Direkt zum Hauptbereich

ALG II- Leistungen waren nur als Darlehen zu bewilligen, denn sein Grundeigentum ist als verwertbares Vermögen anzusehen, das die für ihn jeweils zu Beginn der Bewilligungsabschnitte maßgeblichen Freibeträge iSd § 12 Abs 2 SGB II überschreitet

Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 02.02.2012, -   L 11 AS 162/11 -


Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können (vgl. Geiger in LPK- SGB II, 4. Aufl., § 12 Rn.10; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, § 12 Rn. 31). Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen (vgl. BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - Juris Rn. 29 = BSGE 98, 243).


Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind lediglich Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird (vgl. BSG Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R - Juris Rn. 12 = BSGE 99, 248 ff). Die Verwertbarkeit von Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II kann daher nur dann angenommen werden, wenn der Berechtigte in der Lage ist, die Verwertung innerhalb einer bei Antragstellung feststehenden Zeitspanne durch eigenes Handeln - autonom - herbeizuführen. Ist dagegen völlig ungewiss, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt, so liegt eine generelle Unverwertbarkeit bereits iS des § 12 Abs 1 SGB II vor (vgl. BSG, Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - Juris Rn. 22 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 12; Urteil vom 06.12.2007 aaO Rn.15).



Maßgebend für die Prognose, dass ein rechtliches oder tatsächliches Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II (vgl. BSG Urteil vom 27.01.2009 aaO Rn. 23). Für diesen Zeitraum muss im vornhinein eine Prognose getroffen werden, ob und welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit abzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2010 - B 4 AS 70/09 R - Juris Rn.16 = FEVS 62, 337ff).



Als Vermögen sind Sachen und Rechte allenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II). Hierunter fallen die vom Kläger zu verwertenden Grundstücke jedoch nicht. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung liegt vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht. Zu ermitteln ist, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat, der sodann dem Substanzwert gegenüberzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 68/08 R - Juris Rn. 34 = BSGE 100, 196ff; Urteil vom 30.08.2010 - B 4 AS 70/09 R - Juris Rn.19 = FEVS 62, 337ff; Geiger in LPK- SGB II, 4. Aufl., § 12 Rn. 59; Mecke in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl., § 12 Rn.84). Die Verwertung einer Immobilie kann offensichtlich unwirtschaftlich sein, wenn bei einer Veräußerung wesentlich weniger als der zum Erwerb des Grundstücks aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden kann, wobei gewisse Verluste wegen veränderter Marktpreise zumutbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2007 - B 14/7b AS 37/06 R - Juris Rn.40 = BSGE 98, 243ff).


https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=150702&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=


Anmerkung von Willi 2: Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 2. Februar 2012 - L 11 AS 675/10 -


Grundsicherung nach dem SGB II - Bedürftigkeit trotz Immobiliarvermögen

http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/03/grundsicherung-nach-dem-sgb-ii.html

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint