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Nicht- Erwerbsfähige haben keinen Anspruch auf Kinderzuschlag nach § 6a Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 BKGG

Mit Urteil vom  27.06.2011, - L 19 BK 1/09 - hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen fest gestellt, dass nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung Kinderzuschlag nur zur Vermeidung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II gewährt wird.


Die Vermeidung von Sozialhilfe nach dem SGB XII, hier nach § 19 Abs. 2 SGB XII, ist hingegen nicht von § 6 a BKGG umfasst und war mit der Einführung dieser Bestimmung auch nicht bezweckt. Sinn und Zweck der Vorschrift liegt vielmehr darin, dass Eltern nicht nur wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld angewiesen sein sollen (vgl. BT-Drucks. 15/1516 S. 83; vgl. auch BSG, Urteil vom 15.12.2010 - B 14 KG 1/09 R, Rn. 13).

Da der Kläger und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen aber allein Anspruch auf ergänzende Sozialhilfe nach § 19 SGB XII haben können, sind sie demzufolge nicht leistungsberechtigt.

Dieser (mittelbare) Ausschluss vom Kinderzuschlag verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit jedoch nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten abweichend behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 100, 195, 205; 107, 205, 214; 109, 96, 123).

Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsgrundsätze reichen (vgl. BVerfGE 97, 271, 290; 99, 367, 388; 107, 27, 45). Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist dem Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (BVerfGE 17, 210, 216; 77, 84, 106; 81, 156, 205).

Seine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung von erwerbsfähigen und nichterwerbsfähigen Kindergeldberechtigten in Bezug auf die Gewährung des Kinderzuschlags folgt aus dem gesetzgeberischen Anliegen, erwerbsfähige Hilfebedürftige in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Diese Zielsetzung, die dem SGB II zugrundeliegt (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 14), korrespondiert mit der Gewährung des Kinderzuschlags, durch den der Gesetzgeber einen Arbeitsanreiz für diejenigen Eltern erhalten will, die ansonsten aufgrund ihrer Unterhaltsbelastung für ihre Kinder Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Anspruch nehmen müssten (BT-Drucks. a.a.O.).

Demgegenüber könnte die Gewährung des Kinderzuschlags an den nichterwerbsfähigen Rentenbezieher zwar dessen wirtschaftliche Situation verbessern, der Gesetzgeber brauchte aber keinen Anlass zu sehen, ihm eine entsprechende Vergünstigung zuzubilligen, weil durch die aufstockende Sozialhilfe sein Existenzminimum gesichert ist und eine Integration in den Arbeitsmarkt nicht mehr erfolgen kann.

Auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht zu erkennen. Aus Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip, die insoweit als Wertentscheidungen der Verfassung die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers begrenzen, lässt sich zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidungen darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist (BVerfG, Beschluss vom 11.03.2010 - 1 BvR 3163/09 , Rn. 10).

 Ebenso wenig lassen sich aus dem Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen herleiten (BVerfG, a.a.O.).

Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.

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