Zur Entscheidung des LSG Sachsen zum SGB II (Hartz IV)
§ 22 Abs.1 S.1 SGB II, § 10 Abs. 1 WoGG, § 12 WoGV
Entscheidung des Landessozialgericht Sachsen zum SGB II (Hartz IV)
Die monatlichen Tilgungsraten für einen zinslos gestundeten Kaufpreis für ein selbst genutztes Eigenheim sind als Kosten der Unterkunft im Rahmen des § 22 Abs. 1 S.1 SGB II zu berücksichtigen. Eine Ungleichbehandlung von Leistungsbeziehern nach dem SGB II im Verhältnis zu Wohngeldbezieher hinsichtlich der Tilgungsleistungen verstößt gegen das Gleichheitsgebot.
LSG Sachsen, 05.05.2011 – L 2 AS 803/09 (Revision nicht zugelassen)
Anmerkung: Ohne dass sich dies dem Gesetz entnehmen lässt, werden grundsätzlich als Kosten der Unterkunft bei Wohneigentum nur die Zinsen in angemessener Höhe und nicht die Tilgungsleistungen von der Rechtsprechung (vgl. BSG, 18.06.2008 – B 14/11b AS 67/06 R mit einer Ausnahme) anerkannt. Die steuerfinanzierten Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sollen nicht zur Kapitalbildung beitragen. Auf der anderen Seite sollen die Besitzer von Eigentumswohnungen und Eigenheimen nicht besser behandelt werden, als Mieter (vgl. hierzu BSG, 15.04.2008 – B 14/7b AS 34/06 R). Die angemessenen Kosten der Unterkunft bei Wohneigentum richten sich danach, wie viel ein Leistungsberechtigter nach dem SGB II oder SGB XII für eine konkret angemessene Mietwohnung ausgeben darf. Eine Schlechterstellung von Wohneigentümern ist demgegenüber aufgrund der zu vermeidenden Kapitalbildung durchaus gewollt. Die Kapitalbildung findet zwar auch bei der Mietwohnung statt, allerdings nicht bei den Leistungsberechtigten, sondern beim Vermieter. Die Haltung der Gerichte ist bezeichnend, für das Verhältnis zum Wohneigentum. Es handelt sich nicht um ein zum Leben wichtiges Konsumgut, sondern um eine Kapitalanlage. Obwohl das Wohneigentum in seinem Bestand vom Gesetz geschützt ist (§ 12 Abs. 3 Nr.4 SGB II), wird sein Wert, so jedenfalls eine generelle Unterstellung durch die Richterschaft durch Tilgungsleistungen in seinem Wert gesteigert. Diese Ansicht verkennt, das Wertsteigerungen am Immobilienmarkt nicht durch Tilgungen, sondern durch Nachfrage nach bestimmten Immobilien eintreten. Ein selbst gebautes Haus wird im Allgemeinen zunächst weniger Wert, weil es sich um eine gebrauchte Immobilie handelt. Ein Blick in die aktuellen Grundstückmarktberichte ist da sehr erhellend.
Der Steuerzahler, der die Grundsicherung finanziert, wird weder im SGB II, noch im SGB XII mit einem Wort erwähnt und hat daher im positivrechtlichen Sinne in der richterlichen Argumentation nicht zu suchen. Begreift man den Empfänger von Leistungen der Grundsicherung als jemanden, dem die Gesellschaft letztlich die ausreichende Teilnahme nicht erlaubt, so verwischt sich der unterstellte Gegensatz zwischen Leistendem und Leistungsempfänger. Der unterstellte Gegensatz mit der vom Gesetzgeber, in den Fällen des Wohneigentums nicht verlangten Sparzwang, besteht nicht.
Zurück zum Fall: Hier wurde, zur Vermeidung von Schwachsinn („unwirtschaftliches Verhalten“), von dem allgemeinen Prinzip abgewichen. Der Kaufpreis des Hauses für die sechsköpfige Familie betrug knapp über 30.000 Euro und die monatlichen Raten für die Zahlung des gestundeten Kaufpreises 345 Euro. Bei Aufgabe der Wohnung durch die Leistungsberechtigten währen bestimmt höhere Kosten der Unterkunft für eine angemessene Unterkunft angefallen. Dass LSG Sachsen entdeckt außerdem, dass der Gesetzgeber die Tilgung beim Wohngeld § 10 Abs. 1 WoGG iVm § 12 WoGV als Belastung anerkannt hat und das eine Ungleichbehandlung gegen das Gleichheitsgebot (Art. 6 GG) verstößt.
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