Direkt zum Hauptbereich

Hartz IV-Beziehende Ortsbürgermeisterin muss sich ihre Aufwandsentschädigung in Höhe von 347,80 EUR als Einkommen anrechnen lassen

§ 11b Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB II

Sozialgericht Dessau-Roßlau Beschluss vom 20.05.2011, - S 2 AS 688/11 ER -

Der Grundfreibetrag von 175,00 EUR ist abzusetzen(§ 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II). Eine weitere Absetzung von Versicherungspauschale, Kfz-Haftpflichtversicherung oder anderen Versicherungsbeiträgen erfolgt nicht, da diese Beträge bereits in dem Grundfreibetrag von 175,00 EUR enthalten sind (vgl. § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 und § 11b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II).

Es ist keine weitere Absetzung nach § 30 SGB II a.F. i.V.m. § 77 Abs. 3 SGB II vorzunehmen, denn bei der Ausübung des Ehrenamtes als Ortsbürgermeisterin handelt es sich nicht um eine Erwerbstätigkeit. Es liegt keine Verwertung der Arbeitskraft zur Einkommenserzielung vor.

Anmerkung : Zunächst ist festzuhalten, dass im streitigen Zeitraum bereits die Neuregelungen in den §§ 11 ff. SGB II, insbesondere § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II und § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II anzuwenden sind. Die Übergangsvorschrift in § 77 Abs. 3 SGB II gilt nur für die weitere Anwendung des § 30 SGB II a.F. an Stelle des § 11b Abs. 3 SGB II n.F.

Die Anrechnung einer Aufwandsentschädigung für eine ehrenamtliche Tätigkeit war hinsichtlich der Rechtslage vor dem 01.04.2011 umstritten (vgl. Landessozialgerichts Sachsen, Urteil vom 17.05.2010, Az. L 7 AS 25/07,  derzeit anhängig beim Bundessozialgericht, B 14 AS 93/10 R). Mit der Neuregelung in § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II ist durch den Gesetzgeber klargestellt worden, dass eine Zweckbestimmung nur anzunehmen ist, wenn Leistungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden. So wird in der Gesetzesbegründung zu § 11a SGB II aufgeführt, dass eine allgemeine Zweckrichtung wie bei steuerfreien Aufwandsentschädigungen nicht ausreiche (BGBl. 17/3404, S. 94). Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde diese Regelung als kontraproduktiv für die Ausübung von Ehrenämtern angesehen, da die Aufwandsentschädigungen für solche Tätigkeiten die Ansprüche nach dem SGB II erheblich mindern würden und die Nachweisführung für Auslagen aufwändig ist. Schließlich wurde die Sonderregelung hinsichtlich der Absetzungsmöglichkeit in § 11b Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB II geschaffen:


"Erhält eine leistungsberechtigte Person mindestens aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die nach § 3 Nr. 12, 26, 26a oder 26b des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, gelten die Sätze 1 und 2 mit den Maßgaben, dass jeweils an die Stelle des Betrages von 100 EUR monatlich der Betrag von 175 EUR monatlich und an die Stelle des Betrages von 400 EUR der Betrag von 175 EUR tritt. § 11a Abs. 3 bleibt unberührt."

Damit wird jedoch im Umkehrschluss auch klargestellt, dass Einnahmen, die nach § 3 Nr. 12, 26, 26a oder 26b des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind, keine zweckbestimmten Einnahmen darstellen. Bezieher von Aufwandsentschädigungen werden daher zum einen privilegiert, da ihnen ein höherer Grundfeibetrag gewährt wird und zum anderen die Möglichkeit eingeräumt wird, höhere Aufwendungen ohne Erreichen eines Verdienstes von 400 EUR nachzuweisen.


https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=142653&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=


Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe...

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind auch bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII Einkommen

Sozialgericht Karlsruhe,Beschluss vom 21.08.2012,- S 1 SO 2516/12 - Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind im Monat des Zuflusses auf dem Konto des Hilfeempfängers in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen, soweit dadurch die Hilfebedürftigkeit nicht vollständig entfällt. Der Kläger macht im Hauptsacheverfahren gegen den beklagten Sozialhilfeträger einen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII für den Monat Juni 2012 geltend. Streitig ist dabei zwischen den Beteiligten die Anrechnung einer in diesem Monat dem Konto des Hilfeempfängers gutgeschriebenen Nebenkostenrückerstattung seines Vermieters als Einkommen auf seinen Bedarf. Hierdurch ergab sich ein geringerer Zahlbetrag der Hilfeleistung als in den Monaten zuvor. Das Sozialgericht Karlsruhe hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, die Ausgangsentscheidung der Behörde sei nach der Rechtsprechung des B...