Jobcenter Märkischer Kreis leht Erstausstattung der Wohnung ab, weil die notwendigen Anschaffungen aus einer Nebentätigkeit selbst erwirtschaftet werden können.Eindeutig rechtswidrig, denn Hartz IV - Empfänger haben Rechtsanspruch nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB II
Jobcenter Märkischer Kreis fordert Verzicht auf Rechtsanspruch bei Erstausstattung
Dortmund: Sozialgericht Dortmund | Ein weiteres Beispiel für offene Rechtsverletzung wurde vor dem Sozialgericht Dortmund in einem Erörterungstermin abgeurteilt.
Obwohl § 24 (3) SGB II ausdrücklich feststellt, dass Bedarfe für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind, versuchte ein Mitarbeiter der Widerspruchstelle eine allein erziehenden Mutter aus Iserlohn, um gesetzlich zustehende Leistungen zu prellen.
Mehr als ein Jahr musste sie auf ihr Geld warten.
Die Widerspruchstelle des Jobcenter Märkischer Kreis hatte die Leistungsverweigerung mit der Behauptung begründet, sie könne die notwendigen Anschaffungen aus einer Nebentätigkeit selbst erwirtschaften. Immerhin verdiene sie 50,00 € im Monat. Innerhalb von 6 Monaten könne sie so ihre Wohnungseinrichtung komplettieren.
In dem Widerspruchsbescheid heißt es wörtlich:
„Zwar mag es sich bei den übrigen Gegenständen um eine Erstausstattung der Wohnung i.S.d. § 24 III SGB II handeln. Jedoch kann die Widerspruchsführerin den Bedarf aus eigenen Mitteln decken.
Denn sie verfügt über ein monatliches Einkommen in Höhe von € 50,00. Eine Anrechnung dieses Einkommens auf die ihr oder ihren Kindern zustehenden Leistungen findet nicht statt.
weiterlesen hier: http://www.lokalkompass.de/dortmund-city/ratgeber/jobcenter-maerkischer-kreis-fordert-verzicht-auf-rechtsanspruch-bei-erstausstattung-d215861.html
SG Dortmund, v. 18.07.2012,- S 58 AS 4686/11-
„Das Gericht ist davon überzeugt, dass ein Verweis auf gegebenenfalls vorhandenes Einkommen, wie vom Jobcenter im Widerspruchsbescheid vorgenommen, nicht mit dem Gesetzestext im Einklang zu bringen ist.
Vor dem Hintergrund von § 24 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB II ergibt sich, dass eine Einkommensberücksichtigung nur für den Fall möglich erscheint, in demjemand mit Ausnahme des Anspruchs auf Erstausstattung der Wohnung nicht imLeistungsbezug der Behörde steht, also seinen Bedarf mit Ausnahme der Erstausstattungder Wohnung selber deckt."
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2,freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:
Versucht man hier Hilfebedürftige nach dem SGB II um ihren Rechtsanspruch zu prellen? Für so eine Frage muss das Gericht angerufen werden,obwohl die Gesetzeslage doch eindeutig ist.
Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II a. F. bzw. nach dem gleichlautenden § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind Leistungen für Erstausstattung für die Wohnung einschließlich der Haushaltsgeräte nicht von der Regeleistung umfasst. Dabei handelt es sich nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei dem Anspruch auf Erstausstattung um eine bedarfsbezogene Leistung (vgl. BSG Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 36/09, Rn 16).
Im Widerspruchsbescheid des Jobcenters vom 20.10.2011 wird folgendes angeführt:
" Da die Widerspruchs-führerin mit ihrem Einkommen von € 50,00 monatlich in der Lage ist, sich alle zwei Monate zumindesteinen der fehlenden Gegenständ zu besorgen, ist die Berücksichtigung des frei verfügbaren Einkom-mens über einen Zeitraum von sechs Monaten als angemessen anzusehen.
Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem getrennt lebenden Ehemann zwar die in Rede ste-hende Gegenstände zustehen, aber ein ernsthaftes Herausgabeverlangen bisher fehlt. Damit hat die Widerspruchsführerin auch tatsächlich die Möglichkeit, sich die entsprechenden Sachen zeitlich ge-streckt anzuschaffen."
Dazu möchte ich anmerken folgendes anmerken:
Handelt es sich um den Sonderfall der Erstausstattung einer Wohnung nach Trennung aus einem bereits bestehenden Haushalt, so liegt es auf der Hand, dass sich der Antragsteller zunächst vor der Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstausstattung einer Wohnung bei dem Leistungsträger nach dem SGB II zunächst selbst um eine Teilung des vorhandenen Hausrats sich zu bemühen hat.
Diese Obliegenheit folgt aus § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Erst danach ist es wegen des Nachranggrundsatzes (vgl. §§ 3 Abs. 3, 9 Abs. 1 SGB II) gerechtfertigt, dass der Leistungsträger Leistungen aus den allgemeinen Steuermitteln zu Gunsten eines Hilfesuchenden erbringt.
Diese Pflicht zur Selbsthilfe schließt auch ein, dass der Antragsteller zur Durchsetzung seiner zivilrechtlicher Ansprüche nötigenfalls gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nimmt (vgl. Berlit in: LPK – SGB II, § 2 Rdn. 17; SG Oldenburg,Beschluss v. 12.01.2006.- S 47 AS 1027/05 ER).
Trotzdem ist das Verhalten des Jobcenters eindeutig rechtswidrig, denn nach der neusten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt:
Der Leistungsausschluss in der Existenzsicherung bedarf auch im Hinblick auf den Bedarfdeckungsgrundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens.
Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgt (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; vgl auch BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 5).
Auch die in § 2 SGB II geregelte Pflicht zur Eigenaktivität begründet keinen eigenständigen Leistungsausschlusstatbestand(BSG v. 27.09.2011 - B 4 AS 202/10 R,Rz.20).
Etwaige Verschuldensgesichtspunkte und Fragen nach den Ursachen der Hilfebedürftigkeit sind allerdings nicht bereits bei der Feststellung des Bedarfs und des Anspruchs zu berücksichtigen, weil bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ausschließlich auf die gegenwärtige Lage und auf Umstände der Vergangenheit nur insoweit abzustellen ist, als sie eindeutige Erkenntnisse über die aktuelle Lage ermöglichen (BSG v. 27.09.2011 - B 4 AS 202/10 R,Rz.22).
Dortmund: Sozialgericht Dortmund | Ein weiteres Beispiel für offene Rechtsverletzung wurde vor dem Sozialgericht Dortmund in einem Erörterungstermin abgeurteilt.
Obwohl § 24 (3) SGB II ausdrücklich feststellt, dass Bedarfe für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind, versuchte ein Mitarbeiter der Widerspruchstelle eine allein erziehenden Mutter aus Iserlohn, um gesetzlich zustehende Leistungen zu prellen.
Mehr als ein Jahr musste sie auf ihr Geld warten.
Die Widerspruchstelle des Jobcenter Märkischer Kreis hatte die Leistungsverweigerung mit der Behauptung begründet, sie könne die notwendigen Anschaffungen aus einer Nebentätigkeit selbst erwirtschaften. Immerhin verdiene sie 50,00 € im Monat. Innerhalb von 6 Monaten könne sie so ihre Wohnungseinrichtung komplettieren.
In dem Widerspruchsbescheid heißt es wörtlich:
„Zwar mag es sich bei den übrigen Gegenständen um eine Erstausstattung der Wohnung i.S.d. § 24 III SGB II handeln. Jedoch kann die Widerspruchsführerin den Bedarf aus eigenen Mitteln decken.
Denn sie verfügt über ein monatliches Einkommen in Höhe von € 50,00. Eine Anrechnung dieses Einkommens auf die ihr oder ihren Kindern zustehenden Leistungen findet nicht statt.
weiterlesen hier: http://www.lokalkompass.de/dortmund-city/ratgeber/jobcenter-maerkischer-kreis-fordert-verzicht-auf-rechtsanspruch-bei-erstausstattung-d215861.html
SG Dortmund, v. 18.07.2012,- S 58 AS 4686/11-
„Das Gericht ist davon überzeugt, dass ein Verweis auf gegebenenfalls vorhandenes Einkommen, wie vom Jobcenter im Widerspruchsbescheid vorgenommen, nicht mit dem Gesetzestext im Einklang zu bringen ist.
Vor dem Hintergrund von § 24 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB II ergibt sich, dass eine Einkommensberücksichtigung nur für den Fall möglich erscheint, in demjemand mit Ausnahme des Anspruchs auf Erstausstattung der Wohnung nicht imLeistungsbezug der Behörde steht, also seinen Bedarf mit Ausnahme der Erstausstattungder Wohnung selber deckt."
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2,freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:
Versucht man hier Hilfebedürftige nach dem SGB II um ihren Rechtsanspruch zu prellen? Für so eine Frage muss das Gericht angerufen werden,obwohl die Gesetzeslage doch eindeutig ist.
Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II a. F. bzw. nach dem gleichlautenden § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind Leistungen für Erstausstattung für die Wohnung einschließlich der Haushaltsgeräte nicht von der Regeleistung umfasst. Dabei handelt es sich nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei dem Anspruch auf Erstausstattung um eine bedarfsbezogene Leistung (vgl. BSG Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 36/09, Rn 16).
Im Widerspruchsbescheid des Jobcenters vom 20.10.2011 wird folgendes angeführt:
" Da die Widerspruchs-führerin mit ihrem Einkommen von € 50,00 monatlich in der Lage ist, sich alle zwei Monate zumindesteinen der fehlenden Gegenständ zu besorgen, ist die Berücksichtigung des frei verfügbaren Einkom-mens über einen Zeitraum von sechs Monaten als angemessen anzusehen.
Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem getrennt lebenden Ehemann zwar die in Rede ste-hende Gegenstände zustehen, aber ein ernsthaftes Herausgabeverlangen bisher fehlt. Damit hat die Widerspruchsführerin auch tatsächlich die Möglichkeit, sich die entsprechenden Sachen zeitlich ge-streckt anzuschaffen."
Dazu möchte ich anmerken folgendes anmerken:
Handelt es sich um den Sonderfall der Erstausstattung einer Wohnung nach Trennung aus einem bereits bestehenden Haushalt, so liegt es auf der Hand, dass sich der Antragsteller zunächst vor der Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstausstattung einer Wohnung bei dem Leistungsträger nach dem SGB II zunächst selbst um eine Teilung des vorhandenen Hausrats sich zu bemühen hat.
Diese Obliegenheit folgt aus § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Erst danach ist es wegen des Nachranggrundsatzes (vgl. §§ 3 Abs. 3, 9 Abs. 1 SGB II) gerechtfertigt, dass der Leistungsträger Leistungen aus den allgemeinen Steuermitteln zu Gunsten eines Hilfesuchenden erbringt.
Diese Pflicht zur Selbsthilfe schließt auch ein, dass der Antragsteller zur Durchsetzung seiner zivilrechtlicher Ansprüche nötigenfalls gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nimmt (vgl. Berlit in: LPK – SGB II, § 2 Rdn. 17; SG Oldenburg,Beschluss v. 12.01.2006.- S 47 AS 1027/05 ER).
Trotzdem ist das Verhalten des Jobcenters eindeutig rechtswidrig, denn nach der neusten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt:
Der Leistungsausschluss in der Existenzsicherung bedarf auch im Hinblick auf den Bedarfdeckungsgrundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens.
Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgt (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; vgl auch BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 5).
Auch die in § 2 SGB II geregelte Pflicht zur Eigenaktivität begründet keinen eigenständigen Leistungsausschlusstatbestand(BSG v. 27.09.2011 - B 4 AS 202/10 R,Rz.20).
Etwaige Verschuldensgesichtspunkte und Fragen nach den Ursachen der Hilfebedürftigkeit sind allerdings nicht bereits bei der Feststellung des Bedarfs und des Anspruchs zu berücksichtigen, weil bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit ausschließlich auf die gegenwärtige Lage und auf Umstände der Vergangenheit nur insoweit abzustellen ist, als sie eindeutige Erkenntnisse über die aktuelle Lage ermöglichen (BSG v. 27.09.2011 - B 4 AS 202/10 R,Rz.22).
Wieder ein plastisches Beispiel dafür, daß wir dringend eine (echte und nicht nur theoretische) Strafbarkeit der Gesetzesbrecher brauchen, welche in öffentlichen Diensten stehen oder mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut sind.
AntwortenLöschenAber ich fürchte, das wird niemand von uns erleben...