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SG Chemnitz von Sparwut geplagt wird vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben

Das Sozialgericht Chemnitz hatte einem Rechtsanwalt der zunächst im Widerspruchsverfahren im Wege der Beratungshilfe tätig war und anschließend im Klageverfahren bei Prozesskostenhilfe tätig gewesen war, nicht nur die verminderte Geschäftsgebühr statt 250 Euro nur 170 Euro zugesprochen, sondern auch noch 35 Euro wegen der Tätigkeit im Widerspruchsverfahren abgezogen, so dass der Kollege nur noch 135 Euro erhielt. Wenn der Anwalt nicht im Vorverfahren tätig gewesen wäre, hätte er 250 Euro Verfahrnesgebühr erhalten. DUrch die Vorbefassung erhielt er nur !70 Euro an Gebühren, als weniger, als wenn er nicht im Widerspruchsverfahren tätig gewesen wäre.
Das hat das Bundesverfassungsgericht als mit Art 12 GG (Berufsfreiheit) für unvereinbar angesehen. Die Meisten Sozialgerichte hatten die  doppelte Anrechnung nicht vorgenommen (vgl. SG Berlin 25.01.2010 S 165 SF 1315/09).
Die Verminderung der Gebühren im Klageverfahren durch die Vorbefassung im Widerspruchsverfahren führt bei der Beratungshilfe allerdings auch nach der verfassungskonformen Auslegung dazu, dass der Rechtsanwalt das Widerspruchsverfahren kostenfrei miterledigt. Hierüber hatte das BVerfG nicht zu entscheiden Es beschäftigt sich allerding in seiner Begründung damit, dass auch die nachfolgende Gebühr für das Klageverfahren in voller Höhe (250 Euro) erhalten bleibt und ggf. nur die Beratungshilfegebühr zur teilweise Anrechnung führt.

"Es erscheint indes fraglich, bleibt aber zunächst der Entscheidung der Fachgerichte überlassen, ob auch mit einer solchen Interpretation den anerkannten Auslegungsgrundsätzen entsprochen wäre. Bedenken bestehen, weil dann die für mehrere Gerichtsbarkeiten geltende, allgemeine Regelung der Nr. 2503 Abs. 2 Satz 1 RVG-VV a.F. die speziellere Regelung für sozialgerichtliche Betragsrahmengebühren aus Nr. 3103 RVG-VV verdrängen und die gesetzgeberische Entscheidung nicht respektieren würde, den Synergieeffekt bei Betragsrahmengebühren durch einen geringeren Gebührenrahmen bei der Verfahrensgebühr zu berücksichtigen." BVerfG, 19.08.2011- 1 BvR 2473/10, 1 BvR 2474/10).
Das LSG München hatte eine Reduzierung der Gebühr von 250 auf 170 Euro bereits im März diesen Jahres für verfassungswidirg gehalten.

Dieser sehr kleine Sieg des Kollegen vor dem BVerfG gleicht die das "Unrecht" aus, dass man  als Rechtsanwalt sogar noch Geld mitbringen muss, wenn man sich für das gemeine Wohl aufopfert. Das Sozialgericht Chemnitz hatte hier nicht berücksichtigt, dass das BVerfG bereits im Jahr 2005
(BVerfG, 23.08.2005 1 BVR 46/05) entschieden, dass die Rechtsprechung des OLG Hamburg in Familiensachen gegen die Berufsfreiheit verstößt. Die Gerichte hatten in Scheidungssachen immer den Mindeststreitwert angenommen. 
Die aktuelle Entscheidung des BVerfG berücksichtigt nicht die seit dem 18.06.2011 geltende Änderung, die eine Minderung wegen Gewährung von Beratungshilfe nicht mehr vorsieht. Die Entscheidung des BVerfG kann unter juris im Volltext abgerufen werden. 


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