Direkt zum Hauptbereich

Hartz IV - Das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft ist inzident als Vorfrage der Prüfung der Hilfebedürftigkeit im Rahmen der Amtsermittlung zu klären.

Dies gilt für einen Leistungsbescheid und auch für das Auskunftsverlangen nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II.

Das Beschwerdegericht teilt nicht die Auffassung des Sozialgerichts, dass ein Auskunftsverlangen nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II voraussetzt, dass das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft zuvor bestandskräftig festgestellt wurde (ebenso LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.04.2011, L 3 AS 39/10).

Wie das BSG im Urteil vom 24.02.2011, B 14 AS 87/09 R, Rn. 18, ausführt, beruht dieses Auskunftsverlangen auf einer "Annahme" einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Eine vorherige bestandskräftige Feststellung forderte das BSG gerade nicht.

 Ob ein derartiger feststellender Verwaltungsakt überhaupt möglich ist, kann offen bleiben (als Vorabentscheidung vgl. von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 31 Rn. 29).

Eine Pflicht hierzu ist jedenfalls nicht erkennbar. Die vorgenannte "Annahme" darf allerdings keine bloße Vermutung der Behörde sein, sie muss vielmehr auf äußeren Hinweistatsachen beruhen.

Lediglich für den Einstandswillen steht der Behörde die Vermutungsregelung nach § 7 Abs. 3a SGB II zur Seite, wenn denn die Anknüpfungstatsachen für die Vermutung belegt sind.

So entschieden vom Bayerischen Landessozialgericht mit  Beschluss vom 29.09.2011, - L 7 AS 711/11 B ER -

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=146231&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=


Anmerkung: Landessozialgericht NRW, 08.06.2011- L 12 AS 201/11 B ER -

Können Observationsberichte des Aussendienstes gegen Hartz IV Empfänger verwendet werden?

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/06/konnen-obsevationsberichte-des.html

Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles

Kommentare

  1. Im europäischen Recht findet sich "Keine Strafe ohne Gesetz".
    Innerstaatlich 103 GG also auch keine "Belohnung" ohne Gesetz wegen Art. 3 GG!

    Aber vor allem Art 20 Absatz 3 GG (keine Handlung des Staates ohne Rechtsgrundlage!)

    Dafür gibt es sogar ausdrücklich den § 32 ZPO.

    Es ist dazu auch völlig egal, was das BSG fordert oder nicht,

    "Eine vorherige bestandskräftige Feststellung forderte das BSG gerade nicht."

    da das Gesetz selber hierzu die eindeutige bindende Vorschrift darstellt. Hübsche Meinungen des BSG ersetzen niemals den Gesetzgeber, solange wir noch Gewaltenteilung haben.

    Von dem 7. Senat war aber nichts anderes zu erwarten.

    AntwortenLöschen
  2. Nach diesem Grundsatz:

    "Da das Gesetz selber hierzu die eindeutige bindende Vorschrift darstellt, ersetzen niemals hübsche Meinungen des BSG den Gesetzgeber, solange wir noch Gewaltenteilung haben."

    rate ich derzeit den bedrängten Leistungsempfängern von Hartz IV hinsichtlich der sogenannten "Bettlägerigkeitsbescheinigung" trotz der Entscheidung des BSG eine Ignoranz dagegen an den Tag zu legen und auf die AU als legitimes Attest zu vertrauen.

    Aus den "Fachliche Hinweise SGB II" meint die BA hier ableiten zu können:

    http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01-Allgemein-Info/A015-Oeffentlichkeitsarbeit/Publikation/pdf/Gesetzestext-32-SGB-II-Meldeversaeumnisse.pdf

    dass unter Punkt "3. Beurteilung eines wichtigen Grundes" unter nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit [AU-Bescheinigung Rz. 32.9]
    "auch ein ärztliches Attest für die Unmöglichkeit des Erscheinens zu einem Meldetermin verlangt werden (kann) [vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 9.11.2010 - Az. B 4 AS 27/10 R - juris Rn. 32]."

    Das Urteil hat bisher in der Gesetzgebung den Bundestag nicht passiert. Oder liege ich da inzwischen etwa falsch?

    Gruß
    niewtor

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint