Hartz IV: Der Zufluss der Abfindung auf die Versorgungsanwartschaft des Pensions-Sicherungs-Vereins stellt Einkommen dar, welches bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist.
§§ 11,12 SGB II
Hessisches Landessozialgericht Urteil vom 09.02.2011, - L 6 AS 280/08 - , Nichtzulassungsbeschwerde anhängig unter dem AZ.: - B 4 AS 52/11 B -
Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen erfolgt durch das SGB II selbst nicht. Nach den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R -; Urteile vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - zur Einkommenssteuererstattung und B 4 AS 57/07 R zu Zinseinkünften aus Sparguthaben).
Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgebend bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung. Ebenso wenig kommt es auf den Grund für die Zahlung zu einem bestimmten Zeitpunkt an. Umgekehrt ist anhand des Begriffs der Verwertbarkeit festzustellen, ob eine (potentielle) Verschiebung der geldwerten Position einen Zufluss oder eine Vermögensverwertung darstellt. Abzustellen ist insoweit allein auf den Abfindungsanspruch nach § 8 Abs. 2 BetrAVG gegenüber dem Träger der Insolvenzsicherung. Der Abfindungsanspruch nach § 3 BetrAVG ist insoweit ein aliud, zumal er – unabhängig davon, ob die Voraussetzungen vorlagen – seinerzeit nicht geltend gemacht worden ist.
Nach den oben aufgestellten Grundsätzen ist nämlich auch unerheblich, warum ein Zufluss nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt realisiert worden ist. Die Sicherungspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins greift ein, wenn das Unternehmen, das die betriebliche Altersversorgung finanziert hat, insolvent wird. Bei der Abfindung nach § 8 Abs. 2 BetrAVG handelt es sich um ein Gestaltungsrecht des Pensions-Sicherungs-Vereins, das auch gegen den Willen des Versicherten ausgeübt werden kann. Bereits dies spricht dagegen, einen Zufluss oder einer Vermögenseigenschaft zu einem früheren Zeitpunkt zu fingieren, zu dem der Pensions-Sicherungs-Verein noch nicht von seinem Abfindungsrecht Gebrauch gemacht hat. Der Abfindungsanspruch war mithin auch nicht vor Erlass des Abfindungsbescheides am 26. September 2006 verwertbar. Der Entschädigungscharakter der Abfindungszahlung für den Wegfall künftiger Ansprüche der betrieblichen Altersversorgung lässt es zudem nicht zu, die Abfindung zeitlich dem Arbeitsverhältnis und damit der Vergangenheit zuzuordnen (so BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 47/08 R – zur arbeitsrechtlichen Abfindung).
Die Zahlung ist kein zweckbestimmtes Einkommen nach § 11 Abs. 3 SGB II. Aus der Natur der Abfindung ergibt sich, dass der Empfänger in seiner Verfügung hierüber frei ist. Eine zweckbestimmte Einnahme ist nur dann anzunehmen, wenn aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung zu einem bestimmten Zweck verwendet werden soll (BSG, Urteil vom 3. März 2009 – 4 AS 47/08 R – Rn. 21; dazu ausf.: Mahler in: Mittag u.a., Aspekte der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, 2010, S. 294, 305ff.). Auch insoweit ist isoliert auf die Abfindung und nicht etwa auf die Zahlungen zur betrieblichen Altersvorsorge an die Versorgungseinrichtungen abzustellen.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=143945&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 06.04.2011, - L 19 AS 546/11 B -
Einkünfte aus der Nacherfüllung von arbeitsrechtlichen Ansprüchen unterliegen denselben Anrechnungsregeln innerhalb des SGB II wie Abfindungen, insofern sie beide keine privilegierten Einkommensbestandteile im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II darstellen (z. B. Urteil des BSG vom 18.02.2010 - B 14 AS 86/08 R - m.w.N.).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Hessisches Landessozialgericht Urteil vom 09.02.2011, - L 6 AS 280/08 - , Nichtzulassungsbeschwerde anhängig unter dem AZ.: - B 4 AS 52/11 B -
Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen erfolgt durch das SGB II selbst nicht. Nach den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R -; Urteile vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - zur Einkommenssteuererstattung und B 4 AS 57/07 R zu Zinseinkünften aus Sparguthaben).
Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgebend bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung. Ebenso wenig kommt es auf den Grund für die Zahlung zu einem bestimmten Zeitpunkt an. Umgekehrt ist anhand des Begriffs der Verwertbarkeit festzustellen, ob eine (potentielle) Verschiebung der geldwerten Position einen Zufluss oder eine Vermögensverwertung darstellt. Abzustellen ist insoweit allein auf den Abfindungsanspruch nach § 8 Abs. 2 BetrAVG gegenüber dem Träger der Insolvenzsicherung. Der Abfindungsanspruch nach § 3 BetrAVG ist insoweit ein aliud, zumal er – unabhängig davon, ob die Voraussetzungen vorlagen – seinerzeit nicht geltend gemacht worden ist.
Nach den oben aufgestellten Grundsätzen ist nämlich auch unerheblich, warum ein Zufluss nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt realisiert worden ist. Die Sicherungspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins greift ein, wenn das Unternehmen, das die betriebliche Altersversorgung finanziert hat, insolvent wird. Bei der Abfindung nach § 8 Abs. 2 BetrAVG handelt es sich um ein Gestaltungsrecht des Pensions-Sicherungs-Vereins, das auch gegen den Willen des Versicherten ausgeübt werden kann. Bereits dies spricht dagegen, einen Zufluss oder einer Vermögenseigenschaft zu einem früheren Zeitpunkt zu fingieren, zu dem der Pensions-Sicherungs-Verein noch nicht von seinem Abfindungsrecht Gebrauch gemacht hat. Der Abfindungsanspruch war mithin auch nicht vor Erlass des Abfindungsbescheides am 26. September 2006 verwertbar. Der Entschädigungscharakter der Abfindungszahlung für den Wegfall künftiger Ansprüche der betrieblichen Altersversorgung lässt es zudem nicht zu, die Abfindung zeitlich dem Arbeitsverhältnis und damit der Vergangenheit zuzuordnen (so BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 47/08 R – zur arbeitsrechtlichen Abfindung).
Die Zahlung ist kein zweckbestimmtes Einkommen nach § 11 Abs. 3 SGB II. Aus der Natur der Abfindung ergibt sich, dass der Empfänger in seiner Verfügung hierüber frei ist. Eine zweckbestimmte Einnahme ist nur dann anzunehmen, wenn aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung zu einem bestimmten Zweck verwendet werden soll (BSG, Urteil vom 3. März 2009 – 4 AS 47/08 R – Rn. 21; dazu ausf.: Mahler in: Mittag u.a., Aspekte der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, 2010, S. 294, 305ff.). Auch insoweit ist isoliert auf die Abfindung und nicht etwa auf die Zahlungen zur betrieblichen Altersvorsorge an die Versorgungseinrichtungen abzustellen.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=143945&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 06.04.2011, - L 19 AS 546/11 B -
Einkünfte aus der Nacherfüllung von arbeitsrechtlichen Ansprüchen unterliegen denselben Anrechnungsregeln innerhalb des SGB II wie Abfindungen, insofern sie beide keine privilegierten Einkommensbestandteile im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II darstellen (z. B. Urteil des BSG vom 18.02.2010 - B 14 AS 86/08 R - m.w.N.).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
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