1. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.08.2012,- L 20 SO 302/11 , Revision anhängig beim BSG unter dem Az. B 8 SO 27/12 R
Leitsatz:
Das Nachlassvermögen des Verstorbenen kann im Rahmen der Einsatzpflicht bei § 74 SGB XII nicht mit den auf dem Girokonto vorhandenen Nachlassschulden verrechnet werden.
Die Übernahme von Schulden ist nicht Aufgabe der Sozialhilfe (vgl. zu einem vergleichbaren Fall Sozialgericht Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 19.01.2010 - S 1 SO 5729/08 Rn. 19; Berlit in LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 74 Rn. 8; vgl. auch - in anderem Zusammenhang - BVerwG, Urteil v. 13.01.1983 - 5 C 114/81 Rn. 10 f.).
Gegen eine Möglichkeit der Verrechnung von Nachlassschulden mit in den Nachlass fallenden Einkünften spricht im Übrigen auch die parallele Bewertung bei der Berücksichtigung von Einkünften, die auf ein im Soll stehendes Girokonto fließen.
Denn solche Einkünfte werden als einzusetzendes Einkommen i.S.v. 82 Abs. 1 SGB XII bzw. § 11 Abs. 1 SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende angesehen (vgl. insb. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2011 - L 13 AS 628/11 ER-B Rn. 5 f. m.w.N.; BSG, Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R Rn. 25 mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 19.02.2001 - 5 C 4/00 Rn. 10 f.; Berlit in LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 82 Rn. 39); eine Verrechnung mit Schulden des Kontoinhabers findet auch in diesem Zusammenhang nicht statt.
Für die zur Bestattung Verpflichteten ist es zumutbar ,den Nachlass ,sofern nötig in voller Höhe,vorrangig zur Begleichung der angefallenen Bestattungskosten zu verwenden(vgl. Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Loseblatt, § 74 Rn. 11; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 74 Rn. 12; Berlit in LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 74 Rn. 8 - jeweils m.w.N.; Gotzen, Alea iacta est - das Urteil des BSG vom 29.09.2009 - B 8 SO 23/08 R - zu § 74 SGB XII, ZfF 2010 S. 25 ff. (25)).
Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 25.08.2011 - B 8 SO 20/10 R (Rn. 26); danach ist eine Erbschaft grundsätzlich nicht privilegiertes Vermögen und damit in vollem Umfang für die Bestattungskosten einzusetzen, es sei denn, einzelne Teile der Erbschaft sind als einer der Tatbestände des § 90 Abs. 2 SGB XII privilegiert.
2. Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 31.08.2012, - S 1 SO 1200/12
Leitsatz:
Keine Übernahme von Bestattungskosten aus Mitteln der Sozialhilfe bei nur sittlicher oder moralischer Verpflichtung des Hilfesuchenden in Bezug auf die Durchführung der Bestattung eines Dritten.
Die Pflicht zur Übernahme der Bestattungskosten kann sich dabei aus erbrechtlichen (§ 1968 des Bürgerlichen Gesetzbuches )BGB)), aus familienrechtlichen (§ 1615 Abs. 2, 1360 a Abs. 3, 1361 Abs. 4 und 1615 m BGB), ferner aus bestattungsrechtlichen Vorschriften in den landesrechtlichen Bestattungsgesetzen - hier: §§ 31 Abs. 1, 21 Absätze 1 und 3 BestattG - ergeben (vgl. BSG, FEVS 61, 337 ff und BSGE 109, 61 ff; BVerwGE 114, 57, 58 ff und 116, 287, 289, sowie Berlit in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 74, Rdnr. 4 ).
Darüber hinaus kann sich die Pflicht zur Übernahme der Bestattungskosten auch aus einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Verstorbenen ergeben.
Anmerkung dazu : Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil v. 25.03.2012,- L 7 SO 4476/08
Der Anspruch auf Kostenübernahme gemäß § 74 SGB XII steht nicht dem Verstorbenen, sondern demjenigen zu, der verpflichtet ist, die Bestattungskosten zu tragen.
Rechtstipps zu der Frage: " Wer ist Verpflichteter nach § 74 SGB XII " ?
Wer Verpflichteter nach § 74 SGB XII ist, ergibt sich aus dieser Norm selbst indes nicht. Die Verpflichtung, die Kosten einer Beerdigung zu tragen, wird in § 74 SGB XII nicht näher umschrieben oder definiert, sondern als anderweitig begründet vorausgesetzt (vgl. BSG, FEVS 61, 337 und LSG Sachsen-Anhalt vom 22.02.2012 - L 8 SO 24/11 B).
Nach allgemeiner Auffassung ist "Verpflichteter" im Sinne dieser Bestimmung nicht schon derjenige, wer als Bestattungsberechtigter oder -verpflichteter oder allein aus sittlicher Verpflichtung oder sonst "freiwillig" in Durchführung einer Bestattung Kostenverpflichtungen eingeht (vgl. BVerwG, Buchholz 436.0 § 15 BSHG Nr. 5; LSG Berlin-Brandenburg vom 25.03.2010 - L 15 SO 305/08 -; SG Oldenburg vom 02.12.2011 - S 21 SO 231/09 -; Berlit in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 74, Rdnr. 3; Grube in Grube/Wahrendorf SGB XII, 4. Auflage 2012, § 74, Rdnr. 11 sowie Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 74, Rdnr. 4).
Grundvoraussetzung für eine Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger gemäß § 74 SGB XII ist vielmehr, dass der Pflichtige den mit der Durchführung der Bestattung verbundenen Kostenverpflichtungen von vornherein nicht ausweichen kann, weil sie ihn rechtlich notwendig treffen (BVerwGE 116, 287 ff; 120, 111, 113 f. und BVerwG, Buchholz 436.0 § 15 BSHG Nr. 5; ferner LSG Baden-Württemberg vom 25.03.2012 - L 7 SO 4476/08 ; LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.07.2009 - L 12 SO 10/08 - m.w.N.;LSG Sachsen-Anhalt vom 22.02.2012 - L 8 SO 24/11 B).
Nur wenn eine derartige Rechtspflicht besteht, können die aus der Befolgung einer solchen Pflicht resultierenden Verbindlichkeiten privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur übernahmefähige Kosten i.S. des § 74 SGB XII sein (vgl. LSG Sachsen-Anhalt vom 22.02.2012 - L 8 SO 24/11 B).
Hinweis zu anhängigen Rechtsfragen des Bundessozialgerichts:
LSG Schleswig-Holstein: Urteil vom 09.03.2011 - L 9 SO 19/09 Leitsätze:
1. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Begleichung der erforderlichen Bestattungskosten gem. § 74 SGB XII durch d. Verpflichtete/n ist auch das Einkommen des Ehegatten zu berücksichtigen. (amtlicher Leitsatz)
2. Es ist jeweils eine Einzelfallbetrachtung der wirtschaftlichen Situation geboten. (amtlicher Leitsatz)
3. Keine analoge Anwendung des § 87 Abs. 3 SGB XII ; denn bei Bestattungskosten handelt es sich nicht um einmalige Leistungen zur Beschaffung von Bedarfsgegenständen.
Leitsatz:
Das Nachlassvermögen des Verstorbenen kann im Rahmen der Einsatzpflicht bei § 74 SGB XII nicht mit den auf dem Girokonto vorhandenen Nachlassschulden verrechnet werden.
Die Übernahme von Schulden ist nicht Aufgabe der Sozialhilfe (vgl. zu einem vergleichbaren Fall Sozialgericht Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 19.01.2010 - S 1 SO 5729/08 Rn. 19; Berlit in LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 74 Rn. 8; vgl. auch - in anderem Zusammenhang - BVerwG, Urteil v. 13.01.1983 - 5 C 114/81 Rn. 10 f.).
Gegen eine Möglichkeit der Verrechnung von Nachlassschulden mit in den Nachlass fallenden Einkünften spricht im Übrigen auch die parallele Bewertung bei der Berücksichtigung von Einkünften, die auf ein im Soll stehendes Girokonto fließen.
Denn solche Einkünfte werden als einzusetzendes Einkommen i.S.v. 82 Abs. 1 SGB XII bzw. § 11 Abs. 1 SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende angesehen (vgl. insb. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2011 - L 13 AS 628/11 ER-B Rn. 5 f. m.w.N.; BSG, Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R Rn. 25 mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 19.02.2001 - 5 C 4/00 Rn. 10 f.; Berlit in LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 82 Rn. 39); eine Verrechnung mit Schulden des Kontoinhabers findet auch in diesem Zusammenhang nicht statt.
Für die zur Bestattung Verpflichteten ist es zumutbar ,den Nachlass ,sofern nötig in voller Höhe,vorrangig zur Begleichung der angefallenen Bestattungskosten zu verwenden(vgl. Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Loseblatt, § 74 Rn. 11; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 74 Rn. 12; Berlit in LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 74 Rn. 8 - jeweils m.w.N.; Gotzen, Alea iacta est - das Urteil des BSG vom 29.09.2009 - B 8 SO 23/08 R - zu § 74 SGB XII, ZfF 2010 S. 25 ff. (25)).
Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 25.08.2011 - B 8 SO 20/10 R (Rn. 26); danach ist eine Erbschaft grundsätzlich nicht privilegiertes Vermögen und damit in vollem Umfang für die Bestattungskosten einzusetzen, es sei denn, einzelne Teile der Erbschaft sind als einer der Tatbestände des § 90 Abs. 2 SGB XII privilegiert.
2. Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 31.08.2012, - S 1 SO 1200/12
Leitsatz:
Keine Übernahme von Bestattungskosten aus Mitteln der Sozialhilfe bei nur sittlicher oder moralischer Verpflichtung des Hilfesuchenden in Bezug auf die Durchführung der Bestattung eines Dritten.
Die Pflicht zur Übernahme der Bestattungskosten kann sich dabei aus erbrechtlichen (§ 1968 des Bürgerlichen Gesetzbuches )BGB)), aus familienrechtlichen (§ 1615 Abs. 2, 1360 a Abs. 3, 1361 Abs. 4 und 1615 m BGB), ferner aus bestattungsrechtlichen Vorschriften in den landesrechtlichen Bestattungsgesetzen - hier: §§ 31 Abs. 1, 21 Absätze 1 und 3 BestattG - ergeben (vgl. BSG, FEVS 61, 337 ff und BSGE 109, 61 ff; BVerwGE 114, 57, 58 ff und 116, 287, 289, sowie Berlit in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 74, Rdnr. 4 ).
Darüber hinaus kann sich die Pflicht zur Übernahme der Bestattungskosten auch aus einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Verstorbenen ergeben.
Anmerkung dazu : Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil v. 25.03.2012,- L 7 SO 4476/08
Der Anspruch auf Kostenübernahme gemäß § 74 SGB XII steht nicht dem Verstorbenen, sondern demjenigen zu, der verpflichtet ist, die Bestattungskosten zu tragen.
Rechtstipps zu der Frage: " Wer ist Verpflichteter nach § 74 SGB XII " ?
Wer Verpflichteter nach § 74 SGB XII ist, ergibt sich aus dieser Norm selbst indes nicht. Die Verpflichtung, die Kosten einer Beerdigung zu tragen, wird in § 74 SGB XII nicht näher umschrieben oder definiert, sondern als anderweitig begründet vorausgesetzt (vgl. BSG, FEVS 61, 337 und LSG Sachsen-Anhalt vom 22.02.2012 - L 8 SO 24/11 B).
Nach allgemeiner Auffassung ist "Verpflichteter" im Sinne dieser Bestimmung nicht schon derjenige, wer als Bestattungsberechtigter oder -verpflichteter oder allein aus sittlicher Verpflichtung oder sonst "freiwillig" in Durchführung einer Bestattung Kostenverpflichtungen eingeht (vgl. BVerwG, Buchholz 436.0 § 15 BSHG Nr. 5; LSG Berlin-Brandenburg vom 25.03.2010 - L 15 SO 305/08 -; SG Oldenburg vom 02.12.2011 - S 21 SO 231/09 -; Berlit in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 74, Rdnr. 3; Grube in Grube/Wahrendorf SGB XII, 4. Auflage 2012, § 74, Rdnr. 11 sowie Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 74, Rdnr. 4).
Grundvoraussetzung für eine Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger gemäß § 74 SGB XII ist vielmehr, dass der Pflichtige den mit der Durchführung der Bestattung verbundenen Kostenverpflichtungen von vornherein nicht ausweichen kann, weil sie ihn rechtlich notwendig treffen (BVerwGE 116, 287 ff; 120, 111, 113 f. und BVerwG, Buchholz 436.0 § 15 BSHG Nr. 5; ferner LSG Baden-Württemberg vom 25.03.2012 - L 7 SO 4476/08 ; LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.07.2009 - L 12 SO 10/08 - m.w.N.;LSG Sachsen-Anhalt vom 22.02.2012 - L 8 SO 24/11 B).
Nur wenn eine derartige Rechtspflicht besteht, können die aus der Befolgung einer solchen Pflicht resultierenden Verbindlichkeiten privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur übernahmefähige Kosten i.S. des § 74 SGB XII sein (vgl. LSG Sachsen-Anhalt vom 22.02.2012 - L 8 SO 24/11 B).
Hinweis zu anhängigen Rechtsfragen des Bundessozialgerichts:
Sind im Rahmen der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Bestattungsverpflichteten, also der Bedürftigkeit, die für die Bestattungskostenübernahme gem § 74 SGB 12 spezifischen Zumutbarkeitsgesichtspunkte zu berücksichtigen?
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Ist im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung nach § 74 SGB 12 Einkommen von insgesamt 4 Monaten bei der Berechnung des Einkommensüberhangs gem § 87 SGB 12 zu berücksichtigen?
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2. Es ist jeweils eine Einzelfallbetrachtung der wirtschaftlichen Situation geboten. (amtlicher Leitsatz)
3. Keine analoge Anwendung des § 87 Abs. 3 SGB XII ; denn bei Bestattungskosten handelt es sich nicht um einmalige Leistungen zur Beschaffung von Bedarfsgegenständen.
Aber Hinzuziehung des in § 87 Abs. 3 SGB XII zum Ausdruck kommenden Gedankens des Gesetzgebers dahingehend, dass sich der Einkommenseinsatz nicht lediglich an dem Einkommen orientiert, das im Monat des Entstehens der Zahlungsverpflichtung für die Bestattungskosten erzielt wurde, sondern darüber hinaus innerhalb eines Zeitraums von weiteren drei Monaten. (amtlicher Leitsatz)
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