Direkt zum Hauptbereich

Heute Literaturpreisträger(in), morgen Hartz-IV-Empfänger(in).


Auch das Wochenende lässt einen hartz-aktiven Rechtsanwalt manchmal nicht zur Ruhe kommen. Ergab sich doch beim Lesen erbaulicher Lektüre eine offene Frage zu einem berühmten römischen „Kollegen“. Cicero hieß das Stichwort. Einfalscher „Fingertipp“ im Smartphone und schon war ich bei dem gleichnamigen „Magazin für politische Kultur“ gelandet. Eine Zeitschrift in der, zumindest aus meiner Sicht, die (konservative) Welt noch in Ordnung zu sein schien.
Im Jahr 2003 erhielt eine damals noch junge Journalistin und Schriftstellerin den Deutschen Bücherpreises 2003
Die Protagonistin, Katja Kullmann, sah sich dann nur fünf Jahre später in der Lage Hartz IV beantragen zu müssen.  

Ausschnitt aus dem Cicero-Interview:

„Frage Cicero: Wie haben sie sich gefühlt, als sie Hartz-IV beantragen musste.


Antwort Frau Kullmann: Zu meinem Selbstverständnis – und ich denke, das teile ich mit vielen Erwachsenen in meinem Alter (damals 38, heute 41) und aus meiner sozialen Herkunft (?)– gehört der Anspruch, möglichst selbst bestimmt durchs Leben zu kommen. Ich kenne niemanden, der sich freiwillig in die so genannte soziale Hängematte legen würde. Und wer einmal eine BG-Nummer hatte, der weiß genau, wie entwürdigend das sein kann. An meinen Idealen halte ich fest: sich nicht bestechen lassen von Geld, Glamour, Hierarchien, sondern in jeder Hinsicht einen emanzipatorischen Weg verfolgen – das Glücksversprechen versuchen einzulösen und auch anderen zu ermöglichen. Das ist das, was ich unter Freiheit verstehe.

Hier geht es zum Magazin Cicero>>>
Anmerkung: Wie es wirklich in ihrem Inneren damals bei Erteilung der der BG-Nummer ausgesehen hat, erfahren wir nicht.  Erhellender ist die von Ihr gewonnene Erkenntnis, die einige Zeilen später folgt:
„Ich habe mich doch immer angestrengt – wieso stehe ich nun genauso schlecht da wie ein ungelernter Leiharbeiter?“ Aber genau in jener Erkenntnis liegt natürlich auch eine große Kraft. Auf einmal sitzt man mit ganz anderen Menschen in einem Boot, als man es je für möglich gehalten hätte. Daraus kann eine ganz neue Solidarisierung erwachsen. Meine eigenen Arroganzen habe ich mir jedenfalls gründlich abgeschminkt.“

Mehr zum Thema: Erkenntnis  aus der FAZ online: Es lohnt sich nicht fleissig und gebildet zu sein.

Kommentare

  1. Solidarisierung? Nein, das ist nicht möglich, denn diese ungelernten Leiharbeiter verachten einen.
    Und zwar, weil man als jemand, der sich angestrengt und etwas geleistet hat, so tief gefallen ist.
    Solidarisierung ist Wunschdenken. Die SPD sorgt fast einem Jahrzehnt dafür, daß sich niemand mit denen "da unten" solidarisiert.
    Woher kommen sonst die ganzen Artikel in der Presse über die "faulen" Hartz IV-Empfänger?

    AntwortenLöschen
  2. Zu denen "da unten", gehören unzählige Diplom In-genie-ur e, Sozialpädagogen mit Hochschulabschluss und sogar Doktoren der Geisteswissenschaften.

    AntwortenLöschen
  3. Gegenüber einer Arge sind erstmal alle gleich, da spielt es keine Rolle, ob man studiert hat oder einen oder zwei oder keinen Berufsabschluss. Alle werden erstmal in das gleiche Karussell aus Bewerbertrainings und 1 Euro Jobs gesteckt. Woher kommt eigentlich der Irrglaube, dass man dort, je nach (Aus)bildung verschiedenartig behandelt wird oder unterschiedliche "Maßnahmen verordnet bekommt"?

    AntwortenLöschen
  4. Vor dem Jobcenter sind alle gleich, so wird es gehandhabt aber so steht es nicht im Gesetz. Bei den Leistungen zur Eingleiderung sind die Eignung, die individuelle Lebenssituation usw. zu beachten (§ 3 Abs. 1 S.2 SGB II); die Eingliederung muss passgenau sein. Das Gesetz geht an der gesellschaftlichen Realität vorbei, weil es für bestimmte Menschen einfach keine Arbeit gibt. Die werden nicht gebraucht auch stellen Arbeitgeber lieber junge Menschen ein als Ältere. Erfahrung und berufliche Kenntnisse spielen dabei m.E. keine Rolle.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 06.06.2011, - L 1 AS 4393/10 - Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden(BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R-; Rdnr. 4). Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird. https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive = Anmerkung: 1. Vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ist ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als Pauschbetrag abzusetzen (§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V ). Diese Pauschale in Höhe von 30 Euro ist