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Eine höchstrichterliche Befassung zu den Einzelheiten dessen, was noch zu einer angemessenen Bestattungs- und Grabpflegevorsorge zählt und was den anzuerkennenden Rahmen übersteigt, liegt ebensowenig vor wie eine nähere Eingrenzung der damit einhergehenden angemessenen Vorsorgekosten.

§ 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 28.03.2011, - L 20 SO 6/11 B ER -



Die Rechtsprechung hat bislang noch zu keiner einheitlichen Festlegung gefunden, in welcher Höhe derartiges Vorsorgevermögen sozialhilferechtlich von der Verwertung freizustellen ist. Das Bundessozialgericht hat allerdings im Urteil vom 18.03.2008 - B 8/9b SO 9/06 R ohne eine Festlegung des geschützten Vermögens der Höhe nach Vermögen aus einem angemessenen Bestattungsvorsorgevertrag als bei der Gewährung von Sozialhilfe nicht zu berücksichtigen angesehen. Seine Verwertung stelle eine Härte dar, es sei denn, durch den Abschluss des Bestattungsvorsorgevertrages sei das Vermögen in der Absicht gemindert worden, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung der Leistungen dazu führen.


Das Bundessozialgericht hat sich dabei (a.a.O. zu Rn 22) auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.12.2003 - 5 C 84.02 bezogen. Diese Urteil wiederum sieht Vermögen aus einem Bestattungsvorsorgevertrag nicht allein für eine angemessene Bestattung, sondern auch für eine angemessene Grabpflege als unter Härtegesichtspunkten geschütztes Vermögen an. Das Bundessozialgericht hat sich (a.a.O.) dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich angeschlossen.

Im Hauptsacheverfahren wird etwa der Frage nachzugehen sein, ob Kosten von 722,50 EUR für eine Verlängerung der Grabnutzung um 13 Jahre im Anschluss an den Ablauf der bisherigen Nutzungsfrist (das Grab ist bereits mit der Grabstelle des 2002 verstorbenen Ehemannes belegt) im Jahre 2027 anzuerkennen sind, Bewirtungskosten für eine Trauergemeinde von 775,00 EUR sowie für eine Grabplatte mit Einfassung in der nicht unerheblichen Höhe von 2.500,00 EUR. Vor allem aber wird zu prüfen sein, ob Kosten von 6.000,00 EUR für Grabpflegemaßnahmen über 25 Jahre noch unter dem Gesichtspunkt einer Härte eine Vermögensfreistellung bewirken können. Auf der anderen Seite wird zu berücksichtigen sein, dass sich die in dem Vertrag veranschlagten Kosten nicht nur auf 10.000,00 EUR, sondern ohnehin auf 14.937,28 EUR belaufen, mithin gar nicht vollständig aus dem Vorsorgevermögen gedeckt werden könnten.

Zu klären sein wird ebenso, ob die von der Antragstellerin in Bezug genommenen Durchschnittswerte für Bestattungskosten anhand der von der Stiftung Warentest im Jahre 2008 vorgenommenen Erhebungen einen maßgeblichen Anhalt bieten können. Es sei insofern etwa auf das Internetportal des Aeternitas e.V. (Verbraucherinitiative Bestattungskultur) hingewiesen (http://www.aeternitas.de/), welches derzeit Kosten der jährlichen Grabpflege in Alternativen von zwischen 60,00 bis 130,00 EUR bei sechswöchentlicher Grabpflege bis hin von 200,00 und 600,00 EUR bei wöchentliche Pflege benennt und zu Gesamtsummen für Dauergrabpflegen zwischen 2.410,00 und 20.900,00 EUR für Kosten einer professionellen Grabpflege durch Friedhofsgärtner gelangt.


Welcher Aufwand für Grabpflege insofern im Zusammenhang mit einer sozialhilferechtlichen Freistellung von Vorsorgevermögen nach § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII anzuerkennen ist, bedarf im Hauptsacheverfahren genauerer Klärung.


https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144218&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=


Anmerkung: Sozialgericht Düsseldorf Urteil vom 23.03.2011, - S 17 SO 57/10 -


Es liegt keine höchstrichterliche Entscheidung vor, in welchem Umfang und bis zu welcher Höhe Bestattungsvorsorge angemessen und damit das treuhänderisch festgelegte Vermögen geschützt ist


Zum Vermögen gehören auch Forderungen, d.h. Ansprüche gegen Dritte. Derartige resultieren sowohl aus dem abgeschlossenen Bestattungsvorsorgevertrag einschließlich des Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrages als auch aus der Kapitalversicherung auf den Todesfall, denn zum Vermögen sind auch alle aus einer vertraglichen Beziehung resultierenden Rückabwicklungsansprüche nach der Auflösung des Vertrages zu rechnen und damit auch Ansprüche gegen Treunehmer (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 18.03.2008 - B 8/9b SO 9/06 R).


Es liegt keine höchstrichterliche Entscheidung vor, in welchem Umfang und bis zu welcher Höhe Bestattungsvorsorge angemessen und damit das treuhänderisch festgelegte Vermögen geschützt ist.
Die instanzgerichtliche Rechtsprechung ist diesbezüglich uneinheitlich (SG Detmold, Urt. v. 30.07.2010, S 16 (19) SO 116/08: ca. 7.000,00 EUR; SG Karlsruhe, Urt. v. 29.10.2009, S 1 SO 4061/08: 8.000,00 EUR für Ehepaar; SG Hildesheim, Gerichtsbescheid vom 24.07.2009, S 34 SO 75/07: 6.500,00 EUR; SG Dortmund, Urt. v. 13.02.2009, S 47 SO 188/06: wohl 3.500,00 EUR, ggfls. wegen Preissteigerung zu erhöhen, 8.000,00 EUR jedenfalls unangemessen; LSG Bayern, Urt. v. 25.09.2008, L 11 SO 32/07: 3.200,00 EUR jedenfalls angemessen; LSG SHS, Beschl. v. 01.10.2008, L 9 B 461/08 SO ER: wohl 5.000,00 EUR; LSG SHS, Urt. v. 04.12.2006, L 9 SO 3/06: ein Bestattungsvorsorgevertrag über 4611,39 Euro sei (noch) angemessen, wenn er unabänderliche Kosten von 2436,82 Euro berücksichtige, die von der Friedhofsverwaltung in Rechnung gestellt werden), ebenso die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum Pflegewohngeld (OVG NRW, Urt. v. 16.11.2009, 12 A 1363/09: Grenze der Angemessenheit: Die Kosten für eine durchschnittliche Bestattung, nach Angaben der Stiftung Warentest etwa 7.000,00 EUR; VG Münster, Urt. v. 22.09.2009, 6 K 1044/08; ; anders aber VG Düsseldorf, Urt. v. 04.12.2009, 21 K 3740/09, das mit guten Argumenten die Auffassung vertritt, dass Grabpflege aus dem im Rahmen des Pflegewohngeld höheren Vermögensschonbetrag von 10.000,00 EUR aufzuwenden ist und es eines zusätzlich geschützten Vermögens nicht bedarf; die Rechtsprechung zur Sozialhilfe mit dem wesentlich geringeren Vermögensschonbetrag sei auf das Pflegewohngeld nicht ohne weiteres zu übertragen).


Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.

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