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In einem auf die Gewährung laufender Leistungen für Unterkunft und Heizung gerichteten Verfahren ist ein Anordnungsgrund regelmäßig erst dann gegeben, wenn konkrete Wohnungslosigkeit droht

So die Rechtsauffassung des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.01.2012, - L 12 AS 1773/11 B ER -- .



In einem auf die Gewährung laufender Leistungen für Unterkunft und Heizung gerichteten Verfahren ist ein Anordnungsgrund regelmäßig erst dann gegeben, wenn konkrete Wohnungslosigkeit droht (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 25.11.2011 - L 12 AS 1831/11 B ER; ebenso z.B. LSG NRW, Beschluss vom 02.05.2011 - L 6 AS 2215/10 B; Beschluss vom 27.11.2008 - L 9 B 183/08 AS ER).



Dies ist grundsätzlich nicht bereits dann der Fall, wenn eine Kündigung des Vermieters wegen Mietverzugs ernsthaft erwartet werden muss oder bereits vorliegt oder der Vermieter eine Räumungsklage angedroht hat. Allein diese Umstände begründen zwar die Vermutung, dass womöglich in näherer oder weiterer Zukunft Wohnungslosigkeit drohen könnte; sie führen hingegen in der Regel nicht dazu, dass der Leistungsberechtigte bereits mit konkreter, d.h. tatsächlich und ernsthaft (kurz) bevorstehender Wohnungslosigkeit rechnen muss.



Solch konkrete Wohnungslosigkeit droht regelmäßig dann, wenn der Vermieter Räumungsklage erhoben hat (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats vgl. z.B. Beschluss vom 21.12.2011 - L 12 AS 1469/11 B ER m.w.N.; weitergehend LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 25.11.2010 - L 5 AS 2025/10 B ER: erst bei Räumungsandrohung), weil der Mieter einer Wohnung nach den gesetzlichen Bestimmungen des Zivilprozessrechts (zwangsweise) erst dann aus der Wohnung gewiesen werden kann, wenn der Vermieter einen vollstreckbaren Räumungstitel gegen ihn erworben hat (§ 704 Zivilprozessordnung).



Bei (bloßer) Kündigung oder Klageandrohung ist in der Regel noch nicht ausreichend klar, ob der Vermieter tatsächlich zu einer Räumung als letztem Mittel der Wahl greifen würde oder ob Kündigung bzw. Klageandrohung nicht vielmehr (zunächst) dem Zweck dienen, den Mieter mit höchstem Nachdruck zur Erfüllung seiner Mietpflichten zu bewegen. Die Erhebung einer Räumungsklage hingegen indiziert - insbesondere auch im Hinblick auf den hierfür regelmäßig vom Vermieter zunächst zu entrichtenden Kostenvorschuss - dessen ernsthafte Absicht, den Mieter wegen der Mietschulden tatsächlich auch zwangsweise aus der Wohnung zu entfernen bzw. entfernen zu lassen.



 Erhebt der Vermieter des Leistungsberechtigten gegen diesen - zu Recht - eine Klage auf Räumung des Wohnraums nach §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), so kann der Räumungstitel vom Leistungsberechtigten nicht mehr verhindert werden, wenn es diesem nicht gelingt, die Rückstände gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB entweder selbst auszugleichen oder eine Verpflichtung des Leistungsträgers zum Ausgleich zu erlangen. Anders als noch vor Klageerhebung ist nach Rechtshängigkeit der Klage kein weiteres aktives Handeln des Vermieters mehr erforderlich, um einen Räumungstitel und damit die Berechtigung zu erlangen, Wohnungslosigkeit des Mieters unmittelbar herbeizuführen (vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 16.09.2010 – L 6 AS 949/10 B ER).




 Entsprechend droht ab diesem Zeitpunkt ernsthaft und konkret zeitnah absehbar für den Leistungsberechtigten der Verlust des Mietobjekts, wenn nicht eine Befriedigung des Vermieters innerhalb von 2 Monaten ab Rechtshängigkeit der Räumungsklage (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) erfolgt.



Diese drohende Konsequenz spiegelt auch die Vorschrift des § 22 Abs. 9 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.03.2011 wider, die aus diesem Grund eine Mitteilungspflicht der Amtsgerichte an die Leistungsträger über entsprechende Klageeingänge normiert. Weigert sich der Leistungsträger, die Befriedigung des Vermieters vorzunehmen, so würde ohne Eilentscheidung des Gerichts über die Frage der Eintrittspflicht eine Räumung möglich und damit Nachteile für den Leistungsberechtigten eintreten, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr behoben werden könnten.



 Bis zu einer solchen Räumungsklage ist es dem Leistungsberechtigten aus den o.g. Gründen hingegen zumutbar, zunächst ein Hauptsacheverfahren zu betreiben. Eine besondere Eilbedürftigkeit vor Rechtshängigkeit einer Räumungsklage ergibt sich auch nicht daraus, dass der Leistungsberechtigte die Kosten des gegen ihn angestrengten zivilgerichtlichen Räumungsverfahrens nach dem Veranlassungsprinzip auch dann zu tragen hat, wenn der Leistungsträger im sozialgerichtlichen Eilverfahren zur vorläufigen Befriedigung des Vermieters verpflichtet wird. Bei diesen Kosten handelt es sich nicht um Nachteile, die sich im Hauptsacheverfahren nicht wieder gutmachen ließen. Hat der Leistungsträger die Zahlung der ausstehenden Mieten rechtswidrig verweigert, so ist er im Hauptsacheverfahren auf Antrag des Leistungsberechtigten zur Zahlung dieser Mieten und darüber hinaus zur Übernahme der dem Leistungsberechtigten durch die Leistungsverweigerung entstandenen weiteren Kosten, d.h. konkret der Kosten des zivilgerichtlichen Räumungsverfahrens zu verurteilen.



Dies entspricht der im Sozialversicherungsrecht als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens geltenden Pflicht zur Erstattung der Kosten, die im Fall rechtswidriger Leistungsablehnung angefallen sind (vgl. Löns/Herold-Tews/Boerner, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 22 Rn 128 unter Verweis auf BSG Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R Rn 21 - BSGE 106, 190).

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=150050&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



Anmerkung von Willi 2: Kosten der Unterkunft - wann wird von den Gerichten ein Anordnungsgrund gesehen

http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/10/kosten-der-unterkunft-wann-wird-von-den.html

Kommentare

  1. Ein Blick über den berühmten *Tellerrand hinaus*, was unserer hochheiligen Justiz vielfach *erspart* bleibt, würde die Folgekonsequenzen einer - u.U. - gezielt provozierten Räumungsklage zur Leistungsverpflichtung des Trägers für den Betroffenen deutlich machen:

    Eintrag in die Schufa; damit Vertrauensverlust für Folgevermieter, weiterhin Bonitätsverlust bei der Hausbank, letztendlich Klischeebedienung für *Schmarotzerdasein* ala H4 .. noch dazu werden Vermieter zwangsweise finanziell in die Zange genommen,durch zivilrechtliche Kosten der Räumungsklage. Als Fazit kommt dabei heraus, dass Vermieter sich zunehmend weigern, einen H4-Bezieher als Mieter aufzunehmen. Und wo bleiben diese Menschen dann? Oder will man auf diesem Wege dann staatliche *Zwangsvermietung* verordnen? Hurra *Demokratur*, ich komme !! Das darf doch alles nicht mehr wahr sein !!

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