Mehrbedarf für behinderte Menschen - Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme - Kein Leistungsausschluss nach dem SGB II
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , Beschluss vom 16.01.2012,- L 26 AS 2360/11 B ER -
Aus der Neufassung der §§ 7 Abs. 5, 27 SGB II ab 1. April 2011 lässt sich nicht eindeutig ableiten, dass der Gesetzgeber auch behinderte erwerbsfähige Auszubildende, d.h. Auszubildende mit einem Anspruch auf Ausbildungsgeld, vom Leistungsausschluss erfassen wollte.
Nach § 7 Abs. 5 SGB II nF haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Durch die Neufassung des § 7 Abs. 5 SGB II sollte abschließend geregelt werden, welche Leistungen für den Personenkreis des § 7 Abs. 5 SGB II nF möglich sind (vgl. Thie in LPK-SGB II, 4. Auflage, § 27 Rn. 1). Nach der abschließenden Regelung des § 27 Abs. 2 SGB II nF werden Leistungen in Höhe der Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 2, 3, 5 und 6 und in Höhe der Leistungen nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 erbracht, soweit die Mehrbedarfe nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind.
Der Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte nach § 21 Abs. 4 SGB II ist gerade nicht in den Katalog des Abs. 2 aufgenommen worden (vgl. Thie in LPK-SGB II, aaO, § 27 Rn. 4). Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II nF ist die Antragstellerin nicht von den Leistungen des SGB II ausgeschlossen. Die von ihr absolvierte berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme ist keine förderungsfähige Ausbildung im Sinne des § 2 BAföG.
Auch handelt es sich bei der Maßnahme nicht um eine nach §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähige Maßnahme. Denn die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 97 ff SGB III verdrängen die allgemeinen Regelungen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Februar 2008, L 5 B 10/08 AS ER, juris, Rn. 22). Nach der Rechtsprechung zum Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II aF waren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II an Auszubildende nur für ausbildungsgeprägte Bedarfe ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2007, B 14/7b AS 36/06 R = SozR 4-4200 § 7 Nr. 6).
Der für nach §§ 60 bis 62 SGB III förderungsfähige Ausbildungen geltende Ausschluss gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II galt nicht für nach §§ 102 ff SGB II förderungsfähige Ausbildungen. Hätte der Gesetzgeber auch insoweit einen Ausschlusstatbestand schaffen wollen, so hätte er die entsprechenden Vorschriften in Bezug nehmen können und müssen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Februar 2008, L 5 B 10/08 AS ER, aaO, mwN).
Auch aus der Neufassung der §§ 7 Abs. 5, 27 SGB II ab 1. April 2011 lässt sich nicht eindeutig ableiten, dass der Gesetzgeber auch behinderte erwerbsfähige Auszubildende, d.h. Auszubildende mit einem Anspruch auf Ausbildungsgeld, vom Leistungsausschluss erfassen wollte. Diese Fallkonstellation ist nach wie vor nicht vom Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II nF erfasst.
Daher bedarf es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren keiner Entscheidung, ob die Antragstellerin im streitigen Zeitraum überhaupt Auszubildende im Sinne des Gesetzes ist. Dies erscheint im Hinblick auf den Inhalt des Vertrages zwischen der Antragstellerin und der a GmbH vom 20. September 2011 zumindest zweifelhaft. Nach der Bescheinigung des Trägers vom 2. September 2011 ist die Maßnahme einer Ausbildung lediglich gleichgestellt.
Allein die Gewährung von Ausbildungsgeld lässt nicht den Rückschluss auf das Vorliegen einer Ausbildung zu.
Denn nach § 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III haben behinderte Menschen Anspruch auf Ausbildungsgeld während einer beruflichen Ausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, wenn ein Übergangsgeld nicht erbracht wird. In den Gesetzesmaterialien zu §§ 7 Abs. 5, 27 SGB II nF sind keine Hinweise dafür zu finden, dass bewusst auch die Auszubildenden mit Anspruch auf Ausbildungsgeld von der Ausschlussnorm erfasst sein sollen.
Ohne solche klaren Hinweise auf eine entsprechende Regelungsabsicht des Gesetzgebers spricht mehr dafür als dagegen, diese Fälle als nicht vom Ausschluss erfasst anzusehen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. Dezember 2011, L 2 AS 438/11 B ER, juris, Rn. 16, unter Bezugnahme auf LSG Hamburg, Beschluss vom 6. Juli 2011, L 5 AS 191/11 B ER, juris).
Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich (nur) ersehen, dass der Gesetzgeber mit § 27 Abs. 2 SGB II nF den Anspruch Auszubildender auf Mehrbedarfe zum Lebensunterhalt erstmalig gesetzlich regeln wollte.
Der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II wird als ausbildungsbezogen angesehen.
Soweit behinderte erwerbsfähige Auszubildende ausbildungsgeprägte Mehrbedarfe haben, werden diese durch andere, besondere Teilhabeleistungen gedeckt (siehe BT-Dr. 17/3404, S. 103). Die Änderung in § 7 Abs. 5 SGB II nF ist eine Folgeänderung und Präzisierung zu § 27 SGB II nF (siehe BT-Dr. 17/3404, S. 92).
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148864&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Aus der Neufassung der §§ 7 Abs. 5, 27 SGB II ab 1. April 2011 lässt sich nicht eindeutig ableiten, dass der Gesetzgeber auch behinderte erwerbsfähige Auszubildende, d.h. Auszubildende mit einem Anspruch auf Ausbildungsgeld, vom Leistungsausschluss erfassen wollte.
Nach § 7 Abs. 5 SGB II nF haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Durch die Neufassung des § 7 Abs. 5 SGB II sollte abschließend geregelt werden, welche Leistungen für den Personenkreis des § 7 Abs. 5 SGB II nF möglich sind (vgl. Thie in LPK-SGB II, 4. Auflage, § 27 Rn. 1). Nach der abschließenden Regelung des § 27 Abs. 2 SGB II nF werden Leistungen in Höhe der Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 2, 3, 5 und 6 und in Höhe der Leistungen nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 erbracht, soweit die Mehrbedarfe nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind.
Der Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte nach § 21 Abs. 4 SGB II ist gerade nicht in den Katalog des Abs. 2 aufgenommen worden (vgl. Thie in LPK-SGB II, aaO, § 27 Rn. 4). Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II nF ist die Antragstellerin nicht von den Leistungen des SGB II ausgeschlossen. Die von ihr absolvierte berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme ist keine förderungsfähige Ausbildung im Sinne des § 2 BAföG.
Auch handelt es sich bei der Maßnahme nicht um eine nach §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähige Maßnahme. Denn die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 97 ff SGB III verdrängen die allgemeinen Regelungen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Februar 2008, L 5 B 10/08 AS ER, juris, Rn. 22). Nach der Rechtsprechung zum Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II aF waren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II an Auszubildende nur für ausbildungsgeprägte Bedarfe ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2007, B 14/7b AS 36/06 R = SozR 4-4200 § 7 Nr. 6).
Der für nach §§ 60 bis 62 SGB III förderungsfähige Ausbildungen geltende Ausschluss gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II galt nicht für nach §§ 102 ff SGB II förderungsfähige Ausbildungen. Hätte der Gesetzgeber auch insoweit einen Ausschlusstatbestand schaffen wollen, so hätte er die entsprechenden Vorschriften in Bezug nehmen können und müssen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Februar 2008, L 5 B 10/08 AS ER, aaO, mwN).
Auch aus der Neufassung der §§ 7 Abs. 5, 27 SGB II ab 1. April 2011 lässt sich nicht eindeutig ableiten, dass der Gesetzgeber auch behinderte erwerbsfähige Auszubildende, d.h. Auszubildende mit einem Anspruch auf Ausbildungsgeld, vom Leistungsausschluss erfassen wollte. Diese Fallkonstellation ist nach wie vor nicht vom Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II nF erfasst.
Daher bedarf es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren keiner Entscheidung, ob die Antragstellerin im streitigen Zeitraum überhaupt Auszubildende im Sinne des Gesetzes ist. Dies erscheint im Hinblick auf den Inhalt des Vertrages zwischen der Antragstellerin und der a GmbH vom 20. September 2011 zumindest zweifelhaft. Nach der Bescheinigung des Trägers vom 2. September 2011 ist die Maßnahme einer Ausbildung lediglich gleichgestellt.
Allein die Gewährung von Ausbildungsgeld lässt nicht den Rückschluss auf das Vorliegen einer Ausbildung zu.
Denn nach § 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III haben behinderte Menschen Anspruch auf Ausbildungsgeld während einer beruflichen Ausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, wenn ein Übergangsgeld nicht erbracht wird. In den Gesetzesmaterialien zu §§ 7 Abs. 5, 27 SGB II nF sind keine Hinweise dafür zu finden, dass bewusst auch die Auszubildenden mit Anspruch auf Ausbildungsgeld von der Ausschlussnorm erfasst sein sollen.
Ohne solche klaren Hinweise auf eine entsprechende Regelungsabsicht des Gesetzgebers spricht mehr dafür als dagegen, diese Fälle als nicht vom Ausschluss erfasst anzusehen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. Dezember 2011, L 2 AS 438/11 B ER, juris, Rn. 16, unter Bezugnahme auf LSG Hamburg, Beschluss vom 6. Juli 2011, L 5 AS 191/11 B ER, juris).
Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich (nur) ersehen, dass der Gesetzgeber mit § 27 Abs. 2 SGB II nF den Anspruch Auszubildender auf Mehrbedarfe zum Lebensunterhalt erstmalig gesetzlich regeln wollte.
Der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II wird als ausbildungsbezogen angesehen.
Soweit behinderte erwerbsfähige Auszubildende ausbildungsgeprägte Mehrbedarfe haben, werden diese durch andere, besondere Teilhabeleistungen gedeckt (siehe BT-Dr. 17/3404, S. 103). Die Änderung in § 7 Abs. 5 SGB II nF ist eine Folgeänderung und Präzisierung zu § 27 SGB II nF (siehe BT-Dr. 17/3404, S. 92).
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