Für Hilfebedürftige, deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die das 58. Lebensjahr vor diesem Tag vollendet haben, hat der Gesetzgeber in § 65Abs. 4 SGB II eine Vertrauensschutzregelung geschaffen. Sie dürfen nicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme ihrer Altersrente aufgefordert werden.
§ 12 a SGB II,§ 65 Abs. 4 SGB II
Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 24.05.2011, - L 7 AS 88/11 B ER -
1.Die Aufforderung an den Hilfeempfänger, eine Altersrente zu beantragen, stellt einen Verwaltungsakt dar, der eine Ermessensausübung des SGB II-Leistungsträgers notwendig macht.
2. Für Hilfebedürftige, deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die das 58. Lebensjahr vor diesem Tag vollendet haben, hat der Gesetzgeber in § 65Abs. 4 SGB II eine Vertrauensschutzregelung geschaffen. Sie dürfen nicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme ihrer Altersrente aufgefordert werden.
3. Es ist unerheblich, ob der Hilfebedürftige tatsächlich die erleichterten Voraussetzungen nach § 58 SGB II in Anspruch genommen hat, oder ob er dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hat.
Hilfebedürftige sind nach § 12 a SGB II, der mit Wirkung zum 01.01.2008 eingeführt worden ist (Siebtes SGB III-Änderungsgesetz vom 08.04.2008, BGBl. I S. 681), bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Daraus folgt, dass SGB II-Leistungsempfänger grundsätzlich verpflichtet sind, ab Vollendung des 63. Lebensjahres eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen.
Etwas anderes gilt jedoch für Hilfebedürftige, deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die das 58. Lebensjahr vor diesem Tag vollendet haben. Mit der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II hat der Gesetzgeber für ältere Leistungsempfänger, deren Leistungsanspruch vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die zu diesem Zeitpunkt das 58. Lebensjahres vollendet hatten, Vertrauensschutz geschaffen (Berlit in LPK SGB II, 3. Auflage, § 65 Rdnr. 7).
§ 65 Abs. 4 Satz 3 SGB II verweist auf § 428 Abs. 2 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), der klarstellt, dass der Betreffende nicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente aufgefordert werden darf (BSGE 7, 31, 37f.). Denn wird eine Rente vor dem für den Versicherten maßgebenden Rentenalter in Anspruch genommen, mindert sich der Zugangsfaktor mit der Folge, dass die Rente niedriger ausfällt, als bei einem regulären Renteneintritt (Blüggel in: Eicher/Spellbrink, § 65 Rn. 29; Brand in: Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 428 Rdnr. 9). Wegen der Verweisung in § 65 Abs. 4 Satz 3 SGB II auf § 428 SGB III wird allgemein angenommen, dass auch die Leistungsempfänger nach dem SGB II nur eine ungeminderte Altersrente beantragen müssen, wenn sie die Leistungen unter der entsprechenden Beschränkung ihrer Arbeitsbereitschaft bezogen haben (Beschluss des Sächsischen LSG vom 03.11.2010, L 7 AS 677/10 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.02.2010, L 19 B 371/09 AS ER; Berlit in LPK SGB III, 3. Aufl. § 65 Rdnr. 9, Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 65 RdNr. 29 ff., Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 12a RdNr. 29, Hünecke in Gagel, SGB II und III, § 65 SGB II Rdnr. 30).
Unerheblich ist, ob der Hilfebedürftige tatsächlich den erleichterten Bezug von SGB II-Leistungen für ältere Arbeitnehmer nach der Regelung des § 65 Abs. 4 SGB II in Anspruch genommen hat oder ob er für die gesamte Zeit arbeitsbereit und arbeitsuchend war, denn die Vorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II ist eine freiwillige Regelung (Sächsisches LSG vom 03.11.2010, L 7 AS 677/10 B ER).
Es wäre aber bedenklich, den Personenkreis der älteren Arbeitnehmer die -obwohl sie eine Erleichterung hätten in Anspruch nehmen können- dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung standen, schlechter zu stellen als diejenigen, die unter den erleichterten Voraussetzungen des § 65 Abs. 3 SGB II Leistungen bezogen (Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB II, § 12a Rdnr. 29; für eine Gleichbehandlung auch die Hinweise der Bundesagentur zu § 12 a SGB II unter 1.5.3). Demnach gilt auch für den Kläger, der dem Arbeitsmarkt in der Vergangenheit uneingeschränkt zur Verfügung stand, die in § 65 Abs. 4 Satz 1 SGB II i.V.m. § 428 SGB III normierte Vertrauensschutzregelung.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=143273&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung : Vgl. dazu Sächsisches Landessozialgericht Beschluss vom 03.11.2010 , - L 7 AS 677/10 B ER -
Personen, deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die das 58. Lebensjahr vor diesem Tag vollendet haben, konnten gemäß § 65 Abs. 4 SGB II Leistungen unter entsprechender Anwendung des § 428 SGB III erhalten. In diesen Fällen ist der Hilfebedürftige generell nur dann aufzufordern, einen Rentenantrag zu stellen, wenn die Voraussetzungen für eine ungeminderte Rente vorliegen.
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 24.05.2011, - L 7 AS 88/11 B ER -
1.Die Aufforderung an den Hilfeempfänger, eine Altersrente zu beantragen, stellt einen Verwaltungsakt dar, der eine Ermessensausübung des SGB II-Leistungsträgers notwendig macht.
2. Für Hilfebedürftige, deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die das 58. Lebensjahr vor diesem Tag vollendet haben, hat der Gesetzgeber in § 65Abs. 4 SGB II eine Vertrauensschutzregelung geschaffen. Sie dürfen nicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme ihrer Altersrente aufgefordert werden.
3. Es ist unerheblich, ob der Hilfebedürftige tatsächlich die erleichterten Voraussetzungen nach § 58 SGB II in Anspruch genommen hat, oder ob er dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hat.
Hilfebedürftige sind nach § 12 a SGB II, der mit Wirkung zum 01.01.2008 eingeführt worden ist (Siebtes SGB III-Änderungsgesetz vom 08.04.2008, BGBl. I S. 681), bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Daraus folgt, dass SGB II-Leistungsempfänger grundsätzlich verpflichtet sind, ab Vollendung des 63. Lebensjahres eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen.
Etwas anderes gilt jedoch für Hilfebedürftige, deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die das 58. Lebensjahr vor diesem Tag vollendet haben. Mit der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II hat der Gesetzgeber für ältere Leistungsempfänger, deren Leistungsanspruch vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die zu diesem Zeitpunkt das 58. Lebensjahres vollendet hatten, Vertrauensschutz geschaffen (Berlit in LPK SGB II, 3. Auflage, § 65 Rdnr. 7).
§ 65 Abs. 4 Satz 3 SGB II verweist auf § 428 Abs. 2 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), der klarstellt, dass der Betreffende nicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente aufgefordert werden darf (BSGE 7, 31, 37f.). Denn wird eine Rente vor dem für den Versicherten maßgebenden Rentenalter in Anspruch genommen, mindert sich der Zugangsfaktor mit der Folge, dass die Rente niedriger ausfällt, als bei einem regulären Renteneintritt (Blüggel in: Eicher/Spellbrink, § 65 Rn. 29; Brand in: Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 428 Rdnr. 9). Wegen der Verweisung in § 65 Abs. 4 Satz 3 SGB II auf § 428 SGB III wird allgemein angenommen, dass auch die Leistungsempfänger nach dem SGB II nur eine ungeminderte Altersrente beantragen müssen, wenn sie die Leistungen unter der entsprechenden Beschränkung ihrer Arbeitsbereitschaft bezogen haben (Beschluss des Sächsischen LSG vom 03.11.2010, L 7 AS 677/10 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.02.2010, L 19 B 371/09 AS ER; Berlit in LPK SGB III, 3. Aufl. § 65 Rdnr. 9, Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 65 RdNr. 29 ff., Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 12a RdNr. 29, Hünecke in Gagel, SGB II und III, § 65 SGB II Rdnr. 30).
Unerheblich ist, ob der Hilfebedürftige tatsächlich den erleichterten Bezug von SGB II-Leistungen für ältere Arbeitnehmer nach der Regelung des § 65 Abs. 4 SGB II in Anspruch genommen hat oder ob er für die gesamte Zeit arbeitsbereit und arbeitsuchend war, denn die Vorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II ist eine freiwillige Regelung (Sächsisches LSG vom 03.11.2010, L 7 AS 677/10 B ER).
Es wäre aber bedenklich, den Personenkreis der älteren Arbeitnehmer die -obwohl sie eine Erleichterung hätten in Anspruch nehmen können- dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung standen, schlechter zu stellen als diejenigen, die unter den erleichterten Voraussetzungen des § 65 Abs. 3 SGB II Leistungen bezogen (Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB II, § 12a Rdnr. 29; für eine Gleichbehandlung auch die Hinweise der Bundesagentur zu § 12 a SGB II unter 1.5.3). Demnach gilt auch für den Kläger, der dem Arbeitsmarkt in der Vergangenheit uneingeschränkt zur Verfügung stand, die in § 65 Abs. 4 Satz 1 SGB II i.V.m. § 428 SGB III normierte Vertrauensschutzregelung.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=143273&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung : Vgl. dazu Sächsisches Landessozialgericht Beschluss vom 03.11.2010 , - L 7 AS 677/10 B ER -
Personen, deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vor dem 01.01.2008 entstanden ist und die das 58. Lebensjahr vor diesem Tag vollendet haben, konnten gemäß § 65 Abs. 4 SGB II Leistungen unter entsprechender Anwendung des § 428 SGB III erhalten. In diesen Fällen ist der Hilfebedürftige generell nur dann aufzufordern, einen Rentenantrag zu stellen, wenn die Voraussetzungen für eine ungeminderte Rente vorliegen.
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
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