Direkt zum Hauptbereich

Hartz IV - Eine Leistungskürzung über 23 Monate wegen der Tilgung eines Mietkautionsdarlehens ist verfassungswidrig.

So urteilte das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 30.09.2011 - S 37 AS 24431/11 ER - .

Denn sie ist mit dem Ansparkonzept des SGB 2 nicht zuvereinbaren. Die seit 2011 geltenden Regelbedarfe sind auch nicht im Hinblick auf starre Darlehenstilgungen in Höhe von 10%(§ 42a SGB II) aufgestockt worden.Bedarfspositionen, die zu § 22 SGB II gehören, wie die Kaution, sind überhaupt nicht im Regelbedarf nach § 20 SGB II enthalten.

Die Kürzung des Regelbedarfs um 10% kann schließlich auch nicht als - Bagatelle - abgetan werden. In seiner Entscheidung zum Sonderbedarf wegen einer HIV Infektion hat das BSG einen Betrag von 20,45 Euro als erheblich gewertet (Urteil vom 19.08.2010, - B 14 AS 13/10 R).

Der Betrag von 36,40 Euro , ab Januar 2012 37,40 Euro liegt deutlich oberhalb der in BSG , Urteil vom 26.05.2011, - B 14 AS 146/10 R - angedeuteten Bagatell- Schwelle von 20 Euro Gesamtstreitwert.

Die Kürzung der Regelleistung um 10% über einen nicht nur vorüber gehenden Zeitraum hinweg setzt dem Empfänger eines Kautionsdarlehens , der weder über Zusatzeinkommen noch zukunftsnahe Erwerbschansen verfügt, einer Situation aus, die das Bundesverfassungsgericht bewogen hatte, einen Sonderbedarf als unabdingbare Zusatzleistung zum Regelbedarf vorzusehen(vom Gesetzgeber mit § 21 Abs. 6 SGB II umgesetzt); es ist daher nicht verfassunmgsgemäß , die Ast. über 20 Monate hinweg auf ein Leistungsniveau zu drücken, das Ansparungen von oder Ausgleiche im Regelbedarf ausschließt.

Eine Sicherung ihres Existenzminimums wäre dann nur mit Regelbedarfs- Darlehen nach § 24 SGB II möglich,was den Zustand der Bedarfsunterdeckung auf unabsehbare Zeit verlängerte.


https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=146033&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=


Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .

Kommentare

  1. Mit diesem prima Urteil habe ich gerade gestern ein Widerspruchsverfahren für mich entscheiden können - die Kaution wird nicht mehr monatlich einbehalten!

    AntwortenLöschen
  2. Da hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen: Erwerbschancen, nicht Erwerbschansen.

    AntwortenLöschen
  3. Gilt das nun auch für Strom?

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 06.06.2011, - L 1 AS 4393/10 - Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden(BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R-; Rdnr. 4). Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird. https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive = Anmerkung: 1. Vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ist ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als Pauschbetrag abzusetzen (§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V ). Diese Pauschale in Höhe von 30 Euro ist