Direkt zum Hauptbereich

Kann man dem Jobcenter vertrauen?

Stellen Sie sich vor, eine Arbeitsagentur von einer 60 km entfernten Stadt kommt auf Sie zu, um Ihnen einen Bewerber vorzuschlagen. Sie erhalten eine Zusage von Zuschüssen für diesen Mitarbeiter vom Jobcenter (früher ARGE) – weil es sich um einen älteren Arbeitnehmer handeln würde (Alterszuschüsse). Das Unternehmen stellt den vorgeschlagenen Mitarbeiter ein.

Denn dem Jobcenter sollte man vertrauen können.

Keine fünf Wochen später erleidet der  Mitarbeiter einen Herzinfarkt. Den dritten, wie sich hinterher herausstellt. Er hatte schon zwei, was der Arbeitsagentur bekannt war. Und hatte damit eine schwere Behinderung. Was der Arbeitsagentur vorher bekannt war.


Das hatte sie allerdings dem 60 km entfernt gelegenen Betrieb vorsätzlich verschwiegen, als sie ihm den Mitarbeiter aktiv als altersbezuschusst für eine Tätigkeit als reisender Handelsvertreter angepriesen hatte.

Trotz Kenntnis wurden auch nicht etwa Zuschüsse für die Eingliederung eines behinderten Mitarbeiters angeboten. Vielmehr bot das Jobcenter aktiv (nur) Zuschüsse für die Eingliederung eines älteren Arbeitnehmers an.

In Kürze wird über die Sache vor Gericht verhandelt.

Es ist nicht etwa so, dass der Betrieb das Jobcenter auf Schadensersatz verklagt hätte, weil er sich getäuscht fühlte.

Sondern das Jobcenter will nun auch noch seine Eingliederungszuschüsse zurückgezahlt bekommen, weil der Mitarbeiter infolge der Beeinträchtigungen durch die Behinderung nicht mehr weiterarbeiten konnte.

Vorstehendes ist nicht einem schlechten Roman entnommen. Sondern tatsächlich so geschehen, beim Jobcenter Landsberg.

Die Vermittlungspraxis aus dem Jahr 2006 wird von der heutigen Leitung des Jobcenters Landsberg übrigens im Jahr 2013 nach wie vor gut geheißen.

Quelle: 

Anmerkung: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. Mai 2011 - L 5 AS 62/08


Nach § 221 Abs. 2 SGB III in der maßgeblichen Fassung sind Eingliederungszuschüsse teilweise zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes oder einer Nachbeschäftigungszeit beendet wird. Dies gilt nicht, wenn

1.   der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, zu kündigen,

2.   eine Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung im Betrieb entgegenstehen, berechtigt war,

3.   die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hat oder

4.   der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat.





Kommentare

  1. Das Personal in den Jobcenter ist leider überfordert.Außerdem gibt das Jobcenter nie Fehler zu.Dieses habe ich selbst im Sommer 2009 erlebt.Muss jetzt über 1.000,-€ zurück erstatten,( HartzIV-Bezüge )obwohl ich rechtzeitig denen mitgeteilt habe,das ich wieder im Berufsleben zurück kehren kann.Der neue Arbeitgeber hat auch für 24 Monate einen Eingliederugszuschuss erhalten.Für das erste Jahr 50% unf für das zweite Jahr 30%.
    Die Zuschüsse sind sehr variabel für über 50 jährige Personen und ein Ermessenspielraum des jeweiligen Sachbearbeiter/in.
    Leider wird hier nicht einheitlich gehandelt.

    AntwortenLöschen
  2. " Muss jetzt über 1.000,-€ zurück erstatten"

    Wurde bei der Rückforderung nach § 50 SGB X der § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II beachtet ?

    Hinweis: § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II gilt nicht bei vorläufigen Bescheiden!

    MfG Detlef Brock - Sozialberater des RA L. Zimmermann

    AntwortenLöschen
  3. Ob man dem Jobcenter trauen kann, zeigt auch folgendes Beispiel :

    Jobcenter als illegale Arbeitnehmerüberlassungen? Eingliederungsvereinbarungen statt Arbeitsverträge

    Sie malochen, wie reguläre Möbelträger, Lagerarbeiter, Verkäufer, Hausmeister und Thekenfachkräfte beim Caritas Sozialwarenkaufhaus in Vollzeit für mindestens 6 Monate und bekommen keinen ortsüblichen Tarif-Lohn dafür.

    Wer sind diese Menschen? Es sind keine Heinzelmännchen oder Aschenbrödel, sondern arbeitslose Menschen, welche freiwillig eine Eingliederungsvereinbarung (EGV) unterschrieben haben, um dann anschließend von den Jobcentern oder ARGEN an Wirtschaftsunternehmen überlassen zu werden.

    Höre ich richtig? Das Jobcenter als Arbeitnehmerüberlassung? Ja, sogar als illegale Arbeitnehmerüberlassung ! Die Arbeitnehmerüberlassung erkennt man am klassischen Dreiecksverhältnis zwischen dem Kunden (Arbeitslosen), dem Entleihbetrieb (beispielsweise dem Sozialwarenkaufhaus Caritas oder anderen Wirtschaftsunternehmen) und dem Verleiher (Jobcenter) selbst. Und was ist daran jetzt illegal?

    Die Verleiher (Jobcenter) hatten ursprünglich gar nicht vor die reguläre Arbeit, als Arbeit zu deklarieren, sonst wären die Jobcenter nämlich sofort unter die Arbeitnehmerüberlassungsgesetze gefallen und ihre Kunden (Arbeitslosen) unter das Arbeitsrecht mit allen daraus sich ergebenen Konsequenzen, wie ortüblichen Lohn/Gehalt, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld usw).

    Stattdessen hatten die Jobcenter einfach die reguläre Arbeit fälschlicherweise als gemeinnützige Arbeit bezeichnet, um ihren eigenen Kunden (Arbeitslosen) statt dem ortsüblichen Tariflohn nur die im Sozialgesetzbuch (SGB) definierte Mehraufwandsentschädigung von maximal 150 Euro/Monat zu zugestehen.

    Zu ganz anderer Auffassung hingegen kommen die Arbeitsgerichte, welche die vermeintlichen gemeinnützigen Arbeiten als reguläre Arbeiten ansehen und Verleiher und Entleiher für einen nachträglich zu zahlenden ortsüblichen Tariflohn verurteilen.

    Spätestens jetzt wird allen Arbeitsgerichten auch klar, warum die Mehraufwandsentschädigung (MAE) einer Arbeitsgelegenheit umgangssprachlich 1-Euro-Job genannt auf keinen Fall Lohn heißen durfte. Lohn und Gehalt sind nämlich steuer- und sozialversicherungspflichtig.

    So soll die Mehraufwandsentschädigung (MAE) unter vorgehaltener Hand gegenüber den Arbeitslosen oft als Lohn zur Motivation der Arbeitsaufnahme erklärt worden sein, obwohl sie streng genommen nur im Falle eines tatsächlichen finanziellen Mehraufwandes an den Arbeitslosen hätte ausbezahlt werden dürfen.

    Außerdem bezahlte der Verleiher (Jobcenter) dem Entleiher (Wirtschaftsunternehmen) eine monatliche sogenannte Fallkostenpauschale in Höhe von rund 310 Euro für jeden überlassenen Kunden (Arbeitslosen; arbeitsrechtlich natürlich Arbeitnehmer). Früher mußte man als Industriebetrieb Arbeiter bezahlen, heute bekommt ein Entleihbetrieb Arbeiter gratis und noch dazu Geld oben drauf. Der Arbeiter bringt quasi noch Geld mit.

    Pro Bundesland soll es 30.000 Ein-Euro-Jobs, richtig heißt es Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, geben. 16 Bundesländer x 30.000 Ein-Euro-Jobber pro Bundesland x 310 Euro/Monat x 12 Monate = 1785,6 Millionen Euro pro Jahr. (Nach 6 Monaten werden die 1 Euro Jobber gegen “Neue” ausgewechselt).

    Auch wurde den Arbeitsgerichten klar warum die Tätigkeiten von vorn herein nur auf 6 Monate begrenzt worden waren – nämlich um den Kündigungsschutz zu umgehen.

    Können die Jobcenter als illegale Arbeitnehmerüberlassungen einfach so weitermachen? Ja, aber nur solange, wie Eingliederungsvereinbarungen (EGV) von ahnungslosen und arbeitslosen Menschen freiwillig unterschrieben werden.

    AntwortenLöschen
  4. Fortsetzung

    Würden alle 960.000 Ein-Euro-Jobber ihren ortsüblichen Tarif-Lohn vor ihren Arbeitsgerichten einklagen, wäre morgen die Angelegenheit “reguläre Arbeit als gemeinnützig zu erklären” schon verboten. Solch eine Menge an Klagen abzuarbeiten schaffen die Arbeitsgerichte nicht. Man stell sich nur einmal den imensen Anspruch an nachträglichen geltend gemachten Lohn vor. Von den entgangenen Steuer und Sozialversicherungsbeiträgen ganz zu schweigen.

    Meiner Meinung nach könnten die Wirtschaftsunternehmen bei denen die Ein Euro Jobber arbeiteten schon mal alle Insolvenz anmelden. Ein Wirtschaftsunternehmen wird nämlich nicht dadurch gemeinnützig, daß man das Wort gemeinnützig vor die Rechtsform stellt beispielsweise gGmbH, sondern kennzeichnet sich dadurch das die Arbeit, die verrichtet wird auch gemeinnützig ist. Aber da reguläre Arbeit auch dem Gemein nützt, gibt es keine gemeinnützige Arbeit, sondern nur Arbeit und die ist regulär anzusehen. Dieser “Kunstgriff” wurde nur geschaffen, um die Menschen um ihren gerechten Lohn zu bringen.

    Also Finger weg von Eingliederungsvereinbarungen. Fordert Arbeitsverträge statt Eingliederungsvereinbarungen !!!

    Und dem nächsten Faß der Sozialmafia genannt “Bürgerarbeit” haben die Verwaltungs- und Arbeitsgerichte schon jetzt einen Riegel vorgeschoben. Denn Bürgerarbeit muß tariflich bezahlt werden !!!

    2013 ist unser Jahr !!! Die Sozialmafia hat fertig !!!

    http://aufgewachter.wordpress.com/2012/05/09/jobcenter-als-illegale-arbeitnehmeruberlassungen-eingliederungsvereinbarungen-statt-arbeitsvertrage/

    -Aufgewachter-

    AntwortenLöschen
  5. Vielen Dank für Ihre Hilfe bzw. für den Hinweis von Ihnen Herr Ludwig Zimmermann. Natürlich habe ich gegen diesen Bescheid Einspruch erhoben und diese Angelegenheit wurde auch vor dem Sozialgericht in Hannover ohne meine Anhörung verhandelt,leider zu meinen ungunsten. Da ich mich leider nicht mit dieser sehr komplexen Angelegenheit und der Gesetzgebung vom SGBII auskenne, habe ich auch einen Rechtsanwalt beauftragt,aber leider vergeblich.Anscheinend hätte ich lieber eine Anwältin oder einen Anwalt damit beauftragen sollen der sich damit bestens auskennt.Das Sozialgericht hat mich zu der Rückzahlung an den Jobcenter der Region Hannover verdonnert.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 06.06.2011, - L 1 AS 4393/10 - Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden(BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R-; Rdnr. 4). Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird. https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive = Anmerkung: 1. Vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ist ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als Pauschbetrag abzusetzen (§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V ). Diese Pauschale in Höhe von 30 Euro ist