Kann im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit der aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gepfändete Teil des Erwerbseinkommens eines Antragstellers als Einkommen nach § 11 SGB II berücksichtigt werden?
Grundsätzlich ist eine Berücksichtigung von Schuldverpflichtungen im SGB II nicht möglich.
Als Einkommen nach § 11 SGB II können aber nur bereite Mittel berücksichtigt werden. Bereite finanzielle Mittel stehen dem Leistungsberechtigten dann zur Verfügung, wenn er sie kurzfristig und ohne wesentliche Zwischenschritte realisieren kann, um mit ihnen seinen Bedarf zu decken.
Soweit Teile des Arbeitseinkommens aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gepfändet werden, hat der Antragsteller darüber keinerlei Verfügungsmöglichkeiten, d. h. diese stehen ihm nicht als bereite Mittel zur Verfügung.
Daher ist der gepfändete Betrag bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit grundsätzlich nicht als Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen.
Regelmäßig dürfte es sich bei dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss um einen so genannten Blankettbeschluss handeln. D. h. dem Drittschuldner (hier: Arbeitgeber) wird verboten, Arbeitseinkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenzen nach § 850 c Abs. 3 ZPO an den Schuldner (hier: Arbeitnehmer, Antragsteller) auszuzahlen.
Nach § 850 c Abs. 3 Satz 2 ZPO genügt die Bezugnahme auf die Tabelle über die Pfändungsfreigrenzen zu § 850 c Abs. 3 ZPO. Dem Arbeitgeber wird dabei die eigenständige Ermittlung des konkret pfändbaren Arbeitseinkommens auferlegt. Dem Antragsteller wird daher immer das Einkommen bis zum Erreichen der Pfändungsfreigrenze ausgezahlt.
Tritt im Einzelfall durch die Pfändung des Einkommens erhöhte Hilfebedürftigkeit ein, so ist dem Antragsteller aufzuerlegen, beim Vollstreckungsgericht eine Erhöhung des unpfändbaren Betrages zu beantragen (§ 850 f Abs. 1 Buchstabe a ZPO).
Beispiel:
Familie mit 3 Kindern (15, 16 und 17 Jahre).
Bedarf nach SGB II: 2.225 €
Einkommen eLb: 2.000 €
./. Freibetrag § 11b: 330 €
----------------
Anzurechnen 1.670 €
Kindergeld (2x 184 € + 1x 190 €): 558 €
----------------
Einkommen insgesamt: 2.228 €
Bedürftigkeit liegt nicht vor!
Nach der Tabelle zu § 850 c ZPO ist bei einem Nettoeinkommen von 2.000 € und 4 unterhaltsberechtigten Personen ein Betrag von 5 € pfändbar. Unter Berücksichtigung dieses Betrages würde Hilfebedürftigkeit eintreten. Die Erhöhung des unpfändbaren Betrages ist zu beantragen.
Variante:
eLb lebt mit Partnerin und deren 3 Kindern (15, 16 und 17 Jahre) in einer BG.
Bedarf nach SGB II: 2.225 €
Einkommen EHB: 2.000 €
./. gepfändete Beträge nach § 850 c ZPO: 680 €
(keine Unterhaltsverpflichtung)
./. Freibetrag nach § 11b: 330 €
----------------
Anzurechnen 990 €
Kindergeld (3x 154 €): 558 €
----------------
Einkommen insgesamt: 1. 548 €
Bedürftigkeit liegt vor!
Da gegenüber den Personen in der BG keine Unterhaltsverpflichtung besteht, ist eine Erhöhung des unpfändbaren Betrages nach § 850 c ZPO nicht möglich.
Die gepfändeten Beträge dürfen als nicht bereite Mittel nicht als Einkommen berücksichtigt werden.
Quelle: Wissensdatenbank der BA § 11 SGB II , geändert am 06.10.2011
http://wdbfi.sgb-2.de/
Anmerkung: Gepfändetes Einkommen kann nur dann auf den Leistungsanspruch des Hartz IV Empfängers angerechnet werden, wenn es ihm im Einzelfall zumutbar ist, die Pfändung rückgängig zu machen. Dies gilt auch für die Leistungsberechnung beim Kinderzuschlag. Der Einkommensbegriff beim Kinderzuschlag ist der Gleiche wie im SGB II.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/gepfandetes-einkommen-kann-nur-dann-auf.html
Anmerkung: Hartz IV kennt kein fiktives Einkommen - Denn dies widerspricht dem Grundsatz, dass fiktives, tatsächlich jedoch überhaupt nicht erzieltes Einkommen bei der Bedarfsberechnung nicht berücksichtigt werden darf - Rechtsprechung .
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/hartz-iv-kennt-kein-fiktives-einkommen.html
Anmerkung: Auch nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es ausschließlich auf die tatsächlichen Gegebenheiten und nicht auf etwaige fiktive Umstände an ("Gegenwärtigkeitsprinzip", vgl. Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, 803).
Es widerspricht dem Grundsatz, dass fiktives, tatsächlich jedoch überhaupt nicht erzieltes Einkommen bei der Bedarfsberechnung nicht berücksichtigt werden darf (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21. August 2008 - L 6 AS 734/07 ER; vgl. auch BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 75/08 R [Rn 20], wonach die fiktive Berücksichtigung tatsächlich nicht vorhandenen Einkommens dem grundsicherungsrechtlichen Faktizitätsgedanken zuwiderläuft, sowie BSG, Urteil vom 13. November 2008 - B 14 AS 2/08 R, NZS 2009, 580 [Rn 32] zur Nichtberücksichtigung von nicht zur Verfügung stehendem Einkommen).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Als Einkommen nach § 11 SGB II können aber nur bereite Mittel berücksichtigt werden. Bereite finanzielle Mittel stehen dem Leistungsberechtigten dann zur Verfügung, wenn er sie kurzfristig und ohne wesentliche Zwischenschritte realisieren kann, um mit ihnen seinen Bedarf zu decken.
Soweit Teile des Arbeitseinkommens aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gepfändet werden, hat der Antragsteller darüber keinerlei Verfügungsmöglichkeiten, d. h. diese stehen ihm nicht als bereite Mittel zur Verfügung.
Daher ist der gepfändete Betrag bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit grundsätzlich nicht als Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen.
Regelmäßig dürfte es sich bei dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss um einen so genannten Blankettbeschluss handeln. D. h. dem Drittschuldner (hier: Arbeitgeber) wird verboten, Arbeitseinkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenzen nach § 850 c Abs. 3 ZPO an den Schuldner (hier: Arbeitnehmer, Antragsteller) auszuzahlen.
Nach § 850 c Abs. 3 Satz 2 ZPO genügt die Bezugnahme auf die Tabelle über die Pfändungsfreigrenzen zu § 850 c Abs. 3 ZPO. Dem Arbeitgeber wird dabei die eigenständige Ermittlung des konkret pfändbaren Arbeitseinkommens auferlegt. Dem Antragsteller wird daher immer das Einkommen bis zum Erreichen der Pfändungsfreigrenze ausgezahlt.
Tritt im Einzelfall durch die Pfändung des Einkommens erhöhte Hilfebedürftigkeit ein, so ist dem Antragsteller aufzuerlegen, beim Vollstreckungsgericht eine Erhöhung des unpfändbaren Betrages zu beantragen (§ 850 f Abs. 1 Buchstabe a ZPO).
Beispiel:
Familie mit 3 Kindern (15, 16 und 17 Jahre).
Bedarf nach SGB II: 2.225 €
Einkommen eLb: 2.000 €
./. Freibetrag § 11b: 330 €
----------------
Anzurechnen 1.670 €
Kindergeld (2x 184 € + 1x 190 €): 558 €
----------------
Einkommen insgesamt: 2.228 €
Bedürftigkeit liegt nicht vor!
Nach der Tabelle zu § 850 c ZPO ist bei einem Nettoeinkommen von 2.000 € und 4 unterhaltsberechtigten Personen ein Betrag von 5 € pfändbar. Unter Berücksichtigung dieses Betrages würde Hilfebedürftigkeit eintreten. Die Erhöhung des unpfändbaren Betrages ist zu beantragen.
Variante:
eLb lebt mit Partnerin und deren 3 Kindern (15, 16 und 17 Jahre) in einer BG.
Bedarf nach SGB II: 2.225 €
Einkommen EHB: 2.000 €
./. gepfändete Beträge nach § 850 c ZPO: 680 €
(keine Unterhaltsverpflichtung)
./. Freibetrag nach § 11b: 330 €
----------------
Anzurechnen 990 €
Kindergeld (3x 154 €): 558 €
----------------
Einkommen insgesamt: 1. 548 €
Bedürftigkeit liegt vor!
Da gegenüber den Personen in der BG keine Unterhaltsverpflichtung besteht, ist eine Erhöhung des unpfändbaren Betrages nach § 850 c ZPO nicht möglich.
Die gepfändeten Beträge dürfen als nicht bereite Mittel nicht als Einkommen berücksichtigt werden.
Quelle: Wissensdatenbank der BA § 11 SGB II , geändert am 06.10.2011
http://wdbfi.sgb-2.de/
Anmerkung: Gepfändetes Einkommen kann nur dann auf den Leistungsanspruch des Hartz IV Empfängers angerechnet werden, wenn es ihm im Einzelfall zumutbar ist, die Pfändung rückgängig zu machen. Dies gilt auch für die Leistungsberechnung beim Kinderzuschlag. Der Einkommensbegriff beim Kinderzuschlag ist der Gleiche wie im SGB II.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/gepfandetes-einkommen-kann-nur-dann-auf.html
Anmerkung: Hartz IV kennt kein fiktives Einkommen - Denn dies widerspricht dem Grundsatz, dass fiktives, tatsächlich jedoch überhaupt nicht erzieltes Einkommen bei der Bedarfsberechnung nicht berücksichtigt werden darf - Rechtsprechung .
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/hartz-iv-kennt-kein-fiktives-einkommen.html
Anmerkung: Auch nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es ausschließlich auf die tatsächlichen Gegebenheiten und nicht auf etwaige fiktive Umstände an ("Gegenwärtigkeitsprinzip", vgl. Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, 803).
Es widerspricht dem Grundsatz, dass fiktives, tatsächlich jedoch überhaupt nicht erzieltes Einkommen bei der Bedarfsberechnung nicht berücksichtigt werden darf (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21. August 2008 - L 6 AS 734/07 ER; vgl. auch BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 75/08 R [Rn 20], wonach die fiktive Berücksichtigung tatsächlich nicht vorhandenen Einkommens dem grundsicherungsrechtlichen Faktizitätsgedanken zuwiderläuft, sowie BSG, Urteil vom 13. November 2008 - B 14 AS 2/08 R, NZS 2009, 580 [Rn 32] zur Nichtberücksichtigung von nicht zur Verfügung stehendem Einkommen).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen