Bewilligung von Prozesskostenhilfe, denn zu prüfen wird sein, ob die Höhe der Regelleistung verfassungsgemäß ist
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 28.01.2013 hat das LSG NRW Az.: L 7 AS 429/12 B wie folgt geurteilt.
Inwieweit der Gesetzgeber die Anforderungen des BVerfG (vgl. insoweit BVerfG, Urteile vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, 3. Leitsatz) erfüllt hat, war zumindest zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, zu dem die Entscheidung des BSG vom 12.07.2012, Az.: B 14 AS 153/11 R und des BVerfG vom 20.11.2012, Az.: 2 BvR 2203/12 noch nicht vorlagen, umstritten (zum damaligen Meinungsstand: Gutachten Dr. Becker, Sonderheft Soziale Sicherheit, September 2011, 7 ff.; Prof. Dr. Münder, ebenda, 63 ff.; Rixen, Sozialrecht aktuell, 4/11, 121 ff.; Helga Spindler, info also 6/2011, 243 ff.; Prof. Dr. Lenze, NVwz 2011, 1104 ff.; Ute Kötter, info also 3/2011, 99 ff; LSG NRW, Beschluss vom 16.11.2011 - L 12 AS 1526/11 B; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2011 - L 12 AS 3445/11; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.10.2011 - L 2 AS 99/11 B).
Beispielhaft wird zu klären sein, ob die Abgrenzung der Referenzgruppen sowie die Nichtberücksichtigung von Verbrauchspositionen den Kriterien eines methodisch korrekten Verfahrens genügen.
In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob der Ausschluss von Ausgaben als nicht regelsatzrelevant (z.B. Tabakwaren, Alkohol) nicht zu einer Vermischung der Statistik- und Warenkorbmethode und schließlich dazu führt, dass die vom BVerfG geforderte Möglichkeit eines internen Ausgleichs zwischen unter- und überdurchschnittlichen Bedarfen (BVerfG, a.a.O., Rn. 205) nicht mehr garantiert wird.
Bei der Bestimmung der Referenzhaushalte kommt es zudem darauf an, ob die unterschiedliche prozentuale Berücksichtigung von 20% (Familien) bzw. 15% (Alleinstehende) aller Haushalte als Referenzgruppe schlüssig und nachvollziehbar vom Gesetzgeber begründet worden ist.
Zudem bedarf es der Beurteilung, ob die Regelung des § 3 RBEG den Anforderungen des BVerfG an den Gesetzgeber, diejenigen aus der Referenzgruppe herauszunehmen, deren Nettoeinkommen unter dem Niveau der Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII incl. der Leistungen für Unterkunft und Heizung liegen (BVerfG, a.a.O., Rn. 169), Rechnung trägt, um Zirkelschlüsse zu vermeiden (Lenze in LPK-SGB II, Anh. zu § 20, § 3 RBEG Rn. 1).
Das BVerfG wird letztendlich zu entscheiden haben, ob der Gesetzgeber den von ihm postulierten hohen Anforderungen an die Ermittlung und Begründung unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraumes gerecht geworden ist.
Alleine die Rechtshängigkeit dieser Rechtsfrage beim Bundessozialgericht (BSG) als dem ranghöchsten Instanzgericht in der Sozialgerichtsbarkeit hätte die Klärung dieser Rechtsfrage im Hinblick auf die hier bestehenden Besonderheiten indessen nicht herbeiführen können.
Zwar ist es bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende unabdingbar, dass bei den Sozialgerichten eine tatsächliche und rechtliche Prüfung sowie eine Überprüfung der Bestimmungen des SGB II auf die Vereinbarkeit mit der Verfassung erfolgt (BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006 - 1 BvR 2675/05).
Jedoch war in dieser besonderen Konstellation, in der das BVerfG bereits die Rahmenbedingungen für die Herleitung und Bestimmung der Regelbedarfe ab Januar 2011 aufgezeigt und skizziert hat, davon auszugehen, dass nur das BVerfG abschließend über die Vereinbarung der gesetzlichen Regelungen mit der Verfassung würde befinden können.
Auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den Antrag auf Prozesskostenhilfe beim BSG Verfahren betreffend die Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe ab Januar 2011 anhängig waren (11.07.2011 - B 14 AS 131/11 R; 22.08.2011 - B 14 AS 153/11 R), kommt es daher aus den vorgenannten Gründen nicht an (a.A. LSG NRW, Beschluss vom 15.12.2011 - L 2 AS 1774/11 B).
Etwas anderes ergibt sich hinsichtlich des Prüfungsumfangs auch nicht aus der Regelung des § 40 Abs. 2 Nr. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) i.V.m. § 330 Abs. 1 1. Alt. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), die für das Verfahren nach § 44 SGB X die rückwirkende Aufhebung von Verwaltungsakten, die aufgrund einer vom Bundesverfassungsgericht für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärten Vorschrift bereits im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig waren, für Zeiträume vor dem Wirksamwerden der Entscheidung des Bundessverfassungsgerichts ausschließt (Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgericht vom 07.04.2010, Az.: 1 BvR 612/10 Rdn. 3; Urteil des BSG vom 25.03.2003, Az.: B 7 AL 106/01 R, Rdn. 20 ff).
Der Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe besteht für das erste gerichtliche Verfahren, mit dem die Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe geltend gemacht wird.
Für weitere Zeiträume besteht für denselben Leistungsberechtigten bei Parallelität der Fallgestaltung grundsätzlich kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe (BVerfG, Beschluss vom 30.05.2011 - 1 BvR 3151/10 Rn. 12; Beschluss vom 02.09.2010 - 1 BvR 1974/08 Rn. 13 ff.).
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock.
Inwieweit der Gesetzgeber die Anforderungen des BVerfG (vgl. insoweit BVerfG, Urteile vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, 3. Leitsatz) erfüllt hat, war zumindest zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, zu dem die Entscheidung des BSG vom 12.07.2012, Az.: B 14 AS 153/11 R und des BVerfG vom 20.11.2012, Az.: 2 BvR 2203/12 noch nicht vorlagen, umstritten (zum damaligen Meinungsstand: Gutachten Dr. Becker, Sonderheft Soziale Sicherheit, September 2011, 7 ff.; Prof. Dr. Münder, ebenda, 63 ff.; Rixen, Sozialrecht aktuell, 4/11, 121 ff.; Helga Spindler, info also 6/2011, 243 ff.; Prof. Dr. Lenze, NVwz 2011, 1104 ff.; Ute Kötter, info also 3/2011, 99 ff; LSG NRW, Beschluss vom 16.11.2011 - L 12 AS 1526/11 B; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2011 - L 12 AS 3445/11; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.10.2011 - L 2 AS 99/11 B).
Beispielhaft wird zu klären sein, ob die Abgrenzung der Referenzgruppen sowie die Nichtberücksichtigung von Verbrauchspositionen den Kriterien eines methodisch korrekten Verfahrens genügen.
In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob der Ausschluss von Ausgaben als nicht regelsatzrelevant (z.B. Tabakwaren, Alkohol) nicht zu einer Vermischung der Statistik- und Warenkorbmethode und schließlich dazu führt, dass die vom BVerfG geforderte Möglichkeit eines internen Ausgleichs zwischen unter- und überdurchschnittlichen Bedarfen (BVerfG, a.a.O., Rn. 205) nicht mehr garantiert wird.
Bei der Bestimmung der Referenzhaushalte kommt es zudem darauf an, ob die unterschiedliche prozentuale Berücksichtigung von 20% (Familien) bzw. 15% (Alleinstehende) aller Haushalte als Referenzgruppe schlüssig und nachvollziehbar vom Gesetzgeber begründet worden ist.
Zudem bedarf es der Beurteilung, ob die Regelung des § 3 RBEG den Anforderungen des BVerfG an den Gesetzgeber, diejenigen aus der Referenzgruppe herauszunehmen, deren Nettoeinkommen unter dem Niveau der Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII incl. der Leistungen für Unterkunft und Heizung liegen (BVerfG, a.a.O., Rn. 169), Rechnung trägt, um Zirkelschlüsse zu vermeiden (Lenze in LPK-SGB II, Anh. zu § 20, § 3 RBEG Rn. 1).
Das BVerfG wird letztendlich zu entscheiden haben, ob der Gesetzgeber den von ihm postulierten hohen Anforderungen an die Ermittlung und Begründung unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraumes gerecht geworden ist.
Alleine die Rechtshängigkeit dieser Rechtsfrage beim Bundessozialgericht (BSG) als dem ranghöchsten Instanzgericht in der Sozialgerichtsbarkeit hätte die Klärung dieser Rechtsfrage im Hinblick auf die hier bestehenden Besonderheiten indessen nicht herbeiführen können.
Zwar ist es bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende unabdingbar, dass bei den Sozialgerichten eine tatsächliche und rechtliche Prüfung sowie eine Überprüfung der Bestimmungen des SGB II auf die Vereinbarkeit mit der Verfassung erfolgt (BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006 - 1 BvR 2675/05).
Jedoch war in dieser besonderen Konstellation, in der das BVerfG bereits die Rahmenbedingungen für die Herleitung und Bestimmung der Regelbedarfe ab Januar 2011 aufgezeigt und skizziert hat, davon auszugehen, dass nur das BVerfG abschließend über die Vereinbarung der gesetzlichen Regelungen mit der Verfassung würde befinden können.
Auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den Antrag auf Prozesskostenhilfe beim BSG Verfahren betreffend die Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe ab Januar 2011 anhängig waren (11.07.2011 - B 14 AS 131/11 R; 22.08.2011 - B 14 AS 153/11 R), kommt es daher aus den vorgenannten Gründen nicht an (a.A. LSG NRW, Beschluss vom 15.12.2011 - L 2 AS 1774/11 B).
Etwas anderes ergibt sich hinsichtlich des Prüfungsumfangs auch nicht aus der Regelung des § 40 Abs. 2 Nr. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) i.V.m. § 330 Abs. 1 1. Alt. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), die für das Verfahren nach § 44 SGB X die rückwirkende Aufhebung von Verwaltungsakten, die aufgrund einer vom Bundesverfassungsgericht für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärten Vorschrift bereits im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig waren, für Zeiträume vor dem Wirksamwerden der Entscheidung des Bundessverfassungsgerichts ausschließt (Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgericht vom 07.04.2010, Az.: 1 BvR 612/10 Rdn. 3; Urteil des BSG vom 25.03.2003, Az.: B 7 AL 106/01 R, Rdn. 20 ff).
Der Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe besteht für das erste gerichtliche Verfahren, mit dem die Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe geltend gemacht wird.
Für weitere Zeiträume besteht für denselben Leistungsberechtigten bei Parallelität der Fallgestaltung grundsätzlich kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe (BVerfG, Beschluss vom 30.05.2011 - 1 BvR 3151/10 Rn. 12; Beschluss vom 02.09.2010 - 1 BvR 1974/08 Rn. 13 ff.).
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Zitat: "
AntwortenLöschenAlleine die Rechtshängigkeit dieser Rechtsfrage beim Bundessozialgericht (BSG) als dem ranghöchsten Instanzgericht in der Sozialgerichtsbarkeit hätte die Klärung dieser Rechtsfrage im Hinblick auf die hier bestehenden Besonderheiten indessen nicht herbeiführen können."
Ach, ist das nicht selbstverständlich, daß das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit rechtlicher Vorschriften überprüft???
Wenn etwas anderes gelten würde, könnte man in Karlsruhe ja gleich dichtmachen.
Und merke: Wenn ein Gericht sagt, eine Regelung sei verfassungsrechlich nicht zu beanstanden, dann ist das nur die einsame, unmaßgebliche einsame Meinung der Richter, die dies behaupten. Vielleicht war ihnen eine Richtervorlage beim BVerfG nur unbequem, erschien ihnen karriereschädlich oder war ihnen ein willkommenes Mittel, dem Kläger mal ganz legal eine reinzuwürgen. Oder eine Kombination daraus.