Bestattungskosten haben vorrangig die Angehörigen zu zahlen , dies ist auch bei geringem familiären Kontakt zumutbar.
Bestattungskosten werden nur dann vom Sozialhilfeträger übernommen, wenn die Kostentragung den bestattungspflichtigen Verwandten aus wirtschaftlichen oder persönlichen Gründen nicht zugemutet werden kann. Je weiter das Verwandtschaftsverhältnis ist, um so eher kann dies der Fall sein. Fehlende Nähe zwischen Geschwistern allein führt allerdings nicht zur Unzumutbarkeit.
Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.
Schwester beantragt beim Sozialamt die Übernahme von Bestattungskosten
Die Klägerin veranlasste die Bestattung ihres mit 64 Jahren verstorbenen Bruders, der im Saarland lebte und Hartz IV bezog. Gegenüber dem Sozialamt beantragte die Frau die Übernahme der Bestattungskosten in Höhe von knapp 2.550 €. Es lägen zerrüttete Familienverhältnisse vor. Ihr zwölf Jahre älterer Bruder sei das „schwarze Schaf“ der Familie gewesen und habe bereits mit 14 Jahren den elterlichen Haushalt verlassen. Als damals 2-Jährige habe sie mit ihrem Bruder praktisch nicht zusammengelebt, eine persönliche Bindung habe daher von Anfang an gefehlt.
Das Sozialamt lehnte den Antrag ab. Die Bestattungskosten seien der Klägerin, die sich auch an ihre beiden anderen ausgleichspflichtigen Geschwister halten könne, zumutbar.
Erst bei schweren Verfehlungen wird Kostentragung unzumutbar
Die Richter beider Instanzen gaben dem Sozialhilfeträger Recht. Die Klägerin - sowie die weiteren Geschwister des Verstorbenen - seien als nächste Verwandte bestattungspflichtig und hätten damit auch die insoweit anfallenden Kosten zu tragen. Der Klägerin sei dies auch wirtschaftlich und persönlich zumutbar.
Bei der Gewichtung der wirtschaftlichen Auswirkungen seien rechtliche und soziale Nähe sowie zwischenmenschliche Beziehungen zum Verstorbenen zu berücksichtigen.
Der Verstorbene habe gegenüber seiner Schwester keine schweren Verfehlungen - wie Körperverletzungen, sexueller Missbrauch oder grobe Verletzung von Unterhaltsverpflichtungen – begangen. Ein zerrüttetes Verhältnis oder fehlende Nähe zwischen Geschwistern mache hingegen die Kostentragung nicht unzumutbar. Andernfalls hätte bei den vielfach gelockerten familiären Verhältnissen der heutigen Zeit die Allgemeinheit häufig die Bestattungskosten zu tragen.
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Geschwister sich bei der Beerdigung ihrer Eltern gesehen hätten, die Klägerin bereits zwei Tage nach dem Tod ihres Bruders hiervon erfahren habe und der Verstorbene im Familiengrab beigesetzt worden sei.
Hinweise zur Rechtslage
§ 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII)
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu
Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
§ 26 Saarländisches Bestattungsgesetz
(1) Für die Bestattung haben die volljährigen Angehörigen in folgender
Reihenfolge zu sorgen:
1. die Ehefrau/der Ehemann
2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft
3. die Kinder
4. die Eltern
5. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft (…)
6. die Geschwister
7. die Großeltern
8. die Enkelkinder.
(…)
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 06.10.2011, Az.: L 9 SO 226/10
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/msgb/show.php?modul=msgb&id=4433&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=146241&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: Zur Bestimmung der Angemessenheit einer Bestattungsvorsorge im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 90 Abs. 3 SGB XII darf sich der Sozialhilfeträger nicht auf Pauschalen berufen.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/10/zur-bestimmung-der-angemessenheit-einer.html
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .
Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.
Schwester beantragt beim Sozialamt die Übernahme von Bestattungskosten
Die Klägerin veranlasste die Bestattung ihres mit 64 Jahren verstorbenen Bruders, der im Saarland lebte und Hartz IV bezog. Gegenüber dem Sozialamt beantragte die Frau die Übernahme der Bestattungskosten in Höhe von knapp 2.550 €. Es lägen zerrüttete Familienverhältnisse vor. Ihr zwölf Jahre älterer Bruder sei das „schwarze Schaf“ der Familie gewesen und habe bereits mit 14 Jahren den elterlichen Haushalt verlassen. Als damals 2-Jährige habe sie mit ihrem Bruder praktisch nicht zusammengelebt, eine persönliche Bindung habe daher von Anfang an gefehlt.
Das Sozialamt lehnte den Antrag ab. Die Bestattungskosten seien der Klägerin, die sich auch an ihre beiden anderen ausgleichspflichtigen Geschwister halten könne, zumutbar.
Erst bei schweren Verfehlungen wird Kostentragung unzumutbar
Die Richter beider Instanzen gaben dem Sozialhilfeträger Recht. Die Klägerin - sowie die weiteren Geschwister des Verstorbenen - seien als nächste Verwandte bestattungspflichtig und hätten damit auch die insoweit anfallenden Kosten zu tragen. Der Klägerin sei dies auch wirtschaftlich und persönlich zumutbar.
Bei der Gewichtung der wirtschaftlichen Auswirkungen seien rechtliche und soziale Nähe sowie zwischenmenschliche Beziehungen zum Verstorbenen zu berücksichtigen.
Der Verstorbene habe gegenüber seiner Schwester keine schweren Verfehlungen - wie Körperverletzungen, sexueller Missbrauch oder grobe Verletzung von Unterhaltsverpflichtungen – begangen. Ein zerrüttetes Verhältnis oder fehlende Nähe zwischen Geschwistern mache hingegen die Kostentragung nicht unzumutbar. Andernfalls hätte bei den vielfach gelockerten familiären Verhältnissen der heutigen Zeit die Allgemeinheit häufig die Bestattungskosten zu tragen.
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Geschwister sich bei der Beerdigung ihrer Eltern gesehen hätten, die Klägerin bereits zwei Tage nach dem Tod ihres Bruders hiervon erfahren habe und der Verstorbene im Familiengrab beigesetzt worden sei.
Hinweise zur Rechtslage
§ 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII)
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu
Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
§ 26 Saarländisches Bestattungsgesetz
(1) Für die Bestattung haben die volljährigen Angehörigen in folgender
Reihenfolge zu sorgen:
1. die Ehefrau/der Ehemann
2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft
3. die Kinder
4. die Eltern
5. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft (…)
6. die Geschwister
7. die Großeltern
8. die Enkelkinder.
(…)
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 06.10.2011, Az.: L 9 SO 226/10
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/msgb/show.php?modul=msgb&id=4433&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=146241&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: Zur Bestimmung der Angemessenheit einer Bestattungsvorsorge im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 90 Abs. 3 SGB XII darf sich der Sozialhilfeträger nicht auf Pauschalen berufen.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/10/zur-bestimmung-der-angemessenheit-einer.html
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .
Trifft diese Urteil auch auf andere Bundesländer wie Berlin ,Hamburg zu? Wie greift ihr die Härtefallreglung nach SGB Xll ? Gruß martina aus hamburg
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