Direkt zum Hauptbereich

Leistungsbezieher nach dem SGB XII sind höhere Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII unter Berücksichtigung der nach dem Kopfteilprinzip auf ihn anfallenden tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu gewähren- tatsächliche Heizkosten-Kostensenkungsaufforderung - Warmwasserbereitungspauschale-

§ 42 S. 1 Nr. 2 1. Var. SGB XII i.V.m. 29 Abs. 1 S. 2 SGB XII ,§ 19 Abs. 1 SGB XII, § 19 Abs. 2 SGB XII

Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 28.07.2011, - L 7 SO 51/10 B ER -

Denn die Kosten der Unterkunft sind in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen, weil bei der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 42 S. 1 Nr. 2 1. Var. SGB XII i.V.m. 29 Abs. 1 S. 2 SGB XII für den Antragsteller von einem Ein-Personen-Haushalt auszugehen ist

Hinsichtlich der angemessenen Wohnungsgröße ist von einem Zwei-Personen-Haushalt nach der Rechtsprechung des BSG nur auszugehen , wenn entweder eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II oder eine Einstandsgemeinschaft nach § 19 Abs. 1 SGB XII - bei Hilfe zum Lebensunterhalt; offen gelassen, aber ebenfalls einbezogen: Einstandsgemeinschaft nach § 19 Abs. 2 SGB XII bei Grundsicherung - zwischen den Mitgliedern der Wohngemeinschaft besteht (Senat, 13.7.2010 - L 7 AS 208/10 B ER unter Hinweis auf BSG, 18.6.2008 – B 14/11b AS 61/06 R, 31.10.2007 - B 14/11b AS 7/07 R, 19.5.2009 - B 8 SO 8/08 R).

Der Auffassung des Sozialhilfeträgers, , nach der vorbenannten Rechtsprechung des BSG sei nur von einem Ein-Personen-Haushalt auszugehen, wenn es sich um eine Wohngemeinschaft handelte, die nicht zugleich eine Haushaltsgemeinschaft bildete, überzeugt nicht.

In seinen Entscheidungen zum SGB II hat das BSG ausdrücklich darauf abgestellt, dem SGB II sei die Kategorie der Haushaltsgemeinschaft fremd, so dass sie kein taugliches Abgrenzungskriterium dafür bilden könne, ob die Wohnfläche für einen Ein-Personen-Haushalt oder hälftigen Zwei-Personen-Haushalt zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu Grunde zu legen sei. Es sei allein festzustellen, ob die Personen in einer Bedarfsgemeinschaft leben oder nur die Wohnung gemeinsam benutzen. Lebten sie nicht in einer Bedarfsgemeinschaft komme der Personenmehrheit keine beschränkende Wirkung zu (BSG, 18.6.2008 aaO, Rn. 21).

Zuzugeben ist dem Antragsgegner lediglich, dass für die Sozialhilfe das BSG bisher nur eine Entscheidung zur Höhe des Regelsatzes getroffen hat (BSG, 19.5.2009 aaO).


Der Begründung ist jedoch zu entnehmen, dass auch für die Kosten der Unterkunft die Rechtsprechung zum SGB II anzuwenden ist. Das BSG weist ausdrücklich darauf hin, zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII seien Einsparungen bei einem gemeinsamen Haushalt nur anzunehmen, wenn die zusammen lebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 Abs. 1 SGB XII bildeten. Der Gesetzgeber des SGB II habe die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammen lebenden Personen verbunden. Vielmehr gehe § 20 SGB II typisierend von prozentualen Abschlägen von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft aus.

Rechtfertigt allein die Haushaltsersparnis bei den Unterkunftskosten die Berücksichtigung einer geringeren Wohnfläche, ist auch hier auf das Bestehen einer Einstandsgemeinschaft nach § 19 Abs. 1 oder 2 SGB XII abzustellen.


Richtet sich bei der Grundsicherung das Bestehen einer Einstandsgemeinschaft nach § 19 Abs. 2 SGB XII ist diese zwischen dem über 25-jährigen Antragsteller und seiner Mutter nicht anzunehmen. Ebenso kommt eine typengemischte Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II (hierzu: BSG, 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R) nicht für den Zeitraum bis 31. Juli 2010 - Arbeitslosengeld II-Leistungsbezug der Mutter des Antragstellers - in Betracht.


Die Heizkosten sind in tatsächlicher Höhe schon deshalb zu übernehmen, weil insoweit der Antragsgegner bisher - wohl zu Recht - kein Kostensenkungsverfahren eingeleitet hat (vgl. BSG, 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R). Abzuziehen ist nur die aus dem Anteil in der Regelleistung sich ergebende Warmwasserbereitungspauschale, weil nur in den Nebenkostenabrechnungen, nicht jedoch in der Vorauszahlung der auf die Warmwasserbereitung entfallende Anteil bestimmt ist (vgl. BSG, 24.2.2011 - B 14 AS 52/09 R). Sie beträgt entgegen der Praxis des Antragsgegners auf Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe für das Jahr 1998 unter Berücksichtigung eines Regelsatzes in Höhe von 359,00 EUR nur 6,47 EUR monatlich für den Antragsteller (vgl. BSG, 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R mwN).

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144153&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



Anmerkung: BSG, Urteil vom 14.04.2011, - B 8 SO 18/09 R -

Für eine normative Aufteilung (nach Kopfteilen) besteht jedenfalls dann keine Berechtigung, wenn - wie vorliegend - weder eine Einsatzgemeinschaft noch eine Bedarfsgemeinschaft zwischen den Bewohnern bzw eine Haushaltsgemeinschaft mit weiteren Hilfebedürftigen besteht.

Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe...

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind auch bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII Einkommen

Sozialgericht Karlsruhe,Beschluss vom 21.08.2012,- S 1 SO 2516/12 - Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind im Monat des Zuflusses auf dem Konto des Hilfeempfängers in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen, soweit dadurch die Hilfebedürftigkeit nicht vollständig entfällt. Der Kläger macht im Hauptsacheverfahren gegen den beklagten Sozialhilfeträger einen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII für den Monat Juni 2012 geltend. Streitig ist dabei zwischen den Beteiligten die Anrechnung einer in diesem Monat dem Konto des Hilfeempfängers gutgeschriebenen Nebenkostenrückerstattung seines Vermieters als Einkommen auf seinen Bedarf. Hierdurch ergab sich ein geringerer Zahlbetrag der Hilfeleistung als in den Monaten zuvor. Das Sozialgericht Karlsruhe hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, die Ausgangsentscheidung der Behörde sei nach der Rechtsprechung des B...