Rückforderungsbescheid von ALG II rechtswidrig, denn Hilfebedürftige(HB) kann sich auf Vertrauensschutz berufen, wenn der Lebensgefährte im Erstantrag auf ALG II nicht auf den Studentenstatus der Klägerin hingewiesen hat.
Mit Urteil vom 10.08.2011, - L 15 AS 1036/09 - hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen fest gestellt, dass diese falsche Angabe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig erfolgt ist . Der Lebensgefährte der Klägerin ist unwiderlegt davon ausgegangen, dass das von der Klägerin nebenberuflich betriebene Studium keine Ausbildung im Sinne des Antragsformulars darstelle, sondern dass hierunter nur Lehrberufe bzw. schulische Berufsausbildungen fielen.
Es habe sich ihm auch nicht ohne weiteres aufdrängen müssen, dass er das Universitätsstudium seiner berufstätigen Partnerin angeben müsse, da unter "Auszubildender - auch in Schulausbildung" nicht zwingend ein Hochschulstudium zu subsumieren sei.
Vielmehr werde im üblichen Sprachgebrauch gerade zwischen Auszubildenden und Studierenden unterschieden.
Hinzu komme, dass nach dem früheren Arbeitslosenhilferecht ein Studium dem Leistungsbezug nicht entgegengestanden habe. Schließlich seien die Antragsvordrucke in der hier maßgeblichen Rubrik zwischenzeitlich verändert worden. Nunmehr werde explizit nach einem Studentenstatus gefragt. Das lege den Schluss nahe, dass auch die Bundesagentur für Arbeit die Frage "Auszubildender - auch in Schulausbildung" als unpräzise und missverständlich erkannt habe.
Diese gegebenenfalls unzutreffenden Angaben wären der Hilfebedürftigen nicht zuzurechnen.
Anmerkung: Eine gesetzliche Vorschrift, wonach sich der Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen dessen Verschulden zurechnen lassen muss, ist nicht ersichtlich. Insbesondere folgt dies nicht aus § 38 SGB II. Nach dieser Vorschrift wird, soweit Anhaltspunkte nicht entgegenstehen, vermutet, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige bevollmächtigt ist, Leistungen auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben - wie hier - mehrere erwerbsfähige Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten desjenigen, der die Leistungen beantragt.
Danach galt vorliegend zugunsten des Lebensgefährten der Klägerin, der den Erstantrag und die Folgeanträge gestellt hatte, die Vermutung, dass er bevollmächtigt war, Leistungen auch für die Klägerin zu beantragen und entgegenzunehmen. Es handelt sich hierbei um keinen Fall einer gesetzlichen Vertretung, sondern lediglich um die Vermutung des Vorhandenseins einer Bevollmächtigung durch den Vertretenen (vgl. A. Loose in GK-SGB II, § 38 Rdnr. 5).
Von dieser Vermutungsregelung werden nur die Antragstellung und die Entgegennahme von Leistungen erfasst, weitergehende Wirkungen der vermuteten Stellvertretung, etwa eine Verschuldenszurechnung, werden demgegenüber gerade nicht normiert.
Vor diesem Hintergrund muss das im Rahmen des § 38 SGB II vertretene Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ein etwaiges Verschulden des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht gegen sich gelten lassen (so zutreffend Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 38 Rdnr. 19; Udsching/Link, Aufhebung von Bescheiden im SGB II, SGb 2007, 513, 516 ff.; A. Loose, a. a. O. Rdnr. 32; Schoch in LPK-SGB II, § 38 Rdnr. 15; a. A. Burkaiczak in BeckOK SGB II, § 38 Rdnr. 3 c).
Für den Leistungsträger besteht in diesen Fällen aber die Möglichkeit, gegen den vermuteten Vertreter einen Ersatzanspruch nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II geltend zu machen.
Eine pauschale Teilaufhebung aller Bescheide für einen Gesamtzeitraum in Höhe eines Gesamtbetrages entspricht nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 33 Abs. 1 SGB X (Anschluss an BSG Urteil vom 15.08.2002 - B 7 AL 66/01 R).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Es habe sich ihm auch nicht ohne weiteres aufdrängen müssen, dass er das Universitätsstudium seiner berufstätigen Partnerin angeben müsse, da unter "Auszubildender - auch in Schulausbildung" nicht zwingend ein Hochschulstudium zu subsumieren sei.
Vielmehr werde im üblichen Sprachgebrauch gerade zwischen Auszubildenden und Studierenden unterschieden.
Hinzu komme, dass nach dem früheren Arbeitslosenhilferecht ein Studium dem Leistungsbezug nicht entgegengestanden habe. Schließlich seien die Antragsvordrucke in der hier maßgeblichen Rubrik zwischenzeitlich verändert worden. Nunmehr werde explizit nach einem Studentenstatus gefragt. Das lege den Schluss nahe, dass auch die Bundesagentur für Arbeit die Frage "Auszubildender - auch in Schulausbildung" als unpräzise und missverständlich erkannt habe.
Diese gegebenenfalls unzutreffenden Angaben wären der Hilfebedürftigen nicht zuzurechnen.
Anmerkung: Eine gesetzliche Vorschrift, wonach sich der Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen dessen Verschulden zurechnen lassen muss, ist nicht ersichtlich. Insbesondere folgt dies nicht aus § 38 SGB II. Nach dieser Vorschrift wird, soweit Anhaltspunkte nicht entgegenstehen, vermutet, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige bevollmächtigt ist, Leistungen auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben - wie hier - mehrere erwerbsfähige Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten desjenigen, der die Leistungen beantragt.
Danach galt vorliegend zugunsten des Lebensgefährten der Klägerin, der den Erstantrag und die Folgeanträge gestellt hatte, die Vermutung, dass er bevollmächtigt war, Leistungen auch für die Klägerin zu beantragen und entgegenzunehmen. Es handelt sich hierbei um keinen Fall einer gesetzlichen Vertretung, sondern lediglich um die Vermutung des Vorhandenseins einer Bevollmächtigung durch den Vertretenen (vgl. A. Loose in GK-SGB II, § 38 Rdnr. 5).
Von dieser Vermutungsregelung werden nur die Antragstellung und die Entgegennahme von Leistungen erfasst, weitergehende Wirkungen der vermuteten Stellvertretung, etwa eine Verschuldenszurechnung, werden demgegenüber gerade nicht normiert.
Vor diesem Hintergrund muss das im Rahmen des § 38 SGB II vertretene Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ein etwaiges Verschulden des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht gegen sich gelten lassen (so zutreffend Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 38 Rdnr. 19; Udsching/Link, Aufhebung von Bescheiden im SGB II, SGb 2007, 513, 516 ff.; A. Loose, a. a. O. Rdnr. 32; Schoch in LPK-SGB II, § 38 Rdnr. 15; a. A. Burkaiczak in BeckOK SGB II, § 38 Rdnr. 3 c).
Für den Leistungsträger besteht in diesen Fällen aber die Möglichkeit, gegen den vermuteten Vertreter einen Ersatzanspruch nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II geltend zu machen.
Eine pauschale Teilaufhebung aller Bescheide für einen Gesamtzeitraum in Höhe eines Gesamtbetrages entspricht nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 33 Abs. 1 SGB X (Anschluss an BSG Urteil vom 15.08.2002 - B 7 AL 66/01 R).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
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