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Berliner Mietspiegel - 100.000 Mieterhöhungen in nur zwei Monaten

Der Berliner Mieterverein warnt vor einer Mieterhöhungswelle, die über Berlin schwappt. Er verzeichnet einen Anstieg von durchschnittlich 10,5 Prozent. In Extremfällen wird der Preis sogar fast verdoppelt.

http://www.morgenpost.de/berlin/article1758146/100-000-Mieterhoehungen-in-nur-zwei-Monaten.html 

Dazu passend der Beitrag des Sozialrechtsexperten zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft für Berliner - Hartz IV - Empfänger anhand des Berliner Mietspiegels 


Das Bundessozialgericht gibt vor, wie die angemessenen Kosten der Unterkunft für Berliner - Hartz IV - Empfänger anhand des Berliner Mietspiegels  zu ermitteln sind.


Mit Urteil vom 13.4.2011, -  B 14 AS 85/09 R - hat das Bundessozialgericht fest gestellt , dass bei der Bestimmung der angemessenen KdU als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Berlin heranzuziehen ist.

Im Einzelnen hat das BSG bei der Bestimmung der angemessenen KdU anhand des Berliner Mietspiegels  folgendes geurteilt:

KdU werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Die Prüfung der Unterkunftskosten hat getrennt von den Kosten der Heizung zu erfolgen((vgl nur BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23).

Die Angemessenheit von KdU ist unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln . Alsdann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Hilfebedürftigen , wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind. Der Begriff der Angemessenheit unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Im Streitfall ist das der Bestimmung der Kosten zugrunde liegende Konzept damit von den Gerichten in vollem Umfang zu überprüfen und ggf ein solches Konzept durch eigene Ermittlungen zu ergänzen.


Für einen Zweipersonenhaushalt ist eine Wohnungsgröße von 60 qm als angemessen anzusehen, Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr seit BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19). An Einzelpersonen darf Wohnraum bis zu 50 qm und an Zwei-Personen-Haushalte Wohnraum von bis zu 60 qm überlassen werden (vgl bereits BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 22 mwN).


Bei der Bestimmung der angemessenen KdU ist als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Berlin heranzuziehen, denn  Auch ein Arbeitnehmer mit vergleichbar geringem Einkommen wird eine Ersatzwohnung innerhalb des gesamten Stadtgebiets für den Fall suchen, dass er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln eine innegehabte Wohnung nicht (mehr) finanzieren kann.


 Den besonderen Belangen und der konkreten Situation des jeweiligen Hilfebedürftigen (zB von Alleinerziehenden oder von Familien mit minderjährigen schulpflichtigen Kindern) ist nicht bereits bei der (abstrakt-generell vorzunehmenden) Festlegung der Vergleichsräume, sondern erst im Rahmen der Zumutbarkeitsregelung des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II Rechnung zu tragen (vgl BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, jeweils RdNr 23).


Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard (BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 24); die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 20). Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss mithin so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des BSG auf Grundlage eines diese Vorgaben beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - FEVS 60, 145).


Die vom Grundsicherungsträger herangezogenen Ausführungsvorschriften (AV-Wohnen) zur Bestimmung eines angemessenen Quadratmeterpreises innerhalb des örtlichen Vergleichsmaßstabs (des gesamten Stadtgebiets von Berlin) sind nicht geeignet zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft,denn sie beruhen nicht auf einem schlüssigen Konzept, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 26).


Qualifizierte Mietspiegel iS des § 558d Bürgerlichen Gesetzbuches (<BGB> wie der Berliner Mietspiegel) können Grundlage der Bestimmung der Referenzmiete nach § 22 Abs 1 SGB II sein (vgl im Einzelnen für den Berliner Mietspiegel BSG aaO RdNr 27 mwN). Wenn der Träger der Grundsicherung - wie in Berlin - keine Daten und/oder Auswertungen vorlegt, muss das Gericht auf solche bereits vorhandene Datengrundlagen (soweit sie geeignet erscheinen) bei der Bestimmung eines angemessenen Referenzwertes zurückgreifen, bevor es seine Amtsermittlungspflicht auf die Feststellung der Obergrenze nach den Tabellenwerten des § 8 Wohngeldgesetz aF (jetzt § 12; ggf erhöht um einen Zuschlag) reduziert (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 23 <Essen>).


Sollen aus Daten eines qualifizierten Mietspiegels grundsicherungsrelevante Schlüsse abgeleitet werden, ist eine Beschränkung auf Daten bestimmter Baualtersklassen grundsätzlich nicht zulässig (vgl bereits BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19 RdNr 25 <München>). Dies gilt - wie der Senat ebenfalls bereits dargelegt hat (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 29) - allerdings nicht für die im Berliner Mietspiegel in den Spalten 1 und 3 noch gesondert abgebildeten Baualtersklassen bis 1918 und bis 1949 Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad (Wohnungen ohne Sammelheizung und/oder ohne <Dusch->Bad), unabhängig davon, mit welcher Häufigkeit solche Wohnungen noch verfügbar sind.

Zur Bildung eines grundsicherungsrelevanten Mietwertes sind diese Werte nicht mit heranzuziehen, denn auf Wohnungen mit diesem untersten Ausstattungsgrad können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche grundsätzlich nicht verwiesen werden.

Die Bildung eines arithmetischen Mittelwerts aus den (verbleibenden) Mittelwerten der Baualtersklassen als abschließenden Schritt zur Berechnung einer grundsicherungsrelevanten Nettokaltvergleichsmiete erfüllt die Anforderungen an ein mathematisch-statistisch nachvollziehbares Konzept nicht.

Eine Differenzierung nach Wohnungsgrößen ist bei Rückgriff auf einen qualifizierten Mietspiegel deshalb geboten, weil nach den Besonderheiten des jeweils maßgebenden örtlichen Wohnungsmarktes, insbesondere aus Gründen der Bevölkerungs- und Sozialstruktur und wegen städtebaulicher Entwicklungen sowohl das Angebot als auch die Nachfrage hinsichtlich kleinerer und größerer Wohnungen erheblich differieren können. Insbesondere kleinere Wohnungen weisen oftmals einen höheren Quadratmeterpreis auf (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 18).

Es sind dann aber Rückschlüsse aus den Werten des Mietspiegels zu ziehen, die die Wohnungsgrößen abbilden, in denen ggf eine Ersatzwohnung in erster Linie zu suchen ist. Das ist im vorliegenden Falle das Marktsegment der Wohnungen von 40 bis unter 60 qm. Die Wohnungen, die exakt 60 qm groß sind, werden davon statistisch zwar nicht erfasst. Diese Ungenauigkeit ist aber hinzunehmen, wenn diese Wohnungen für eine abstrakt angemessene Vergleichswohnung die Obergrenze bilden und sämtliche übrigen Wohnungen bis unter 90 qm wegen ihrer Größe nicht das maßgebliche Marktsegment darstellen.

Die Bildung eines arithmetischen Mittelwertes bietet zum anderen bei einem so weitgehend ausdifferenzierten Tabellen-Mietspiegel wie dem Berliner Mietspiegel nicht die Gewähr dafür, dass der abgebildete Wert als solcher tatsächlich den Schwerpunkt eines Mietpreises im einfachen Segment abbildet (im Einzelnen bereits BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 30).


Weil die Werte der einzelnen Rasterfelder nicht (im Sinne einer gleichmäßigen Verteilung der hier wiedergegebenen Mietpreise) aufeinander aufbauen, bleiben arithmetische Mittelwerte mit einem hohen Grad an Zufälligkeit belastet, besonders wenn einzelne Werte - wie vorliegend der Wert für Neubauwohnungen der letzten 15 Jahre - stark von den übrigen Werten abweichen. Das arithmetische Mittel für sich genommen bietet damit nicht die Gewähr, dass das einfache Mietsegment realistisch abgebildet wird.

Das LSG wird daher nach Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens zu prüfen haben, ob sich aus den Grundlagendaten des qualifizierten Mietspiegels oder anderen Quellen weitergehende Schlüsse grundsicherungsspezifischer Art ziehen lassen (zur grundsätzlichen Eignung der Grundlagendaten für diese Prüfung bereits BSG aaO RdNr 31). Für solche notwendig erscheinenden Auswertungen ist in erster Linie der kommunale Träger im Rahmen der Mitwirkungspflichten heranzuziehen (grundlegend dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 26). Dies gilt erst recht dann, wenn die vom Grundsicherungsträger bei seiner Entscheidung herangezogenen Daten als Entscheidungsgrundlage ungeeignet sind, wie dies in Berlin mit der AV-Wohnen der Fall ist.

Es könnten sich im Ergebnis weitergehender Auswertungen durch den Träger der Grundsicherung durchaus Anhaltspunkte ergeben, dass eine bestimmte Baualtersklasse statistisch nachvollziehbar über alle Bezirke hinweg so häufig vorhanden ist und zugleich den einfachen Standard nachvollziehbar abbildet, dass allein auf diesen Wert (ggf um einen Aufschlag erhöht) zurückzugreifen ist.

 Lassen sich solche weitergehenden Schlüsse aus vorhandenem Datenmaterial nicht ziehen, bietet es sich an, einen gewichteten arithmetischen Mittelwert nach Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen in den jeweiligen Baualtersklassen zu bilden (dazu Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, 28; SG Berlin Urteil vom 30.6.2010 - S 174 AS 21949/07 - juris RdNr 46).

 Ein solcher Mittelwert böte immerhin die Gewähr, dass ein einzelner Wert für eine bestimmte Baualtersklasse entsprechend seiner tatsächlichen Häufigkeit auf dem Markt in einen grundsicherungsrelevanten Mittelwert einfließt. Dabei erscheint es  zulässig, einen Wert auf Grundlage der jeweiligen Mittelwerte der Rasterfelder zu bilden. Er bestimmt eine nach den weiteren Ausstattungsmerkmalen, die im Mietspiegel nicht schon in den Rasterfeldern ihren Niederschlag finden (Bad, Küche, Wohnung, Gebäude, Wohnumfeld), durchschnittliche Wohnung.

Also gibt der Mittelwert sowohl die schlecht ausgestatteten Wohnungen in einer bevorzugten, einfachen Wohnlage als auch die gut ausgestatteten Wohnungen in sehr einfachen Wohnlagen (zB an einer Durchgangsstraße) wieder. Mit dem Mittelwert aus der einfachen Wohnlage werden schließlich auch schlechter ausgestattete Wohnungen in mittlerer und guter Wohnlage erfasst.

Neben der Nettokaltmiete  sind auch die angemessenen Betriebskosten iS des § 556 Abs 1 und 2 BGB iVm der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufstellung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen (<BetrKV> vom 25.11.2003, BGBl I 2346) - mit Ausnahme der Heizkosten - abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen.


Auch insoweit erscheint es zulässig, zur Erstellung eines Konzepts auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückzugreifen, im Ausgangspunkt allerdings auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (vgl im Einzelnen BSG aaO RdNr 33 f). Nur wenn sich konkret Anhaltspunkte dafür ergeben, dass vom Deutschen Mieterbund für das gesamte Bundesgebiet aufgestellte Übersichten gerade das örtliche Niveau besser abbilden, kann auf diese zurückgegriffen werden.

Anmerkung:Müssen Berliner Hilfebedürftige nach dem SGB 2 bald die " Kiezen " von Berlin verlassen ?


Berlins SPD kommt  bei der Neuberechnung der Kosten der Unterkunft für Berlins SGB II-  Einpersonenhaushalten auf eine Senkung des Höchstbetrags auf 370 Euro - Die Unterstützung für Einpersonenhaushalte liegt in Berlin derzeit bei maximal 378 Euro.

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/09/berlin-aufstand-der-mieter-der.html

Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.

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