Kann das Arbeitslosengeld II eines Selbständigen, der sich weigert seine selbständige Tätigkeit zugunsten einer Tätigkeit als Arbeitnehmer aufzugeben, gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 gemindert werden?
Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung ist auf die konkrete Beschäftigungsmöglichkeit im Einzelfall abzustellen. Nach dem Grundsatz des Forderns und Förderns ist zu prüfen, durch welche Maßnahmen der erwerbsfähige Leistungsberechtigte wenigstens teilweise unabhängig von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden kann.
Solange jemand auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angewiesen ist, ist sowohl ein Arbeitsstellenwechsel im Rahmen einer Arbeitnehmertätigkeit als auch der Wechsel von einer selbständigen zu einer nicht selbständigen Tätigkeit zumutbar, wenn damit die Hilfebedürftigkeit verringert oder beendet werden kann. Im Verweigerungsfall liegt eine Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 vor.
Hierzu hat das OVG Bremen mit Beschluss vom 1.6.2006 (S1 B 140/06) entschieden, dass es einem Leistungsempfänger von Arbeitslosengeld II zumutbar ist, eine selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt aufzugeben und sich auf eine konkret angebotene Stelle zu bewerben, wenn aus der selbständigen Tätigkeit nicht in absehbarer Zeit ein Einkommen zu erwarten ist das seine Hilfebedürftigkeit aufhebt.
Quelle: Wissensdatenbank der BA § 31 SGB II , geändert am 05.092011
http://wdbfi.sgb-2.de/
Anmerkung: Ein wichtiger Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II liegt vor, wenn bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der berechtigten Interessen des Hilfebedürftigen mit etwa entgegenstehenden Belangen der Allgemeinheit das Verhalten des Hilfebedürftigen gerechtfertigt ist, wobei persönliche, insbesondere familiäre oder gesundheitliche Gründe im Vordergrund stehen (vgl. BSG v. 12.07.2006 – B 11a AL 55/05 R – Rn. 19).
Trotz der Formulierung des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II, dass der Hilfebedürftige die Voraussetzungen des Vorliegens eines wichtigen Grundes nachzuweisen hat, wird die Pflicht Leistungsträgers zur Erforschung des Sachverhalts gemäß §§ 40 Abs. 1, 20 SGB X ("Amtsermittlungsgrundsatz") nicht aufgehoben.
Anmerkung: Eingliederung eines Ausländers in den deutschen Arbeitsmarkt - Aufnahme jeder Arbeit zumutbar - SG Hildesheim,Beschluss v. 22.03.2010, - S 43 AS 420/10 ER -
Im SGB II ist eine dem § 23 Abs. 5 S. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) entsprechende Norm verständlicherweise nicht enthalten; nach dieser Vor-schrift darf der für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständige Träger der Sozialhilfe in den Teilen des Bundesgebiets, in denen sich Ausländer einer ausländerrechtlichen räum-lichen Beschränkung zuwider aufhalten, nur die nach den Umständen unabweisbar gebo-tene Leistung erbringen. § 23 Abs. 5 SGB XII ist den mit der Gewährung von Fürsorge-leistungen einhergehenden fiskalischen Interessen der Länder geschuldet, eine Binnen-wanderung von bedürftigen - erwerbsunfähigen (§ 8 Abs. 1 SGB II) - Ausländern im Bun-desgebiet zu verhindern (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Januar 2008, Az.: 1 C 17/07; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 23 SGB XII Rn. 21).
Diese Interessen können bei einer nach dem SGB II förderungswürdi-gen Eingliederung eines Ausländers in den deutschen Arbeitsmarkt - wie hier - nicht vor-gehen.
Er muss nach § 2 SGB II (Grundsatz des Forderns) alle Möglichkeiten zur Been-digung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen, aktiv an allen Maßnah-men zu seiner Eingliederung in Arbeit mitwirken und seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. Hierbei ist grundsätzlich die Aufnahme jeder Arbeit zumutbar (vgl. § 10 SGB II), ggf. auch, wenn mit einer Arbeitsaufnahme ein Wohnortwechsel einhergehen muss.
Eine ausländerrechtliche räumliche Beschränkung steht dem Ziel der Eingliede-rung in Arbeit entgegen. Dies hat der Gesetzgeber offensichtlich erkannt und von einer inhaltlich entsprechenden Norm im SGB II Abstand genommen (so auch SG Dortmund, Beschluss vom 6. Juli 2006, Az.: S 11 AS 78/06 ER - zit. nach ASYLMAGAZIN 1–2/2010, S. 9).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Solange jemand auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angewiesen ist, ist sowohl ein Arbeitsstellenwechsel im Rahmen einer Arbeitnehmertätigkeit als auch der Wechsel von einer selbständigen zu einer nicht selbständigen Tätigkeit zumutbar, wenn damit die Hilfebedürftigkeit verringert oder beendet werden kann. Im Verweigerungsfall liegt eine Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 vor.
Hierzu hat das OVG Bremen mit Beschluss vom 1.6.2006 (S1 B 140/06) entschieden, dass es einem Leistungsempfänger von Arbeitslosengeld II zumutbar ist, eine selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt aufzugeben und sich auf eine konkret angebotene Stelle zu bewerben, wenn aus der selbständigen Tätigkeit nicht in absehbarer Zeit ein Einkommen zu erwarten ist das seine Hilfebedürftigkeit aufhebt.
Quelle: Wissensdatenbank der BA § 31 SGB II , geändert am 05.092011
http://wdbfi.sgb-2.de/
Anmerkung: Ein wichtiger Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II liegt vor, wenn bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der berechtigten Interessen des Hilfebedürftigen mit etwa entgegenstehenden Belangen der Allgemeinheit das Verhalten des Hilfebedürftigen gerechtfertigt ist, wobei persönliche, insbesondere familiäre oder gesundheitliche Gründe im Vordergrund stehen (vgl. BSG v. 12.07.2006 – B 11a AL 55/05 R – Rn. 19).
Trotz der Formulierung des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II, dass der Hilfebedürftige die Voraussetzungen des Vorliegens eines wichtigen Grundes nachzuweisen hat, wird die Pflicht Leistungsträgers zur Erforschung des Sachverhalts gemäß §§ 40 Abs. 1, 20 SGB X ("Amtsermittlungsgrundsatz") nicht aufgehoben.
Anmerkung: Eingliederung eines Ausländers in den deutschen Arbeitsmarkt - Aufnahme jeder Arbeit zumutbar - SG Hildesheim,Beschluss v. 22.03.2010, - S 43 AS 420/10 ER -
Im SGB II ist eine dem § 23 Abs. 5 S. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) entsprechende Norm verständlicherweise nicht enthalten; nach dieser Vor-schrift darf der für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständige Träger der Sozialhilfe in den Teilen des Bundesgebiets, in denen sich Ausländer einer ausländerrechtlichen räum-lichen Beschränkung zuwider aufhalten, nur die nach den Umständen unabweisbar gebo-tene Leistung erbringen. § 23 Abs. 5 SGB XII ist den mit der Gewährung von Fürsorge-leistungen einhergehenden fiskalischen Interessen der Länder geschuldet, eine Binnen-wanderung von bedürftigen - erwerbsunfähigen (§ 8 Abs. 1 SGB II) - Ausländern im Bun-desgebiet zu verhindern (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Januar 2008, Az.: 1 C 17/07; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 23 SGB XII Rn. 21).
Diese Interessen können bei einer nach dem SGB II förderungswürdi-gen Eingliederung eines Ausländers in den deutschen Arbeitsmarkt - wie hier - nicht vor-gehen.
Er muss nach § 2 SGB II (Grundsatz des Forderns) alle Möglichkeiten zur Been-digung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen, aktiv an allen Maßnah-men zu seiner Eingliederung in Arbeit mitwirken und seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. Hierbei ist grundsätzlich die Aufnahme jeder Arbeit zumutbar (vgl. § 10 SGB II), ggf. auch, wenn mit einer Arbeitsaufnahme ein Wohnortwechsel einhergehen muss.
Eine ausländerrechtliche räumliche Beschränkung steht dem Ziel der Eingliede-rung in Arbeit entgegen. Dies hat der Gesetzgeber offensichtlich erkannt und von einer inhaltlich entsprechenden Norm im SGB II Abstand genommen (so auch SG Dortmund, Beschluss vom 6. Juli 2006, Az.: S 11 AS 78/06 ER - zit. nach ASYLMAGAZIN 1–2/2010, S. 9).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
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