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Keine Berufung per e-mail und PDF

-Mail, SMS, mobile Messenger oder facebook treten immer mehr an die Stelle des klassischen Briefverkehrs. Ein zeitgemäßer Zugang zu den Gerichten und damit grundgesetzlich garantierten Rechtsschutz zählt zu den Anforderungen an eine moderne Justiz. Gleichzeitig müssen die Gerichte für Rechtssicherheit sorgen und gleichzeitig verhindern, dass Informationen aus Rechtsstreitigkeiten in die falschen Hände gelangen. Zu welchem Ergebnis kommt also derzeit die Abwägung zwischen Datenschutz sowie Rechtssicherheit einerseits und e-mail-Verkehr andererseits?

Hierzu hat das Bayerische Landessozialgericht durch eine neuere Entscheidung Klarheit geschaffen.

Ausgangspunkt


Das Sozialgericht hatte einen per e-mail eingegangen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz als formunwirksam abgewiesen. Dagegen wandte sich die Antragstellerin - wieder per e-mail. Als Attachment der mail fügte die Antragstellerin die unterschriebene Beschwerdeschrift als PDF-Datei bei.

Die Entscheidung
Das Bayerische Landessozialgericht hat die Beschwerdeschrift als formunwirksam verworfen. Die e-mail genüge der gesetzlichen Schriftform nicht. Das gleiche gelte für die - vom Gericht ausgedruckte und damit in Schriftform vorliegende - PDF-Datei. Denn der Ausdruck hänge von einem Zutun des Empfängers ab, von dessen Zutun die Einhaltung von Formvorschriften aber nicht abhängen dürfe. Schließlich sei wegen der spezifischen verwendeten e-mail-Adresse der Antragstellerin nicht sicher, dass die Beschwerdeschrift auch wirklich von dieser stamme.

Auswirkungen der Entscheidung
Das Bayerische Landessozialgericht hat betont, dass im Interesse der Rechtssicherheit die Einhaltung von Formvorschriften nicht von dem Verhalten des Gerichts abhängen dürfe (hier: Ausdruck der PDF-Datei). Das Gericht folgt damit nicht früheren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des LSG Sachsen-Anhalt (vgl. BGH, Beschluss vom 15.7.2008, X ZB 8/08 und LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.1.2011, L 5 AS 433/10 B).

Mit diesem Urteil ist klargestellt, dass derzeit Klage und Berufung rechtssicher nicht per e-mail eingelegt werden können. Für Rechtsmittel in der Sozialgerichtsbarkeit ist heute nur am Bundessozialgericht ein „elektronischer Briefkasten“ eingerichtet, für den die spezielle Übertragungssoftware „EGVP“ erforderlich ist.
Das wird nicht immer so bleiben: Die Einführung des Elektronischen Rechtsverkehrs auch an den Bayerischen Sozialgerichten hat mittlerweile die Test-Phase erreicht. Bis diese aber abgeschlossen und der Elektronische Rechtsverkehr vollständig eingerichtet ist, bleibt der rechtssichere Zugang zu den Sozial- und Landessozialgerichten Brief und Fax vorbehalten.

Bayer. Landessozialgericht Beschluss vom 24. Februar 2012 - L 8 SO 9/12 B ER

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/msgb/list.php?modul=msgb



Volltext: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=150642&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Kommentare

  1. Dass es im Süden des Landes schwer fällt, die Abwehrrechte gegen den Staat im Sinne des Art. 19 Absatz 4 uneingeschränkt gelten zu lassen und so dem Rechtsstaat die notwendige Ehre zu erweisen, muß halt der Bürger ausreichend beklagen.

    Ungeachtet der vermeintlich fehlerhaften Form (siehe schriftlich im Duden) hat eine staatliche Kontrollbehörde nun Kenntnis einer rechtswidrigen Handlung gegen Art. 20 Absatz 3 GG. Wer als Richter die Unabhängigkeit und Gewaltenteilung ernst nimmt, kennt seine Obliegenheit, die daraus erwächst. Ein Polizist darf bei einem Verbrechen auch nicht tatenlos zusehen.

    Angesichts minimaler finanzieller Ressourcen von Sozialklägern ist diese Verhinderung eines barrierefreien und somit erst fairen Verfahrens nicht tolerierbar. Bei Zweifel der Urheberschaft steht es dem Gericht frei nicht zuletzt im Sinne des § 103 bei Kenntnis über die einen Mißstand hier die Voraussetzungen zu schaffen - Zusendung Papier (Ausdruck der Mail) und Freiumschlag - um eine für noch erforderlich gehaltene Unterschrift einzuholen.

    Beim unzulässigen Eingriff in existentielle Grundrechte hingegen überwiegt die Schutzobliegenheit nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 die Interressen der angeblichen Rechtssicherheit. Das Argument des Datenschutzes hingegen greift nicht, da die diesbezüglich der Email gleichgestellten Postkarte dennoch dem Schrfitformbedürfnis genügen würde.

    Der mündige Absender weiß durhaus das Datenschutz-Risiko der von ihm gewählten Form und ist es bewußt abgewogen eingegegangen, das Gericht kann für Rückfragen stets den herkömmlichen Postversand nutzen oder sichere elektronische Kommunikationsformen aufbauen um dem Art. 20a GG bezüglich der Papierressourcenverschwendung etwas näher zu kommen.

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