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Ist die Höhe des Regelbedarfs nach dem SGB II für ein Ehepaar mit einem zweijährigen Kind verfassungsgemäß?

Termintipp Nr. 3/13 vom 22. März 2013


Die Kläger zu 1 und 2 leben gemeinsam mit ihrem am 15. Oktober 2009 geborenen Sohn, dem Kläger zu 3 in D. Der Beklagte bewilligte ihnen im Mai 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1182 Euro unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs der beiden Erwachsenen in Höhe von 328 Euro sowie für den Kläger zu 3 in Höhe von 215 Euro abzüglich des gezahlten Kindergelds in Höhe von 184 Euro als Einkommen. Leistungen für Unterkunft und Heizung erbrachte er in tatsächlicher Höhe.

Das Sozialgericht hat die Klage auf höheres Arbeitslosengeld II und Sozialgeld abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erst zweijährige Kläger zu 3, der weder eine Schule noch einen Kindergarten be­suche, beanspruche keine Leistungen aus dem "Bildungspaket" nach § 28 Abs 2 bis 7 SGB II.

Die Kosten für Unterkunft und Heizung übernehme der Beklagte in tatsächlicher Höhe und auch die Regelbedarfe seien zutreffend bestimmt worden. Grundrechte seien durch die Höhe der gewährten Leistungen nicht verletzt, insbe­sondere nicht Art 1 Abs 1 Grundgesetz in Verbindung mit Art 20 Abs 1 Grundgesetz. Das Sozialgericht hat in seinem Urteil die Sprungrevision zugelassen.

Mit ihrer Sprungrevision rügen die Kläger, die Neuregelung der Regelbedarfe durch das zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII genüge nicht den Anforderungen, welche sich aus Art 1 Abs 1 Grundgesetz in Verbindung mit Art 20 Abs 1 Grundgesetz und dem hierzu ergangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, BVerfGE 125, 175) ergäben.

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts wird am Donnerstag, dem 28. März 2013, um 10.45 Uhr im Elisabeth-Selbert-Saal über die Revision der Kläger verhandeln und entscheiden.

Az.: B 4 AS 12/12 R
1. F.A., 2. O.A., 3. A.T.A.  ./.  Jobcenter Delmenhorst


Das Bundesverfassungsgericht hatte am 09.02.2010 entschieden:

1. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.

2. Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung.

Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu.

3. Zur Ermittlung des Anspruchsumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen.

Auf dieser Grundlage hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe und Änderung des SGB II sowie SGB XII (BGBl I, 2011, 453) die Regelbedarfe im SGB II wie folgt bestimmt:

Regelbedarf bei Arbeitslosengeld II/Sozialgeld ab 01.01.2011

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