Direkt zum Hauptbereich

Ermessen des Leistungsträgers bei Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II

Anmerkung zu: BSG 4. Senat, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 117/10 R -; Autor: Dr. Thomas Harks, RiLG, z.Z. Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim BVerfG ;Fundstelle: jurisPR-SozR 20/2011 Anm. 1

Das dem Grundsicherungsträger im Hinblick auf die Gewährung einer Eingliederungsmaßnahme nach dem SGB III eingeräumte Ermessen ist auf das Entschließungsermessen begrenzt, es sei denn, nach den Vorschriften des SGB III besteht auch ein Auswahlermessen(Leitsatz von Juris).

Zitat: " Problemstellung

Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II kann die Agentur für Arbeit die dort aufgezählten SGB III-Leistungen zur Eingliederung in Arbeit an erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem SGB II erbringen.

Im Schrifttum ist umstritten, ob sich das dort im Wort „kann“ angelegte Ermessen des Grundsicherungsträgers nur auf das „Ob“ einer bestimmten Leistung bezieht oder auch auf das „Wie“ – also insbesondere, ob dem Leistungsträger auch dort ein Ermessen über die Leistungshöhe zusteht, wo das SGB III für seinen unmittelbaren Anwendungsbereich kein Ermessen vorsieht (zum Meinungsstand siehe Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB II, § 16 Rn. 87). Diese Frage hat das BSG im vorliegenden Urteil beantwortet.

Auswirkungen für die Praxis

Die Entscheidung betrifft nicht nur die Bewilligung von Fahrkosten nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. § 81 SGB III, sondern sämtliche Eingliederungsleistungen des SGB III, die über § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II an erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht werden können.

Das BSG hat klargestellt, dass dem Grundsicherungsträger hinsichtlich dieser Leistungen zwar ein Entschließungsermessen zusteht, dass ihm aber hinsichtlich Ausgestaltung und Höhe nur dann Ermessen zukommt, wenn auch das SGB III ein solches vorsieht.

 Damit stärkt das BSG die Gleichbehandlung von Leistungsempfängern nach dem SGB II und solchen nach dem SGB III bei den Leistungen zur Eingliederung in Arbeit.

Quelle: http://www.juris.de/jportal/portal/t/1axs/page/homerl.psml?nid=jpr-NLSR000010311&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

Anmerkung: BSG 4. Senat, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 117/10 R -

Langzeitarbeitslose in Weiterbildungsmaßnahmen haben Anspruch auf Kilometergeld für die Hin- und Rückfahrt zu ihrem Praktikumsplatz.

Anspruchsgrundlage für die Fahrkostenerstattung ist § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II iVm § 81 Abs 2 SGB III und § 5 Abs 1 BRKG.

Die Entscheidung über den Umfang der zu erstattenden Fahrtkosten richtet sich ausschließlich nach den Vorschriften des SGB III, wenn die Maßnahme selbst - wie hier - als Weiterbildungsmaßnahme nach § 77 SGB III bewilligt worden ist.

Das Ob der Bewilligung steht insoweit nach § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II zwar im Ermessen des Grundsicherungsträgers, die Gewährung der Fahrtkostenerstattung ist in Folge der Grundentscheidung jedoch eine gebundene Entscheidung nach § 81 SGB III.

Soweit es den Umfang der Fahrtkostenerstattung betrifft, ist auch keine abweichende Regelung iS des § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II im Grundsicherungsrecht vorhanden.

 Eine analoge Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V scheidet aus. Es mangelt bereits an einer planwidrigen Lücke im Hinblick auf die Fahrtkostenerstattung im SGB II.

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/sozialrechtsexperte-informiert-zur.html

Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 06.06.2011, - L 1 AS 4393/10 - Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden(BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R-; Rdnr. 4). Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird. https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive = Anmerkung: 1. Vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ist ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als Pauschbetrag abzusetzen (§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V ). Diese Pauschale in Höhe von 30 Euro ist