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Der erfolgte Umzug von einer bereits gemeinsam genutzten Wohnung in die jetzige Wohnung ist besonderes Gewicht beizumessen bei der Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft.

So urteilte das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht mit Urteil vom 29.04.2011, - L 3 AS 39/10 - .


Adressat des Auskunftsverlangens nach § 60 Abs. 4 Satz 1 SGB II ist ausschließlich der Partner des Hilfebedürftigen. Die Frage, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, hat die Behörde vor der Geltendmachung des Auskunftsersuchens von Amts wegen zu prüfen. Ein mit einem feststellenden Verwaltungsakt abschließendes gesondertes Verwaltungsverfahren ist dabei weder geboten noch überhaupt zulässig; es genügt die inzidente Feststellung in der Aufforderung zur Auskunft (Voelzke in Hauck/ Noftz, SGB II, K § 60 Rz 40). Die Zustimmung des Hilfebedürftigen zur Auskunft ist nicht erforderlich.


 Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin Partnerin des S. im Sinne der genannten Bestimmungen ist.


Nach § 7 Abs. 3a SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr zusammenleben, 2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, 3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Im Falle der Klägerin greift die Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II, weil sie mit S. bereits seit dem Jahr 2000 zusammenlebt.

Das Zusammenleben erfolgt in einem gemeinsamen Haushalt im Sinne einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. zu diesem Erfordernis Sächsisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 7. Januar 2011, L 7 AS 115/09 ), in der die Klägerin und S. "aus einem Topf wirtschaften" (vgl. dazu allg. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 68/07 R).

Dass die Klägerin und S. diesen "Topf" - um im Bild zu bleiben - gemeinsam durch anteilige Einzahlungen füllen, steht der Annahme einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht entgegen. Die Klägerin und S. nutzen sämtliche Räume der Wohnung gemeinsam, kaufen für ihre Haushaltsgemeinschaft ein, essen zusammen, waschen die anfallende Wäsche gemeinschaftlich und praktizieren auch sonst in jeder Hinsicht ein Zusammenleben, das über eine bloße Wohngemeinschaft deutlich hinausgeht.

Die aus § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II folgende Vermutungsregel ist nach dem Gesamtergebnis der Verfahren (§ 128 SGG) nicht widerlegt worden. Zwar haben die Klägerin und S. in der Berufungsverhandlung - wie bisher - übereinstimmend bekundet, nicht füreinander einstehen zu wollen.

Diese Einlassung ist jedoch nicht geeignet, dem Gericht die Überzeugung vom Nichtvorliegen der gesetzlich vermuteten Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zu vermitteln. Ein schlichtes Bestreiten des Einstandswillens genügt nicht zur Widerlegung der Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a SGB II. Vielmehr müssen objektive Hinweistatsachen dafür vorliegen. Allein eine diesbezügliche Verlautbarung führt insbesondere dann nicht zur Verneinung einer Einstandsgemeinschaft, wenn entgegenstehende Indizien offenkundig sind (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Februar 2011, L 7 AS 1770/10 B ).

In diesem Zusammenhang ist der Dauer des Zusammenlebens der Klägerin mit S. und dem Umstand des 2002 erfolgten Umzugs von einer bereits gemeinsam genutzten Wohnung in die jetzige Wohnung besonderes Gewicht beizumessen. Zwar kommt es wesentlich auf die Umstände im Zeitpunkt des Erlasses des ersten Auskunftsersuchens vom 4. April 2008 an; die Klägerin und S. haben allerdings in der Berufungsverhandlung deutlich gemacht, dass sich die Verhältnisse seither nicht wesentlich geändert hätten, so dass inzwischen sogar von einem mehr als zehnjährigen Zusammenleben auszugehen ist.

Das Zusammenleben in einer gemeinsamen Wohnung ohne Trennung der Wohnbereiche bedingt eine besondere Nähe, die wesentliche Einschränkungen in der eigenen Lebensgestaltung und Intimität mit sich bringt. Wer sich einer solchen Situation für einen längeren Zeitraum aussetzt, zeigt objektiv nach außen ein starkes Maß an Vertrautheit und gegenseitiger Rücksichtnahme, was ein gegenseitiges Einstehen in Notsituationen nahe legt .

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=147050&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=


Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .

Kommentare

  1. Es ist erschreckend, wie weit sich Richter von Recht verabschieden können.
    Ich vermute, daß ich mit solchen Personen niemals eine PArtnershcaft eingehen würde.

    "Diese Einlassung ist jedoch nicht geeignet, dem Gericht die Überzeugung vom Nichtvorliegen der gesetzlich vermuteten Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zu vermitteln. Ein schlichtes Bestreiten des Einstandswillens genügt nicht zur Widerlegung der Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a SGB II. "

    Es hat wohl schon einen Grund gehabt, daß Guttenberg abschreiben ließ. Denn diese Richter waren nicht einmal in der Lage den Gesetzestext richtig wiederzugeben.

    "(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn !!! Partner !!!
    1. länger als ein Jahr zusammenleben,
    2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,...."

    Wer sich sein Recht erfindet darf sich nicht wundern, wenn er irgendwann damit in der Realität mal Probleme bekommt.

    Wieso können Richter so schnell vergessen, was die Kollegen der Bundesgerichte mühsam als Recht herausgefunden haben.

    Wer Partner = vermuteter Partner im Gesetz findet soll sich bitte melden.

    Dann dürfte nach Legaldefinition ein vermuteter Millionär sicherlich auch zu entsprechender Steuerzahlung verpflichtet werden. Art. 3 sagt, bei gleichen Tatbeständen sind (hier vermutete Eigenschaft) sind auch gleiche Folgen => Zahlpflicht [Steuern/für Mitbewohner] unvermeidbar.

    Schade das "juris non calculat" sich mangels Übung in Logikdefiziten zu manifestieren scheint.

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