Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat am 25. August 2011 entschieden, dass erforderliche Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger nicht nach Maßgabe pauschal ermittelter Vergütungssätze zu übernehmen sind, sondern dass die Angemessenheit der einzelnen geltend gemachten Kosten sowie des Gesamtpakets zu ermitteln sind.
Es ist mithin eine den Individualitätsgrundsatz berücksichtigende Entscheidung zu treffen (§ 9 Abs 1 SGB XII); grundsätzlich ist dabei auch angemessenen Wünschen des Bestattungspflichtigen (§ 9 Abs 2 SGB XII) und ggf des Verstorbenen (§ 9 Abs 1 SGB XII) sowie religiösen Bekenntnissen (Art 4 Grundgesetz) mit Rücksicht auf die auch nach dem Tod zu beachtende Menschenwürde (vgl dazu nur: BVerwG Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr 41; BSGE 100, 131 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3) Rechnung zu tragen.
Fehlinformationen des Sozialhilfeträgers bzw eine Weigerung, sich zur Höhe der angemessenen Kosten der Bestattung gem. § 74 SGB XII zu äußern, kann im Einzelfall dazu führen, dass auch objektiv unangemessene Kosten subjektiv erforderlich sind.
Die Klägerin, die Arbeitslosengeld II bezog, machte vom Sozialhilfeträger Bestattungskosten geltend, die ihr anlässlich des Todes ihres Ehemannes entstanden sind; dabei hat der Sozialhilfeträger die Rechnung des Bestattungsunternehmens um über 950 Euro insgesamt gekürzt.
Das Landessozialgericht hat die Klage auf Zahlung dieses Betrages abgelehnt, weil mit den vom Beklagten gewährten Mitteln eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende, würdige, aber einfache Bestattung durchführbar sei und die vom Beklagten hierzu entwickelten Vergütungssätze nachvollziehbar und plausibel seien. Die über die Vergütungssätze des Beklagten hinausgehenden Kosten seien nicht erforderlich im Sinne des Gesetzes (§ 74 SGB XII).
Dieser Argumentation ist das Bundessozialgericht nicht gefolgt; vielmehr sind die Erforderlichkeit der Einzelleistungen des Bestattungsunternehmers und die Höhe der dafür im Einzelnen angesetzten Kosten sowie eine Gesamtbetrachtung der Summe auf den örtlichen Verhältnissen entsprechende Angemessenheit zu überprüfen.
Dabei ist insbesondere zu beachten, dass erstattungspflichtige Privatpersonen in der Regel vertragsmäßig ungünstigeren Konditionen unterliegen als die Sozialhilfeträger und dem Bestattungspflichtigen, der sich ohnedies in einer besondern Belastungssituation befindet, bis zur Beerdigung regelmäßig nicht die Zeit bleiben dürfte, unterschiedliche Angebote bei Bestattungsunternehmern einzuholen, um das billigste auszuwählen.
Gerade deshalb sind sie in besonderer Weise auf Beratung durch den Sozialhilfeträger angewiesen, soweit sie bei diesem wegen der Höhe der angemessenen Kosten nachfragen.
Fehlinformationen des Sozialhilfeträgers bzw eine Weigerung, sich zur Höhe der angemessenen Kosten zu äußern, kann deshalb im Einzelfall dazu führen, dass auch objektiv unangemessene Kosten subjektiv erforderlich sind, wenn die tatsächlichen Kosten zu den angemessenen Kosten nicht in einem derart auffälligen Missverhältnis stehen, dass dies dem Bestattungspflichtigen ohne weiteres hätte auffallen müssen.
Allerdings erfasst die Norm nur die Bestattungskosten selbst. Zu übernehmen sind im Sinne eines Zurechnungszusammenhangs, aber auch nach dem Wortlaut, deshalb nur die Kosten, die unmittelbar der Bestattung (unter Einschluss der ersten Grabherrichtung) dienen bzw mit der Durchführung der Bestattung untrennbar verbunden sind, nicht jedoch solche für Maßnahmen, die nur anlässlich des Todes entstehen, also nicht final auf die Bestattung selbst ausgerichtet sind (etwa Todesanzeigen, Danksagungen, Leichenschmaus, Anreisekosten, Bekleidung).
Bestattungskosten sind mithin von vornherein all die Kosten, die aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften resultierend notwendigerweise entstehen, damit die Bestattung überhaupt durchgeführt werden kann oder darf, sowie die, die aus religiösen Gründen unerlässlicher Bestandteil der Bestattung sind.
Zumutbar ist die Tragung der Kosten ,wenn die Klägerin über Einkommen oder Vermögen verfügte (Sterbegeld, Bestattungsvorsorge, Erbschaft), das für die Bestattung vorgesehen (Berlit in LPK-SGB XII, § 74 SGB XII RdNr 8 mwN) oder nach Sinn und Zweck des § 74 SGB XII dafür zu verwenden ist (s für den Fall der Erbschaft § 1968 BGB).
Dies entspricht nicht zuletzt den Kriterien der §§ 85 bis 91 SGB XII; denn auch § 88 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII ermöglicht die Berücksichtigung von Einkommen unterhalb der Einkommensgrenze (Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 88 SGB XII RdNr 42), und eine Erbschaft fällt nach der Rechtsprechung des BVerwG (BVerwG Buchholz 436.0 § 15 BSHG Nr 2) jedenfalls nicht unter § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII, ist somit als solche nicht unter diesem Gesichtspunkt privilegiertes Vermögen.
Etwas anderes kann für einzelne Gegenstände der Erbschaft gelten (etwa ein nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII privilegiertes Hausgrundstück). Ist Einkommen oder Vermögen im bezeichneten Sinne vorhanden, steht es in Höhe des Bestattungsbedarfs nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung; es handelt sich insoweit nicht um bereite Mittel.
BSG, Urteil vom 25.08.2011, - B 8 SO 20/10 R -
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2011&nr=12257&pos=15&anz=191
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
Es ist mithin eine den Individualitätsgrundsatz berücksichtigende Entscheidung zu treffen (§ 9 Abs 1 SGB XII); grundsätzlich ist dabei auch angemessenen Wünschen des Bestattungspflichtigen (§ 9 Abs 2 SGB XII) und ggf des Verstorbenen (§ 9 Abs 1 SGB XII) sowie religiösen Bekenntnissen (Art 4 Grundgesetz) mit Rücksicht auf die auch nach dem Tod zu beachtende Menschenwürde (vgl dazu nur: BVerwG Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr 41; BSGE 100, 131 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3) Rechnung zu tragen.
Fehlinformationen des Sozialhilfeträgers bzw eine Weigerung, sich zur Höhe der angemessenen Kosten der Bestattung gem. § 74 SGB XII zu äußern, kann im Einzelfall dazu führen, dass auch objektiv unangemessene Kosten subjektiv erforderlich sind.
Die Klägerin, die Arbeitslosengeld II bezog, machte vom Sozialhilfeträger Bestattungskosten geltend, die ihr anlässlich des Todes ihres Ehemannes entstanden sind; dabei hat der Sozialhilfeträger die Rechnung des Bestattungsunternehmens um über 950 Euro insgesamt gekürzt.
Das Landessozialgericht hat die Klage auf Zahlung dieses Betrages abgelehnt, weil mit den vom Beklagten gewährten Mitteln eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende, würdige, aber einfache Bestattung durchführbar sei und die vom Beklagten hierzu entwickelten Vergütungssätze nachvollziehbar und plausibel seien. Die über die Vergütungssätze des Beklagten hinausgehenden Kosten seien nicht erforderlich im Sinne des Gesetzes (§ 74 SGB XII).
Dieser Argumentation ist das Bundessozialgericht nicht gefolgt; vielmehr sind die Erforderlichkeit der Einzelleistungen des Bestattungsunternehmers und die Höhe der dafür im Einzelnen angesetzten Kosten sowie eine Gesamtbetrachtung der Summe auf den örtlichen Verhältnissen entsprechende Angemessenheit zu überprüfen.
Dabei ist insbesondere zu beachten, dass erstattungspflichtige Privatpersonen in der Regel vertragsmäßig ungünstigeren Konditionen unterliegen als die Sozialhilfeträger und dem Bestattungspflichtigen, der sich ohnedies in einer besondern Belastungssituation befindet, bis zur Beerdigung regelmäßig nicht die Zeit bleiben dürfte, unterschiedliche Angebote bei Bestattungsunternehmern einzuholen, um das billigste auszuwählen.
Gerade deshalb sind sie in besonderer Weise auf Beratung durch den Sozialhilfeträger angewiesen, soweit sie bei diesem wegen der Höhe der angemessenen Kosten nachfragen.
Fehlinformationen des Sozialhilfeträgers bzw eine Weigerung, sich zur Höhe der angemessenen Kosten zu äußern, kann deshalb im Einzelfall dazu führen, dass auch objektiv unangemessene Kosten subjektiv erforderlich sind, wenn die tatsächlichen Kosten zu den angemessenen Kosten nicht in einem derart auffälligen Missverhältnis stehen, dass dies dem Bestattungspflichtigen ohne weiteres hätte auffallen müssen.
Allerdings erfasst die Norm nur die Bestattungskosten selbst. Zu übernehmen sind im Sinne eines Zurechnungszusammenhangs, aber auch nach dem Wortlaut, deshalb nur die Kosten, die unmittelbar der Bestattung (unter Einschluss der ersten Grabherrichtung) dienen bzw mit der Durchführung der Bestattung untrennbar verbunden sind, nicht jedoch solche für Maßnahmen, die nur anlässlich des Todes entstehen, also nicht final auf die Bestattung selbst ausgerichtet sind (etwa Todesanzeigen, Danksagungen, Leichenschmaus, Anreisekosten, Bekleidung).
Bestattungskosten sind mithin von vornherein all die Kosten, die aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften resultierend notwendigerweise entstehen, damit die Bestattung überhaupt durchgeführt werden kann oder darf, sowie die, die aus religiösen Gründen unerlässlicher Bestandteil der Bestattung sind.
Zumutbar ist die Tragung der Kosten ,wenn die Klägerin über Einkommen oder Vermögen verfügte (Sterbegeld, Bestattungsvorsorge, Erbschaft), das für die Bestattung vorgesehen (Berlit in LPK-SGB XII, § 74 SGB XII RdNr 8 mwN) oder nach Sinn und Zweck des § 74 SGB XII dafür zu verwenden ist (s für den Fall der Erbschaft § 1968 BGB).
Dies entspricht nicht zuletzt den Kriterien der §§ 85 bis 91 SGB XII; denn auch § 88 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII ermöglicht die Berücksichtigung von Einkommen unterhalb der Einkommensgrenze (Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 88 SGB XII RdNr 42), und eine Erbschaft fällt nach der Rechtsprechung des BVerwG (BVerwG Buchholz 436.0 § 15 BSHG Nr 2) jedenfalls nicht unter § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII, ist somit als solche nicht unter diesem Gesichtspunkt privilegiertes Vermögen.
Etwas anderes kann für einzelne Gegenstände der Erbschaft gelten (etwa ein nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII privilegiertes Hausgrundstück). Ist Einkommen oder Vermögen im bezeichneten Sinne vorhanden, steht es in Höhe des Bestattungsbedarfs nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung; es handelt sich insoweit nicht um bereite Mittel.
BSG, Urteil vom 25.08.2011, - B 8 SO 20/10 R -
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2011&nr=12257&pos=15&anz=191
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
Da hat der Hartz IV Empfänger den Staat durch seinen frühen Tod entlastet und seine armen Angehörigen müssen die Beerdigung noch in Raten abzahlen.
AntwortenLöschenDie religösen Bekenntnisse aus "sowie religiösen Bekenntnissen (Art 4 Grundgesetz) mit Rücksicht auf die auch nach dem Tod zu beachtende Menschenwürde " sind nur bei Toten relevant.
AntwortenLöschenLebendige brauchen dafür weder Blumen (Tannenbaum) noch "Sondernahrung/außer Haus" für Gäste oder gar ein persönliches Budget wie das Taschengeld, welches JA für normal befinden.
Daran sieht man deutlich, wer stigmatisierte Festtage im überwiegend christlichen Raum als normativ wertende Festlegung des üblichen Bevölkerungsprofils festzulegen gedenkt. Abweichend Gläubige könnten ansonsten den Dez. Betrag notalls für andere Termine "umschichten".