Pünktlich zum 4. Advent möchten wir allen Leistungsbeziehern nach dem 4. Kapitel SGB XII ein Weihnachtsgeschenk machen - Stromkostenguthaben war bis zum 31.12.2010 Vermögen und kein anrechenbares Einkommen nach § 82 SGB XII.
Vorab empehlen wir allen Betroffenen einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu stellen, bei Ablehnung sollte ein Widerspruchs- und Klageverfahren geführt werden.
Ein Stromkostenguthaben ist kein anrechenbares Einkommen nach § 82 Abs. 1 SGB XII, sondern ist Vermögen, so die Rechtsauffassung des Sozialgericht Aachen, Urteil vom 18.11.2011, - S 19 SO 172/10 -.
Dass ein aus Abschlagszahlungen für Strom resultierendes Guthaben nicht als Einkommen im Sinne von § 82 Abs. 1 SGB XII anzusehen ist, folgt für die Kammer indessen aus allgemeinen Überlegungen und insbesondere aus dem Grundkonzept pauschalierter Leistungssätze.
Die im SGB II und auch im SGB XII anzutreffenden pauschalierten Regelsätze umfassen nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch einen Betrag für Ansparungen, um auf zukünftig entstehende Bedarfe reagieren zu können (vgl. allgemein BSG, Urteil vom 01.06.2010 – B 4 AS 78/09 R ; Merten, in: BeckOK Sozialrecht, § 40 SGB II Rdnr. 1a unter Hinweis auf die Begründung zu § 29 SGB XII, BT-Drs 15/1514, S. 59).
Von den Hilfeempfängern wird also erwartet, dass sie aus der ihnen gewährten Regelleistung einen Betrag "zur Seite legen". Tun sie dies und legen sie den angesparten Teil etwa verzinslich an, so könnten bei Rückgewähr nach Ende der Laufzeit allenfalls die erhaltenen Zinsen als Einkommen angerechnet werden.
Wollte man demgegenüber auch den angesparten Teil als Einkommen anrechnen, würde dies sämtlichen Motivationen für eine Ansparung zuwiderlaufen und damit dem Gesetzeszweck widersprechen.
Nichts anderes kann dann aber für den Fall gelten, dass ein Hilfeempfänger mehr an Abschlägen für Strom aus seiner Regelleistung bezahlt, als die Kosten für Strom letztendlich betragen.
Denn er tut damit nichts anders, als für die Entstehung eines zukünftigen Bedarfs vorzubauen. Wollte man demgegenüber die Rückgewährung des Überschussbetrages als Einkommen anrechnen, würde der Anreiz, Bestandteile aus der Regelleistung anzusparen, um auf zukünftige Bedarfe reagieren zu können, zunichte gemacht.
Überdies würden Hilfeempfänger, welche Erhöhungen von Stromkosten durch ordnungsgemäße Zahlungen von Abschlägen nachkommen, gegenüber solchen Hilfeempfängern "bestraft", welche ihre Abschlagszahlungen nicht zahlen und deshalb Schulden anhäufen.
Die gegenteilige Auffassung des 8. Senats des Bundessozialgerichts vom 19.05.2009 (B 8 SO 35/07 R) überzeugt die Kammer nicht.
Insbesondere setzt sie sich nicht mit dem o.g. Argument der pauschalierten Leistungen auseinander.
Der Verweis des 8. Senats auf die zu einer Betriebskostenerstattung ergangene Entscheidung des 14. Senats vom 15.04.2008 (B 14/7b AS 58/06 R) verfängt nicht, weil Betriebskosten als Bestandteil der Kosten der Unterkunft gerade nicht pauschal, sondern in Höhe der tatsächlichen (angemessenen) Aufwendungen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F.) erbracht werden.
Das Gericht sieht sich in seiner Auffassung zudem durch die jüngste Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 23.08.2011 (B 14 AS 186/10 R) bestätigt.
Darin hat der 14. Senat entschieden, dass "Einnahmen aus Einsparungen hinsichtlich der Regelbedarfe [ ] grundsätzlich über den jeweiligen Bezugszeitraum hinweg von der Berücksichtigung als Einkommen freizustellen [sind]" (zitiert nach Terminbericht Nr. 41/11).
Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass es im System des SGB XII und im System des SGB II im Detail Unterschiede geben mag. Angesichts des beiden Regimen immanenten Gedankens der Pauschalierung von Regelleistungen und der konzeptionellen Ähnlichkeit indessen ist nicht ersichtlich, dass diese Problematik im SGB II anders bewertet werden kann, als im SGB XII.
Sozialgericht Aachen Urteil vom 18.11.2011, - S 19 SO 172/10 -,die Berufung zuzulassen, weil das Urteil von der Entscheidung des BSG vom 19.05.2009 (B 8 SO 35/07 R) abweicht und auf dieser Abweichung beruht.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=147799&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: BSG, Urteil vom 23.08.2011, - B 14 AS 185/10 R- :RdNr.21
Da § 20 SGB II - anders als § 28 SGB XII - die Berücksichtigung abweichender Bedarfe beim Regelbedarf von vornherein ausschließt, lässt sich aus dem sogenannten Nachranggrundsatz nicht der Schluss ziehen, dass die Berücksichtigung von ersparten Aufwendungen als Einkommen geboten ist (zur abweichenden Rechtslage nach dem SGB XII: BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 35/07 R - SozR 4-3500 § 82 Nr 5, RdNr 19 und nunmehr die Neuregelung in § 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII durch das RBEG).
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/12/bundessozialgericht-veroffentlicht.html
§ 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII in der jetzigen Fassung: Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen.
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
Ein Stromkostenguthaben ist kein anrechenbares Einkommen nach § 82 Abs. 1 SGB XII, sondern ist Vermögen, so die Rechtsauffassung des Sozialgericht Aachen, Urteil vom 18.11.2011, - S 19 SO 172/10 -.
Dass ein aus Abschlagszahlungen für Strom resultierendes Guthaben nicht als Einkommen im Sinne von § 82 Abs. 1 SGB XII anzusehen ist, folgt für die Kammer indessen aus allgemeinen Überlegungen und insbesondere aus dem Grundkonzept pauschalierter Leistungssätze.
Die im SGB II und auch im SGB XII anzutreffenden pauschalierten Regelsätze umfassen nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch einen Betrag für Ansparungen, um auf zukünftig entstehende Bedarfe reagieren zu können (vgl. allgemein BSG, Urteil vom 01.06.2010 – B 4 AS 78/09 R ; Merten, in: BeckOK Sozialrecht, § 40 SGB II Rdnr. 1a unter Hinweis auf die Begründung zu § 29 SGB XII, BT-Drs 15/1514, S. 59).
Von den Hilfeempfängern wird also erwartet, dass sie aus der ihnen gewährten Regelleistung einen Betrag "zur Seite legen". Tun sie dies und legen sie den angesparten Teil etwa verzinslich an, so könnten bei Rückgewähr nach Ende der Laufzeit allenfalls die erhaltenen Zinsen als Einkommen angerechnet werden.
Wollte man demgegenüber auch den angesparten Teil als Einkommen anrechnen, würde dies sämtlichen Motivationen für eine Ansparung zuwiderlaufen und damit dem Gesetzeszweck widersprechen.
Nichts anderes kann dann aber für den Fall gelten, dass ein Hilfeempfänger mehr an Abschlägen für Strom aus seiner Regelleistung bezahlt, als die Kosten für Strom letztendlich betragen.
Denn er tut damit nichts anders, als für die Entstehung eines zukünftigen Bedarfs vorzubauen. Wollte man demgegenüber die Rückgewährung des Überschussbetrages als Einkommen anrechnen, würde der Anreiz, Bestandteile aus der Regelleistung anzusparen, um auf zukünftige Bedarfe reagieren zu können, zunichte gemacht.
Überdies würden Hilfeempfänger, welche Erhöhungen von Stromkosten durch ordnungsgemäße Zahlungen von Abschlägen nachkommen, gegenüber solchen Hilfeempfängern "bestraft", welche ihre Abschlagszahlungen nicht zahlen und deshalb Schulden anhäufen.
Die gegenteilige Auffassung des 8. Senats des Bundessozialgerichts vom 19.05.2009 (B 8 SO 35/07 R) überzeugt die Kammer nicht.
Insbesondere setzt sie sich nicht mit dem o.g. Argument der pauschalierten Leistungen auseinander.
Der Verweis des 8. Senats auf die zu einer Betriebskostenerstattung ergangene Entscheidung des 14. Senats vom 15.04.2008 (B 14/7b AS 58/06 R) verfängt nicht, weil Betriebskosten als Bestandteil der Kosten der Unterkunft gerade nicht pauschal, sondern in Höhe der tatsächlichen (angemessenen) Aufwendungen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F.) erbracht werden.
Das Gericht sieht sich in seiner Auffassung zudem durch die jüngste Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 23.08.2011 (B 14 AS 186/10 R) bestätigt.
Darin hat der 14. Senat entschieden, dass "Einnahmen aus Einsparungen hinsichtlich der Regelbedarfe [ ] grundsätzlich über den jeweiligen Bezugszeitraum hinweg von der Berücksichtigung als Einkommen freizustellen [sind]" (zitiert nach Terminbericht Nr. 41/11).
Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass es im System des SGB XII und im System des SGB II im Detail Unterschiede geben mag. Angesichts des beiden Regimen immanenten Gedankens der Pauschalierung von Regelleistungen und der konzeptionellen Ähnlichkeit indessen ist nicht ersichtlich, dass diese Problematik im SGB II anders bewertet werden kann, als im SGB XII.
Sozialgericht Aachen Urteil vom 18.11.2011, - S 19 SO 172/10 -,die Berufung zuzulassen, weil das Urteil von der Entscheidung des BSG vom 19.05.2009 (B 8 SO 35/07 R) abweicht und auf dieser Abweichung beruht.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=147799&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: BSG, Urteil vom 23.08.2011, - B 14 AS 185/10 R- :RdNr.21
Da § 20 SGB II - anders als § 28 SGB XII - die Berücksichtigung abweichender Bedarfe beim Regelbedarf von vornherein ausschließt, lässt sich aus dem sogenannten Nachranggrundsatz nicht der Schluss ziehen, dass die Berücksichtigung von ersparten Aufwendungen als Einkommen geboten ist (zur abweichenden Rechtslage nach dem SGB XII: BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 35/07 R - SozR 4-3500 § 82 Nr 5, RdNr 19 und nunmehr die Neuregelung in § 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII durch das RBEG).
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/12/bundessozialgericht-veroffentlicht.html
§ 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII in der jetzigen Fassung: Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen.
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
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