Mietkostenübernahme bei Inhaftierung - Mietschulden - soziale Schwierigkeiten , die der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft entgegenstehen(§ 1 Abs. 3 VO).
§§ 19, 27 Abs. 1 und 29 SGB XII, §§ 34,67 SGB XII, § 5 Abs. 2 SGB II
Sozialgericht Duisburg Urteil vom 02.05.2011, - S 16 SO 94/09 -
Ein Anspruch auf Übernahme der rückständigen Miete nach §§ 19, 29 oder 34 Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch (SGB XII) für die Zeit nach der Haftentlassung scheidet bereits deshalb aus, weil der Hilfebedürftige (HB) sich ab Haftentlassung wieder in seiner Wohnung befunden hat.
Er hatte daher als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger gegenüber dem Job Center einen nach § 5 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) gegenüber dem SGB XII vorrangigen Anspruch auf Alg II und damit auch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft.
Die §§ 19, 27 Abs. 1 und 29 Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch (SGB XII; Hilfe zum Lebensunterhalt) kommen für die zum Zeitpunkt der Antragstellung fälligen und die zukünftigen Mieten als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht.
Der Anspruch ist jedoch nicht bereits wegen § 5 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen (so aber: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.05.2010, Az: L 23 SO 46/10 B ER), denn nach § 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB II erhält derjenige erwerbsfähige Hilfebedürftige gerade keine Leistungen nach dem SGB II, der sich in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befindet. Aus diesem Grund regelt das SGB XII in § 98 Abs. 4 SGB XII auch, welcher Sozialhilfeträger Leistungen nach dem SGB XII an Personen zu erbringen hat, die sich in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befinden (vgl. Wahrendorf, in: Grube/ Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 3. Aufl. § 98 Rn. 31).
Personen, die sich in einer entsprechenden Einrichtung befinden, sind daher dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB XII, soweit ein entsprechender Bedarf besteht. Vorliegend besteht ein solcher Bedarf gerade nicht, denn der Bedarf an Unterkunft ist dadurch sichergestellt worden, dass er sich in U-Haft befand. Die streitigen Unterkunftskosten dienen damit nicht dem aktuellen Bedarf an einer Wohnung, sondern vielmehr der Erhaltung dieser Wohnung bis zum Zeitpunkt seiner Entlassung aus der Haft. Damit gehören die Kosten der Unterkunft aber nicht zum gegenwärtigen Bedarf des Klägers an Hilfe zum Lebensunterhalt (ebenso: SG Münster, Beschluss vom 02.05.2005, Az: S 12 SO 31/05 ER und SG Duisburg, Urteil vom 06.08.2008, Az: S 16 (35) SO 2/06).
Auch § 67 SGB XII scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Der HB gehört nicht zum Personenkreis der nach § 67 SGB XII Leitungsberechtigten (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.05.2010, Az: L 23 SO 46/10 B ER). Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Hieraus ergibt sich ein Rechtsanspruch und nicht nur ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (vgl. Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl., § 67 Rz 4). Der unbestimmte Rechtsbegriff der besonderen Lebensverhältnisse wird in § 1 Abs. 2 der Verordnung zu § 69 SGB XII - Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten - (VO) anhand der dort genannten Beispiele konkretisiert. Danach bestehen besondere Lebensverhältnisse bei Personen, die aus einer geschlossenen Einrichtung entlassen werden. Dies betrifft auch die Entlassung aus der Haft. Dem Inhaftierten kann Obdachlosigkeit drohen, wenn er nicht in seine Wohnung zurückkehren kann. Insoweit ist die Hilfe zur Erhaltung der Wohnung (§ 4 VO) auch präventiv, weil sie im Hinblick auf eine bevorstehende, konkret abzusehende Entlassung erforderlich ist (vgl. Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 17.09.2009, Az: L 18 SO 111/09 B ER).
Der HB gehört jedoch nicht zu den Personen, bei denen im Sinne von § 1 Abs. 3 VO besondere soziale Schwierigkeiten der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft entgegenstehen. Nach § 1 Abs. 3 VO liegen soziale Schwierigkeiten dann vor, wenn ein Leben in der Gemeinschaft durch ausgrenzendes Verhalten des Hilfesuchenden oder eines Dritten wesentlich eingeschränkt ist, u.a. im Zusammenhang mit Straffälligkeit. Soziale Schwierigkeiten allein und damit Lebensschwierigkeiten allgemeiner Art reichen nicht aus. Die sozialen Schwierigkeiten müssen vielmehr von einer solchen Intensität sein, dass dem Betroffenen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft nicht nur vorübergehend entweder nicht oder nur erheblich eingeschränkt möglich ist (Schoenfeld in: Grube/ Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 2. Aufl. § 67 Rn. 10 m.w.N.).
Eine wesentliche Teilhabeeinschränkung in diesem Sinne ist weder dargetan noch sonst erkennbar. Der HB ist zwar straffällig geworden, dies führte jedoch nach Ende der U-Haft nicht zu einer Teilhabeeinschränkung durch sein oder das Verhalten Dritter. Hiervon wäre erst dann auszugehen, wenn dem Kläger z. B. nach Verbüßung einer mehrjährigen Freiheitsstrafe die ungewohnte eigenverantwortliche Lebensführung tief greifende Probleme bereiten würde oder wenn die Art seines Vergehens zu einer dauerhaften gesellschaftlichen Ächtung mit entsprechenden Folgen führen würde. Derartige Probleme sind im Fall des HB nicht ersichtlich. Diese Entwicklung war während der U-Haft auch absehbar. Die Schwierigkeiten, bei bestehenden Mietschulden neuen Wohnraum anzumieten, sind Lebensschwierigkeiten allgemeiner Art, denen der allein stehende HB mithilfe des für ihn zuständigen Job Centers (etwa durch Mietübernahmeerklärungen gegenüber einem neuen Vermieter) oder mit der angebotenen Hilfe der Beklagten begegnen kann (vgl. zum Ganzen: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.05.2010, Az: L 23 SO 46/10 B ER).
34 Abs. 1 SGB XII ist vorliegend dem Grunde nach anzuwenden (ebenso: SG Münster, Beschluss vom 02.05.2005, Az: S 12 SO 31/05 ER). Wie bereits dargelegt, scheidet ein vorrangiger Anspruch nach dem SGB II aus. Ein Anspruch des HB auf Übernahme der Mietschulden nach § 34 Abs. 1 SGB XII besteht jedoch nicht. Nach dieser Vorschrift können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (Satz 1). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (Satz 2). Zum hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum der letzten mündlichen Verhandlung, war eine Übernahme nicht gerechtfertigt, denn die Wohnung stand dem Kläger zum einen auch nach seiner Haftentlassung noch zur Verfügung und musste durch die Übernahme der Mietschulden daher nicht gesichert werden. Zum anderen kann diese Unterkunft aktuell nicht mehr gesichert werden, denn das Mietverhältnis ist gekündigt und die Wohnung bereits anderweitig vermietet.
Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass es sich bei der Übernahme der Mietschulden nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII um eine Ermessensleistung der Beklagten handelt. Es steht daher in ihrem Ermessen zu bestimmen, ob und in welchem Umfang eine Übernahme der Miete erfolgt. Regelmäßig kann die Miete während der Dauer einer Haft übernommen werden, wenn eine Resthaftzeit von bis zu 6 Monaten zu verbüßen ist (SG Duisburg, Urteil vom 06.08.2008, Az: S 16 (35) SO 2/06). Es dürfte jedoch nicht zu beanstanden sein, wenn die Beklagte im vorliegenden Fall eine Rest-Haftdauer von 3 Monaten oder weniger verlangt. Insoweit hat eine Abwägung zwischen der Angemessenheit des Einsatzes öffentlicher Mittel mit dem Interesse des Einzelnen am Erhalt seiner Wohnung stattzufinden.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=143676&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung : Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 12.05.2011, - L 9 SO 105/10 -
Inhaftierte Hilfesuchende haben (nur) dann einen Anspruch auf Übernahme der Mietzinszahlungen gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII , wenn sie eine kurzzeitige Haftstrafe verbüßen (von unter einem Jahr; vgl. hierzu Beschluss des erkennenden Senats vom 19.05.2005, L 9 B 9/05 SO ER).
Die Konsequenz daraus ist allerdings, dass dann grundsätzlich eine andere Hilfeform (Auflösung der Wohnung und Einlagerung der persönlichen Sachen auf Kosten des Sozialhilfeträgers) gefunden werden muss (vgl. Blüggel in: jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2010, § 68 Rn. 25 m.N.).
Anmerkung : Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.04.2011, - L 14 AS 218/11 B ER -
Für einen Freigänger, dessen Haftentlassung nicht sicher abzusehen ist, sind Unterkunftskosten zur Erhaltung der Wohnung weder nach den Vorschriften des SGB II noch SGB XII zu übernehmen; Haftdauer ca. 10 Monate.
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Sozialgericht Duisburg Urteil vom 02.05.2011, - S 16 SO 94/09 -
Ein Anspruch auf Übernahme der rückständigen Miete nach §§ 19, 29 oder 34 Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch (SGB XII) für die Zeit nach der Haftentlassung scheidet bereits deshalb aus, weil der Hilfebedürftige (HB) sich ab Haftentlassung wieder in seiner Wohnung befunden hat.
Er hatte daher als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger gegenüber dem Job Center einen nach § 5 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) gegenüber dem SGB XII vorrangigen Anspruch auf Alg II und damit auch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft.
Die §§ 19, 27 Abs. 1 und 29 Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch (SGB XII; Hilfe zum Lebensunterhalt) kommen für die zum Zeitpunkt der Antragstellung fälligen und die zukünftigen Mieten als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht.
Der Anspruch ist jedoch nicht bereits wegen § 5 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen (so aber: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.05.2010, Az: L 23 SO 46/10 B ER), denn nach § 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB II erhält derjenige erwerbsfähige Hilfebedürftige gerade keine Leistungen nach dem SGB II, der sich in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befindet. Aus diesem Grund regelt das SGB XII in § 98 Abs. 4 SGB XII auch, welcher Sozialhilfeträger Leistungen nach dem SGB XII an Personen zu erbringen hat, die sich in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befinden (vgl. Wahrendorf, in: Grube/ Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 3. Aufl. § 98 Rn. 31).
Personen, die sich in einer entsprechenden Einrichtung befinden, sind daher dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB XII, soweit ein entsprechender Bedarf besteht. Vorliegend besteht ein solcher Bedarf gerade nicht, denn der Bedarf an Unterkunft ist dadurch sichergestellt worden, dass er sich in U-Haft befand. Die streitigen Unterkunftskosten dienen damit nicht dem aktuellen Bedarf an einer Wohnung, sondern vielmehr der Erhaltung dieser Wohnung bis zum Zeitpunkt seiner Entlassung aus der Haft. Damit gehören die Kosten der Unterkunft aber nicht zum gegenwärtigen Bedarf des Klägers an Hilfe zum Lebensunterhalt (ebenso: SG Münster, Beschluss vom 02.05.2005, Az: S 12 SO 31/05 ER und SG Duisburg, Urteil vom 06.08.2008, Az: S 16 (35) SO 2/06).
Auch § 67 SGB XII scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Der HB gehört nicht zum Personenkreis der nach § 67 SGB XII Leitungsberechtigten (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.05.2010, Az: L 23 SO 46/10 B ER). Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Hieraus ergibt sich ein Rechtsanspruch und nicht nur ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (vgl. Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl., § 67 Rz 4). Der unbestimmte Rechtsbegriff der besonderen Lebensverhältnisse wird in § 1 Abs. 2 der Verordnung zu § 69 SGB XII - Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten - (VO) anhand der dort genannten Beispiele konkretisiert. Danach bestehen besondere Lebensverhältnisse bei Personen, die aus einer geschlossenen Einrichtung entlassen werden. Dies betrifft auch die Entlassung aus der Haft. Dem Inhaftierten kann Obdachlosigkeit drohen, wenn er nicht in seine Wohnung zurückkehren kann. Insoweit ist die Hilfe zur Erhaltung der Wohnung (§ 4 VO) auch präventiv, weil sie im Hinblick auf eine bevorstehende, konkret abzusehende Entlassung erforderlich ist (vgl. Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 17.09.2009, Az: L 18 SO 111/09 B ER).
Der HB gehört jedoch nicht zu den Personen, bei denen im Sinne von § 1 Abs. 3 VO besondere soziale Schwierigkeiten der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft entgegenstehen. Nach § 1 Abs. 3 VO liegen soziale Schwierigkeiten dann vor, wenn ein Leben in der Gemeinschaft durch ausgrenzendes Verhalten des Hilfesuchenden oder eines Dritten wesentlich eingeschränkt ist, u.a. im Zusammenhang mit Straffälligkeit. Soziale Schwierigkeiten allein und damit Lebensschwierigkeiten allgemeiner Art reichen nicht aus. Die sozialen Schwierigkeiten müssen vielmehr von einer solchen Intensität sein, dass dem Betroffenen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft nicht nur vorübergehend entweder nicht oder nur erheblich eingeschränkt möglich ist (Schoenfeld in: Grube/ Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 2. Aufl. § 67 Rn. 10 m.w.N.).
Eine wesentliche Teilhabeeinschränkung in diesem Sinne ist weder dargetan noch sonst erkennbar. Der HB ist zwar straffällig geworden, dies führte jedoch nach Ende der U-Haft nicht zu einer Teilhabeeinschränkung durch sein oder das Verhalten Dritter. Hiervon wäre erst dann auszugehen, wenn dem Kläger z. B. nach Verbüßung einer mehrjährigen Freiheitsstrafe die ungewohnte eigenverantwortliche Lebensführung tief greifende Probleme bereiten würde oder wenn die Art seines Vergehens zu einer dauerhaften gesellschaftlichen Ächtung mit entsprechenden Folgen führen würde. Derartige Probleme sind im Fall des HB nicht ersichtlich. Diese Entwicklung war während der U-Haft auch absehbar. Die Schwierigkeiten, bei bestehenden Mietschulden neuen Wohnraum anzumieten, sind Lebensschwierigkeiten allgemeiner Art, denen der allein stehende HB mithilfe des für ihn zuständigen Job Centers (etwa durch Mietübernahmeerklärungen gegenüber einem neuen Vermieter) oder mit der angebotenen Hilfe der Beklagten begegnen kann (vgl. zum Ganzen: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.05.2010, Az: L 23 SO 46/10 B ER).
34 Abs. 1 SGB XII ist vorliegend dem Grunde nach anzuwenden (ebenso: SG Münster, Beschluss vom 02.05.2005, Az: S 12 SO 31/05 ER). Wie bereits dargelegt, scheidet ein vorrangiger Anspruch nach dem SGB II aus. Ein Anspruch des HB auf Übernahme der Mietschulden nach § 34 Abs. 1 SGB XII besteht jedoch nicht. Nach dieser Vorschrift können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (Satz 1). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (Satz 2). Zum hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum der letzten mündlichen Verhandlung, war eine Übernahme nicht gerechtfertigt, denn die Wohnung stand dem Kläger zum einen auch nach seiner Haftentlassung noch zur Verfügung und musste durch die Übernahme der Mietschulden daher nicht gesichert werden. Zum anderen kann diese Unterkunft aktuell nicht mehr gesichert werden, denn das Mietverhältnis ist gekündigt und die Wohnung bereits anderweitig vermietet.
Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass es sich bei der Übernahme der Mietschulden nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII um eine Ermessensleistung der Beklagten handelt. Es steht daher in ihrem Ermessen zu bestimmen, ob und in welchem Umfang eine Übernahme der Miete erfolgt. Regelmäßig kann die Miete während der Dauer einer Haft übernommen werden, wenn eine Resthaftzeit von bis zu 6 Monaten zu verbüßen ist (SG Duisburg, Urteil vom 06.08.2008, Az: S 16 (35) SO 2/06). Es dürfte jedoch nicht zu beanstanden sein, wenn die Beklagte im vorliegenden Fall eine Rest-Haftdauer von 3 Monaten oder weniger verlangt. Insoweit hat eine Abwägung zwischen der Angemessenheit des Einsatzes öffentlicher Mittel mit dem Interesse des Einzelnen am Erhalt seiner Wohnung stattzufinden.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=143676&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung : Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 12.05.2011, - L 9 SO 105/10 -
Inhaftierte Hilfesuchende haben (nur) dann einen Anspruch auf Übernahme der Mietzinszahlungen gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII , wenn sie eine kurzzeitige Haftstrafe verbüßen (von unter einem Jahr; vgl. hierzu Beschluss des erkennenden Senats vom 19.05.2005, L 9 B 9/05 SO ER).
Die Konsequenz daraus ist allerdings, dass dann grundsätzlich eine andere Hilfeform (Auflösung der Wohnung und Einlagerung der persönlichen Sachen auf Kosten des Sozialhilfeträgers) gefunden werden muss (vgl. Blüggel in: jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2010, § 68 Rn. 25 m.N.).
Anmerkung : Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.04.2011, - L 14 AS 218/11 B ER -
Für einen Freigänger, dessen Haftentlassung nicht sicher abzusehen ist, sind Unterkunftskosten zur Erhaltung der Wohnung weder nach den Vorschriften des SGB II noch SGB XII zu übernehmen; Haftdauer ca. 10 Monate.
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Aktualisierung vom 21.05.2013
AntwortenLöschen1. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.06.2011 - L 20 SO 76/08 rechtskräftig
Häftling hat kein Anspruch auf Übernahme seiner Mietkosten für den Erhalt einer bereits bestehenden Wohnung zu Beginn der Haftzeit als Leistung zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67ff. SGB XII , denn der Haftbeginn lag bereits gut ein Jahr zurück. Gleichzeitig war das Haftende realistischerweise noch nicht absehbar.
2. Sozialgericht Duisburg, Urteil vom 18.02.2013 - S 16 SO 204/11
Häftling hat kein Anspruch auf Übernahme seiner Mietkosten nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII , wenn die Unterbringung fast ein Jahr dauerte und damit die Angemessenheitsgrenze von 6 Monaten um das annähernd doppelte übersteigt.
3. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 8 SO 10/09 B , Beschluss vom 10.03.2010
Keine Übernahme von Mietschulden nach § 34 SGB XII a.F. nach Antritt der Haftstrafe, wenn das Mietverhältnis bereits gekündigt war - Kein Anspruch auf Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten gemäß §§ 67, 68 SGB XII
MfG Detlef Brock
Ergänzung vom 21.03.2013
AntwortenLöschenLandessozialgericht Berlin-Brandenburg,Beschluss vom 09.05.2012,- L 23 SO 9/12 B PKH
Zur Übernahme von Mietkosten bei Inhaftierung - Mietschulden - soziale Schwierigkeiten , die der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft entgegenstehen(§ 1 Abs. 3 VO).
Die Schwierigkeiten, bei bestehenden Mietschulden neuen Wohnraum anzumieten, sind Lebensschwierigkeiten allgemeiner Art, denen der Kläger mithilfe des für ihn zuständigen Jobcenters (etwa durch Mietübernahmeerklärungen gegenüber einem neuen Vermieter) begegnen kann (Beschluss des Senats v. 04.05.2010, L 23 SO 46/10 B ER,Rn. 15).
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/09/zur-ubernahme-von-mietkosten-bei.html
MfG Detlef Brock