Ein Krankengeldberechtigter kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht auf Leistungen nach SGB II oder XII verwiesen werden, wenn das Krankengeld wesentlich höher ist als die Leistung nach dem SGB II oder XII.
Die Verweisung auf die Leistung nach dem SGB II erscheint zweifelhaft, weil der Bezug von Krankengeld ein Versicherungspflichtverhältnis in der gesetzlichen Rentenversicherung oder Arbeitslosenversicherung begründet und hierdurch die Anwartschaftszeit auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Arbeitslosengeld I begründet wird.
Anmerkung: Das Sozialgericht hatte den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Leistung von Krankengeld gegen die Krankenkasse abgelehnt, weil der Krankengeldberechtigte Leistungen nach dem SGB II hätte erhalten können. Daraufhin hatte der Antragsteller diese Leistungen beantragt und auch erhalten. Der Antrag auf Arbeitslosengeld II wirkt auf den Zeitpunkt des Antrages auf Krankengeld zurück, sofern die Leistung abgelehnt wird (§ 40 Abs. 5 SGB II iVm § 28 SGB X). Das LSG hatte der Beschwerde stattgegeben, weil die Leistungen nach dem SGB II wesentlich geringer waren als das kalendertägliche Krankengeld iHv 57 Euro (* 30 = 1.710 Euro monatlich). Hierin hatte es einen wesentlichen Nachteil (§ 86b Abs. 2 S.2 SGG) gesehen. Es hatte zusätzlich die Hilfserwägung angestellt, dass seit dem 01.01.2011 der Bezug von Arbeitslosengeld II keine Anwartschaft auf Leistung einer Erwerbminderungsrente in der gesetzlichen Rentenversicherung mehr erworben werden kann. (§§ 50 ff. SGB VI) und auch auf keine Anwartschaftszeit in der Arbeitslosenversicherung (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III). Ob eine konkrete Gefährdung einer ggf. anschließenden Erwerbsminderungsrente bzw. eines Bezugs von Arbeitslosengeld I vorliegen muss, wurde von dem Landessozialgericht nicht erörtert. Für die anwaltliche Praxis dürfte die konkrete Gefährdung der Anwartschaft jedenfalls ein wesentlicher Nachteil sein. Eine nur abstrakte Gefahr scheint jedoch ausreichend, weil dem Leistungsberechtigten nicht zugemutet werden kann, die konkrete Gefährdung eines Versicherungsverhältnisses darzulegen. Eine einstweilige Anordnung dürfte nur dann keinen Erfolg haben, wenn der Antragsgegner oder das Gericht eine solche Gefährdung durch Ermittlungen ausschließen kann. Hierzu ist es ggf. erforderlich, dass der bisherige Versicherungsverlauf überprüft wird. Ist eine solche Überprüfung nicht möglich reicht m. E. eine abstrakte Gefährdung aus, denn andernfalls ist das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art.2 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG) nicht gewahrt.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen