Direkt zum Hauptbereich

Volljährige Sozialhilfeempfängerin hat Anspruch auf Berechnung der Leistungen unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes in Höhe von 100%.

So urteilte das BSG mit Urteil vom 09.06.2011, - B 8 SO 1/10 R - .

Volljährige Sozialhilfeempfängerin hat Anspruch auf Berechnung der Leistungen unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes in Höhe von 100%, denn sie bildet mit der Mutter und ihrem Bruder weder eine Bedarfsgemeinschaft noch eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des §19 SGB XII.

Liege eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII - wie hier - nicht vor und erfülle die Personenkonstellation auch nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II, so rechtfertige dies nicht die typisierende Annahme einer Haushaltsersparnis.

Unter Berücksichtigung der Urteile des BSG vom 19.05.2009 (B 8 SO 8/08 R-) und vom 23.03.2010 (B 8 SO 17/09 R-) ist die Abgrenzung zwischen Haushaltsvorstand und Haushaltsangehörigen im SGB XII aus Gründen der gebotenen Gleichbehandlung in Anlehnung an die Regelung des SGB II vorzunehmen, da beide Sozialgesetzbücher eine identische sozialrechtliche Funktion - nämlich die Sicherstellung des Existenzminimums - haben.

Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Ersparnis und Kürzung der Regelleistung aber nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern geht in § 20 SGB II typisierend von prozentualen Abschlägen von der Regelleistung wegen Ersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft aus.

Deshalb ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII davon auszugehen, dass bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des §19 SGB XII bilden.

Anmerkung: Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 28.07.2011, - L 7 SO 51/10 B ER –

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/leistungsbezieher-nach-dem-sgb-xii-sind.html

Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe...

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind auch bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII Einkommen

Sozialgericht Karlsruhe,Beschluss vom 21.08.2012,- S 1 SO 2516/12 - Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind im Monat des Zuflusses auf dem Konto des Hilfeempfängers in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen, soweit dadurch die Hilfebedürftigkeit nicht vollständig entfällt. Der Kläger macht im Hauptsacheverfahren gegen den beklagten Sozialhilfeträger einen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII für den Monat Juni 2012 geltend. Streitig ist dabei zwischen den Beteiligten die Anrechnung einer in diesem Monat dem Konto des Hilfeempfängers gutgeschriebenen Nebenkostenrückerstattung seines Vermieters als Einkommen auf seinen Bedarf. Hierdurch ergab sich ein geringerer Zahlbetrag der Hilfeleistung als in den Monaten zuvor. Das Sozialgericht Karlsruhe hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, die Ausgangsentscheidung der Behörde sei nach der Rechtsprechung des B...