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Neuer Hartz-IV Regelsatz ist nicht verfassungswidrig - Als Anspruchsgrundlage für Schulbeförderungskosten gilt § 28 Abs. 4 und nicht § 21 Abs. 6 SGB II.

So geurteilt vom Sozialgericht Augsburg , vom 10.11.2011, - S 15 AS 749/11 -

Nur wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit des einfachen Gesetzes überzeugt ist, ist das Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dann dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Die aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) durch den Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2011 vorgenommene Neuregelung der existenzsichernden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.


Gemäß § 28 Abs. 4 SGB II in der Fassung ab 01.01.2011 werden bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden und es der leistungsberechtigten Person nicht zugemutet werden kann, die Aufwendungen aus dem Regelbedarf zu bestreiten.


Hintergrund für die Neuregelung war vor allem, dass in den meisten Bundesländern die Kosten der Schülerbeförderung nur bis zum Ende der Sekundarstufe 1, das heißt bis zu einem mittleren Schulabschluss vollständig oder in Form eines Zuschusses getragen werden. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 2 - ab der 10. Klasse im achtjährigen Gymnasium - mussten diese Aufwendungen bis zum 31.12.2010 aus dem Regelsatz bestreiten (BSG vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R).

 Nunmehr zahlt der Bund für die leistungsberechtigten Kinder unter bestimmten Voraussetzungen die tatsächlichen Aufwendungen der schulbedingten Fahrtkosten, allerdings nur wenn es sich um die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs handelt. Wird eine andere Schule besucht, so muss nachweislich der Besuch der nächstgelegenen Schule nicht möglich sein (Münder, SGB II, 4. Auflage, Rn. 17 zu § 28).

Diese Voraussetzungen liegen vorliegend nicht vor. Dem Kläger wäre es jederzeit möglich, die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs, nämlich die Hauptschule in A-Stadt zu besuchen. Er wäre hierzu sogar verpflichtet, wenn ihm die Gemeinde A-Stadt nicht auf seinen Antrag den Besuch der G.-Mittelschule in R. im Rahmen eines Gastschulverhältnisses ausdrücklich genehmigt hätte. Der Besuch dieser Schule erfolgt also nicht deshalb, weil der Kläger die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs nicht besuchen kann, sondern weil er sie nicht besuchen möchte.

Die Gründe hierfür spielen aufgrund des eindeutigen Wortlauts keine Rolle. Insbesondere vermögen schulische Probleme, die nicht zwingend zu einer Unmöglichkeit des Schulbesuchs führen, nichts daran zu ändern, dass nicht die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs besucht wird.


Der Kläger hat aber auch aus § 21 Abs. 6 SGB II keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme dieser Kosten.


Dies ergibt sich insbesondere aus dem Urteil des BSG vom 28.10.2009 , - B 14 AS 44/08 R).


Das Gericht teilt nicht die Auffassung des SG Gießen im Beschluss vom 19.08.2010 (S 29 AS 981/10 ER), wonach damit eine gegenüber der Entscheidung des BSG abweichende Rechtslage geschaffen worden wäre, die entgegen der damaligen Entscheidung des BSG nun die Übernahme von Schülerbeförderungskosten ermöglicht hätte.

Das BSG hat in dieser Entscheidung die Möglichkeit einer Übernahme von Schulbeförderungskosten sowohl nach dem SGB II also nach § 73 SGB III bereits deshalb verneint, weil es an einer besonderen, atypischen Lebenslage fehle, die zudem eine Nähe zu den anderen im 5. bis 9. Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch geregelten Bedarfslagen, den unter Geltung des BSHG so bezeichneten "Hilfen in besonderen Lebenslagen", aufzuweisen habe. Es hat außerdem auf den Vorrang der Leistungen der Ausbildungsförderung verwiesen (BSG, a.a.O.).

Auch das Bundesverfassungsgericht hat aber zur Begründung einer Rechtsgrundlage für einen nicht nur einmaligen besonderen Bedarf festgestellt, dass es sich dabei um einen Bedarf handeln müsse, der nicht bereits von den §§ 20 ff. SGB II abgedeckt sei, weil die Einkommens- und Verbrauchsstatistik, auf der die Regelleistung beruhe, allein dem Durchschnittsbedarf in üblichen Bedarfssituationen widerspiegle, nicht aber einen darüber hinausgehenden, besonderen Bedarf aufgrund atypischer Bedarfslagen (BVerfG, a.a.O., Rn. 204). Damit hat zwar das Bundesverfassungsgericht nicht ausdrücklich auf die Nähe zu den Leistungen nach den §§ 47 ff. SGB XII abgestellt.

Es hat aber bezogen auf die Anspruchsgrundlage des § 73 SGB XII daran festgehalten, dass es sich um einen atypischen Bedarf handeln muss, wobei es außerdem festgestellt hat, dass dieser zusätzliche Anspruch angesichts einer engen und strikten Tatbestandsvoraussetzung nur in seltenen Fällen entstehen dürfte (BVerfG, a.a.O., Rn. 208).

Bei Schulbeförderungskosten handelt es sich aber gerade um keinen atypischen Sachverhalt. Das gilt auch für den vorliegenden Fall eines Gastschulverhältnisses unabhängig von den Gründen für die Entscheidung zum Besuch der Gastschule.

Entsprechend ist auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 21 Abs. 6 SGB II davon ausgegangen, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Schulbesuch nicht als Mehrbedarf zu übernehmen sind.


https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=147240&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=


Anmerkung: Neuer Hartz-IV Regelsatz ist nicht verfassungswidrig - keine Gewährung von Prozesskostenhilfe
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/11/neuer-hartz-iv-regelsatz-ist-nicht.html


Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .

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