagnose und verwies unter Hinweis auf Konflikte am Arbeitsplatz auf die Möglichkeit einer innerbetrieblichen Umsetzung des Antragstellers.
Die Antragsgegnerin stellte daraufhin die Krankengeldleistung ein. Das Sozialgericht hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Verpflichtung zur Fortzahlung abgelehnt mit der Begründung, es fehle an der besonderen Eilbedürftigkeit. Ein bedürftiger Versicherter könne auf Leistungen zur Absicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II oder SGB XII verwiesen werden.
Die Entscheidung
Das Bayerische Landessozialgericht hat die Entscheidung des Sozialgerichts aufgehoben. Die Feststellungen des MDK Bayern begründeten keine Zweifel an der von der behandelnden Ärztin bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Der Stellungnahme habe ein unzutreffender Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegen. Für die Arbeitsunfähigkeit hätte nicht auf die Tätigkeit als Krankenpfleger „als solche“ abgestellt werden dürfen, sondern auf die beruflichen Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes. Ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache sah das Bayerische Landessozialgericht als nicht sachgerecht.
Der Antragsteller erleide wesentliche Nachteile, wenn er vorläufig auf die deutlich niedrigeren Leistungen nach dem SGB II verwiesen werde. Zumal dieser Leistungsbezug mit weiteren Folgen der geringeren Absicherung in anderen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung verbunden ist.
Auswirkungen der Entscheidung
Die Entscheidung zeigt, dass die bisherige Zurückhaltung der Sozialgerichte beim Erlass von einstweiligen Anordnungen mit der Verpflichtung zur Fortzahlung von Krankengeld nicht in al-len Fällen angezeigt ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn offensichtlich ein Anspruch auf Krankengeld als Entgeltersatzleistung besteht und ein Vertrösten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar erscheint.
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