Armen Haushalten droht dunkler Winter - Durch die Sperrung der Stromversorgung ist ein menschenwürdiges Dasein in Sinne von Art 1 GG nicht mehr möglich
Die Übernahme von wiederholten Stromschulden ist nicht im Sinne von § 22 Abs. 8 S. 2 SGB II gerechtfertigt, wenn zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten nicht - ausgeschöpft worden sind.
So die Rechtsauffassung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.10.2012, - L 12 AS 1442/12 B ER.
Der Hartz IV - Empfängerin war und ist es zumutbar, sich um andere Stromanbieter zu bemühen, da sie einen Stromanbieterwechsel offensichtlich bereits einmal vorgenommen hat.
Ebenfalls ist es ihr zumutbar, sich im Zivilrechtsweg gegen eine angekündigte oder ausgeübte Stromsperre zu wenden (LSG NRW Beschluss vom 20.08.2012 - L 2 AS 1415/12 B ER; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 08.08.2011 - L 5 AS 1097/11 B ER).
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2, alias D. Brock , freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:
Eine sehr bedenkliche Entscheidung, die anderen, zu diesem Thema ergangenen Gerichtsentscheidungen zuwiderläuft.
Die Schulden führen regelmäßig zu negativen Schufa Einträgen, was den Abschluss eines neuen Vertrags oft verhindert. Hier wird der Leistungsbezieher mit dem Risiko, einen Zivilprozess mit ungewissem Ausgang führen zu müssen, belastet.
Ein Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende darf bei drohender Stromsperre nicht ausnahmslos vorrangig auf die Inanspruchnahme zivilrechtlichen Rechtsschutzes verwiesen werden, so die Rechtsauffassung anderer Gerichte und Kommentierung zu diesem Thema (Beispielhaft sei genannt:
LSG NRW, Beschluss vom 18.07.2012,- L 7 AS 1256/12 B ER ; Berlit in LPK-SGB II, Kommentar zum SGB II, 4. Auflage 2011, § 22 Rn. 194 ).
Der Leistungsträger muss den Leistungsempfänger regelmäßig flankierend bei seinen Selbsthilfemaßnahmen beraten bzw. unterstützen (so LSG NRW Beschluss vom 18.07.2012 - L 7 AS 1256/12 B ER; Beschluss vom 22.02.2012 - L 7 AS 1716/11 B; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 13.03.2012 - L 2 AS 477/11 B ER; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 14.09.2012 - L 18 AS 2308/12 B ER).
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II muss ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen.
Daraus folgt jedoch nicht, dass der Leistungsberechtigte hinsichtlich rückständiger Energiekosten stets auf zivilgerichtlichen Eilrechtsschutz verwiesen werden darf.
Denn nach der Rechtsauffassung mehrerer Zivilgerichte ist der Energieversorgungsträger zu einer Wiederaufnahme der unterbrochenen Energieversorgung erst dann verpflichtet, wenn zuvor die gesamten rückständigen Energiekosten getilgt worden sind (vgl. zur zivilrechtlichen Rechtslage Gotzen, ZfF 2007, S. 248, 249 f.).
Bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche auf ein Darlehen zur Tilgung von Energieschulden im Sinne von § 22 Abs. 8 SGB II sind wir Ihnen gerne anwaltlich behilflich.
Der Beitrag wurde erstellt vom Sozialberater D. Brock
Es wurde vergessen zu erwähnen, dass es sich bei der Entscheidung, um einen Einzelfall handelt, der nicht übertragbar ist auf andere Fälle. Es sollten zum dritten Mal Rückstände übernommen werden.
AntwortenLöschenDarum schrieb ich " ... von wiederholten Stromschulden..."
AntwortenLöschenHier begehrte die Antragstellerin in Folge zum 3. Mal die Übernahme ihrer Stromschulden, das Gericht verweist auf - Selbsthilfe hat Morrang!
Nach meiner Meinung verkennt das Gericht hier, dass der Energieversorger zur Weiterversorgung erst dann verpflichtet ist, wenn zuvor die gesamten rückständigen Energiekosten getilgt worden sind.Andere Gründe, warum diese entscheidung anderen Gerichtsentscheidungen zuwider läuft, nannte ich schon.
Unbedingt erwähnenswert sollte sein, dass nach der Rechtsprechung des BSG zur Übernahme von Schulden im Sinne von § 22 Abs.8 S. 2 SGB II gilt.
Allerdings trete wirtschaftlich unvernünftiges und vorwerfbares Handeln eines Leistungsempfängers, dass die drohende Wohnungslosigkeit mit verursacht haben möge, in den Fällen des § 22 Abs. 8 S. 2 SGB II regelmäßig zurück.
Sozialberater D. Brock
Wenn sie die Entscheidung richtig lesen, so konnte das Gericht in diesem Einzelfall nicht anders entscheiden, weil die HE es darauf angelegt hat, dass das Jobcenter die Rückstände übernimmt.
AntwortenLöschenSehe ich ähnlich wie Anonym...
AntwortenLöschender Gesetzestext sagt zwar ausdrücklich:
"soll übernommen werden"
aber auch
"wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist".
Und ob eine mehrmalige Stromnichtzahlung, wie in diesem Falle, ein weiteres Darlehn rechtfertigt, möchte ich bezweifeln.
Da wäre ja Anarchie Haus und Hof geöffnet... :-)