Zu wenig für die Miete vom Amt - der neue Senat ist gefordert, damit Hartz IV - Empfänger nicht hungern müssen, um die Miete bezahlen zu können
Berlin: Jeder zweite ALG-II-Haushalt muß Wohnkosten aus dem Regelsatz bezahlen. Arbeitslosenzentrum fordert Neuregelung vom Senat.
ein Beitrag von Christian Linde
http://www.jungewelt.de/2011/09-27/045.php
Zitat: " Knapp eine Woche nach den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin haben Sozialverbände die Situation Langzeiterwerbsloser auf dem hauptstädtischen Wohnungsmarkt auf die Tagesordnung gesetzt. Dazu hat das Berliner Arbeitslosenzentrum evangelischer Kirchenkreise (BALZ) in Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden und der Landesarmutskonferenz in den vergangenen sechs Wochen rund 400 Berlinerinnen und Berliner vor den Jobcentern unter dem Motto »Irren ist amtlich – Beratung kann helfen« befragt. Ende vergangener Woche veröffentlichten die Verbände das Ergebnis:
Die Warmmieten liegen bereits in fast jedem zweiten Hartz-IV-Haushalt über den geltenden Richtwerten der Ausführungsvorschriften (AV) Wohnen des Landes Berlin.
Die Umfrage ergab, daß bei 46 Prozent der Befragten die Warmmieten über den Richtwerten der AV Wohnen liegen. Überdurchschnittlich hoch ist dieser Anteil auch bei den Zwei- und Drei-Personen-Bedarfsgemeinschaften (64,9 Prozent und 59,6 Prozent). Bei einer 2009 durchgeführten Befragung lagen die Warmmieten noch 39,3 Prozent über den Richtwerten. Der aktuellen Erhebung zufolge ist jede vierte Bedarfsgemeinschaft schon einmal zur Kostensenkung aufgefordert worden.
Allerdings sahen sich nur knapp elf Prozent in der Lage, die Wohnkosten durch Untervermietung, Verhandlungen mit dem Vermieter oder Drosselung der Heizkosten zu senken. In rund 15 Prozent der Fälle erfolgte ein »freiwilliger« Umzug. Mehr als 40 Prozent gaben an, daß sie die Kosten nicht senken konnten. Bei 16 Prozent war das Verfahren noch im Gange. Insgesamt 19 Prozent machten keine Angaben.
Daß die Jobcenter die tatsächliche Miete nicht vollständig übernehmen, hat zur Folge, daß Betroffenen die Differenz aus dem Regelsatz bestreiten müssen oder sich Mietschulden anhäufen. Das ist das Ergebnis von sieben Jahren Untätigkeit, kritisiert das Arbeitslosenzentrum. Seinerzeit hatte die SPD/Linke-Koalition die Richtwerte der AV Wohnen letztmalig an die Entwicklung der Mietpreise angepaßt. Lediglich bei den Ein-Personen-Haushalten hatten sich die »rot-roten« Senatsparteien Ende 2008 darauf verständigt, die Zuschüsse einmalig um fünf Prozent anzuheben. Das BALZ hält eine rechtliche Neuregelung aufgrund der prekären Lage für überfällig.
»Die Gerichte interessieren die AV Wohnen schon lange nicht mehr. Das Bundessozialgericht hat bereits im Oktober 2010 geurteilt, daß die AV Wohnen nicht geeignet sind, die Angemessenheit der Wohnkosten für Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften zu bestimmen.« Der neue Senat sei gefordert, das Chaos zu beenden und endlich Rechtssicherheit für die Betroffenen herzustellen. »Die Richtwerte für angemessene Wohnkosten müssen dabei so angepaßt werden, daß Menschen, die Grundsicherungsleistungen erhalten, nicht hungern müssen, um ihre Miete bezahlen zu können«, forderte BALZ-Geschäftsführer Frank Steger.
Vor allem der jüngst erschienene neue Berliner Mietspiegel, der mit acht Prozent einen deutlichen Mietanstieg für die letzten zwei Jahre ausweist, dürfte die Preise weiter nach oben treiben – an der Spree leben rund 330000 Bedarfsgemeinschaften mit Arbeitslosengeld II und etwa 60000 Rentnerhaushalte mit Grundsicherung. »Wir rechnen damit, daß in diesem Jahr bei rund 30000 Bedarfsgemeinschaften die Wohnkosten nicht mehr in voller Höhe übernommen werden«, so Steger. Das sei ein Drittel mehr als im zurückliegenden Jahr.
Anmerkung: Berliner Mietspiegel - 100.000 Mieterhöhungen in nur zwei Monaten
Der Berliner Mieterverein warnt vor einer Mieterhöhungswelle, die über Berlin schwappt. Er verzeichnet einen Anstieg von durchschnittlich 10,5 Prozent. In Extremfällen wird der Preis sogar fast verdoppelt.
Dazu passend der Beitrag des Sozialrechtsexperten zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft für Berliner - Hartz IV - Empfänger anhand des Berliner Mietspiegels
Das Bundessozialgericht gibt vor, wie die angemessenen Kosten der Unterkunft für Berliner - Hartz IV - Empfänger anhand des Berliner Mietspiegels zu ermitteln sind.
Mit Urteil vom 13.4.2011, - B 14 AS 85/09 R - hat das Bundessozialgericht fest gestellt , dass bei der Bestimmung der angemessenen KdU als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Berlin heranzuziehen ist.
Im Einzelnen hat das BSG bei der Bestimmung der angemessenen KdU anhand des Berliner Mietspiegels folgendes geurteilt:
Die vom Grundsicherungsträger herangezogenen Ausführungsvorschriften (AV-Wohnen) zur Bestimmung eines angemessenen Quadratmeterpreises innerhalb des örtlichen Vergleichsmaßstabs (des gesamten Stadtgebiets von Berlin) sind nicht geeignet zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft,denn sie beruhen nicht auf einem schlüssigen Konzept, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 26).
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/09/berliner-mietspiegel-100000.html
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
ein Beitrag von Christian Linde
http://www.jungewelt.de/2011/09-27/045.php
Zitat: " Knapp eine Woche nach den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin haben Sozialverbände die Situation Langzeiterwerbsloser auf dem hauptstädtischen Wohnungsmarkt auf die Tagesordnung gesetzt. Dazu hat das Berliner Arbeitslosenzentrum evangelischer Kirchenkreise (BALZ) in Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden und der Landesarmutskonferenz in den vergangenen sechs Wochen rund 400 Berlinerinnen und Berliner vor den Jobcentern unter dem Motto »Irren ist amtlich – Beratung kann helfen« befragt. Ende vergangener Woche veröffentlichten die Verbände das Ergebnis:
Die Warmmieten liegen bereits in fast jedem zweiten Hartz-IV-Haushalt über den geltenden Richtwerten der Ausführungsvorschriften (AV) Wohnen des Landes Berlin.
Die Umfrage ergab, daß bei 46 Prozent der Befragten die Warmmieten über den Richtwerten der AV Wohnen liegen. Überdurchschnittlich hoch ist dieser Anteil auch bei den Zwei- und Drei-Personen-Bedarfsgemeinschaften (64,9 Prozent und 59,6 Prozent). Bei einer 2009 durchgeführten Befragung lagen die Warmmieten noch 39,3 Prozent über den Richtwerten. Der aktuellen Erhebung zufolge ist jede vierte Bedarfsgemeinschaft schon einmal zur Kostensenkung aufgefordert worden.
Allerdings sahen sich nur knapp elf Prozent in der Lage, die Wohnkosten durch Untervermietung, Verhandlungen mit dem Vermieter oder Drosselung der Heizkosten zu senken. In rund 15 Prozent der Fälle erfolgte ein »freiwilliger« Umzug. Mehr als 40 Prozent gaben an, daß sie die Kosten nicht senken konnten. Bei 16 Prozent war das Verfahren noch im Gange. Insgesamt 19 Prozent machten keine Angaben.
Daß die Jobcenter die tatsächliche Miete nicht vollständig übernehmen, hat zur Folge, daß Betroffenen die Differenz aus dem Regelsatz bestreiten müssen oder sich Mietschulden anhäufen. Das ist das Ergebnis von sieben Jahren Untätigkeit, kritisiert das Arbeitslosenzentrum. Seinerzeit hatte die SPD/Linke-Koalition die Richtwerte der AV Wohnen letztmalig an die Entwicklung der Mietpreise angepaßt. Lediglich bei den Ein-Personen-Haushalten hatten sich die »rot-roten« Senatsparteien Ende 2008 darauf verständigt, die Zuschüsse einmalig um fünf Prozent anzuheben. Das BALZ hält eine rechtliche Neuregelung aufgrund der prekären Lage für überfällig.
»Die Gerichte interessieren die AV Wohnen schon lange nicht mehr. Das Bundessozialgericht hat bereits im Oktober 2010 geurteilt, daß die AV Wohnen nicht geeignet sind, die Angemessenheit der Wohnkosten für Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften zu bestimmen.« Der neue Senat sei gefordert, das Chaos zu beenden und endlich Rechtssicherheit für die Betroffenen herzustellen. »Die Richtwerte für angemessene Wohnkosten müssen dabei so angepaßt werden, daß Menschen, die Grundsicherungsleistungen erhalten, nicht hungern müssen, um ihre Miete bezahlen zu können«, forderte BALZ-Geschäftsführer Frank Steger.
Vor allem der jüngst erschienene neue Berliner Mietspiegel, der mit acht Prozent einen deutlichen Mietanstieg für die letzten zwei Jahre ausweist, dürfte die Preise weiter nach oben treiben – an der Spree leben rund 330000 Bedarfsgemeinschaften mit Arbeitslosengeld II und etwa 60000 Rentnerhaushalte mit Grundsicherung. »Wir rechnen damit, daß in diesem Jahr bei rund 30000 Bedarfsgemeinschaften die Wohnkosten nicht mehr in voller Höhe übernommen werden«, so Steger. Das sei ein Drittel mehr als im zurückliegenden Jahr.
Anmerkung: Berliner Mietspiegel - 100.000 Mieterhöhungen in nur zwei Monaten
Der Berliner Mieterverein warnt vor einer Mieterhöhungswelle, die über Berlin schwappt. Er verzeichnet einen Anstieg von durchschnittlich 10,5 Prozent. In Extremfällen wird der Preis sogar fast verdoppelt.
Dazu passend der Beitrag des Sozialrechtsexperten zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft für Berliner - Hartz IV - Empfänger anhand des Berliner Mietspiegels
Das Bundessozialgericht gibt vor, wie die angemessenen Kosten der Unterkunft für Berliner - Hartz IV - Empfänger anhand des Berliner Mietspiegels zu ermitteln sind.
Mit Urteil vom 13.4.2011, - B 14 AS 85/09 R - hat das Bundessozialgericht fest gestellt , dass bei der Bestimmung der angemessenen KdU als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Berlin heranzuziehen ist.
Im Einzelnen hat das BSG bei der Bestimmung der angemessenen KdU anhand des Berliner Mietspiegels folgendes geurteilt:
Die vom Grundsicherungsträger herangezogenen Ausführungsvorschriften (AV-Wohnen) zur Bestimmung eines angemessenen Quadratmeterpreises innerhalb des örtlichen Vergleichsmaßstabs (des gesamten Stadtgebiets von Berlin) sind nicht geeignet zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft,denn sie beruhen nicht auf einem schlüssigen Konzept, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 26).
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/09/berliner-mietspiegel-100000.html
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
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