Direkt zum Hauptbereich

Ein allgemeiner "Aufschlag" für die Bewerbungen Schwerbehinderter lässt sich weder dem Gesetz noch den allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Jobcenters entnehmen.

So die Rechtsauffassung des Sozialgericht Duisburg, Urteil vom 05.10.2011, - S 41 AS 2980/10 - , anhängig beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 19 AS 1836/11 - .

Einfache Bewerbungen mit einem Pauschalbetrag von 3,00 EUR zu berücksichtigen, ist nicht zu beanstanden. Eine fehlerhafte Ausübung des ihr insoweit eingeräumten Ermessens ist nicht zu erkennen. Die Beklagte berücksichtigt zum einen für umfänglichere Bewerbungen einen höheren Pauschalbetrag, nämlich in Höhe von 5,00 EUR.

Zum anderen räumt sie Hilfeempfängern die Möglichkeit ein, noch höhere notwendige Bewerbungskosten im Einzelfall nachzuweisen, die dann in tatsächlicher Höhe erstattet werden.
Dies stellt - gemessen an der für eine Massenverwaltung notwendigen Verwaltungsvereinfachung – eine ausreichende und sachliche Differenzierung dar.

Der Kläger hat die ihm eingeräumte Möglichkeit zum Nachweis von im Einzelfall höheren Bewerbungskosten nicht wahrgenommen, sondern jeweils nur die Antworten der von ihm angeschriebenen Stadtverwaltungen beigefügt. Berücksichtigt man die in der Verwaltungsakte gelegentlich exemplarisch zu findenden Anschreiben des Klägers, mit denen er sich auf knappe, undifferenzierte Art und Weise in der Vergangenheit beworben hat, sowie die durchgehend negativen Antworten der jeweiligen Verwaltungen und Behörden, so ist davon auszugehen, dass der Kläger jeweils lediglich einseitige Bewerbungsschreiben, ggf. noch unter Beifügung eines einseitigen Lebenslaufes, versandt hat.

Selbst unter Berücksichtigung von Briefumschlägen, Druck- bzw. Kopierkosten und erforderlichem Porto übersteigen damit seine Aufwendungen die von der Beklagten gewählte Pauschale erkennbar nicht.

Zu einem abweichenden Ergebnis kommt man auch nicht unter Berücksichtigung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Der Kläger hat nicht einmal ansatzweise dargetan, dass sich die Aufwendungen für seine Bewerbungen durch das Vorliegen der Schwerbehinderung verteuern. Ein allgemeiner "Aufschlag" für die Bewerbungen Schwerbehinderter lässt sich weder dem Gesetz noch den allgemeinen Verwaltungsvorschriften der Beklagten entnehmen.


Der Kläger kann schließlich auch nicht erfolgreich für sich geltend machen, dass die Behörde in der Vergangenheit bei ihm jeweils 5,00 EUR pro Bewerbung berücksichtigt hat. Denn die Beklagte zu 4 hat sich hierdurch nicht dauerhaft bzgl. der Höhe der Erstattung gebunden.


https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=147540&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=



Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .

Kommentare

  1. Wenn er tatsächlich so einen Mist verschickt hat und trotzdem noch 5 Euro dafür bekommen hat, sollte dieser Dummkopf sich sich darüber freuen.

    Alle anderen sollte es ärgern. Jedenfalls diejenigen, die sich wirklich Mühe mit ihren Bewerbungen geben und dafür weniger oder garnichts erstattet bekommen.

    AntwortenLöschen
  2. Zitat aus dem Urteil:
    "Von dem ursprünglichen Begehren, dass die Beklagten zu 1 und zu 2 ihm jeweils 500.000 EUR als Entschädigung sowie Kosten der Behandlung in einer Privatklinik in Höhe von 30.000 EUR zu leisten hätten, hat der Kläger im Laufe des Verfahrens wieder Abstand genommen."

    Wie weise von ihm.

    Solche Leute machen ganz eindeutig unser Rechtssystem genauso kaputt wie Richter, die Rechtspositivismus betreiben oder wie ein Rechtsanwalt, der gegen einen Bußgeldbescheid über 10 Euro wegen Falschparkens auf dem Behindertenparkplatz bis zum Bundesverwaltungsgericht klagt, weil er in der Einrichtung oder Beschilderung desselben einen Formfehler entdeckt zu haben glaubt.

    Und ganz übel stößt mir ja der letzte Absatz auf: "Da sich die Kammer nicht in der Lage gesehen hat, den Wert des Feststellungsantrags zu 3. zu beziffern, ist sie insoweit vom Regelstreitwert ausgegangen. Dies bedeutet zugleich, dass die Berufung gegen die vorliegende Entscheidung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG auch ohne Zulassung zulässig ist."

    Das heißt im Klartext: immer laut plärren "Sie haben mich beleidigt, man hat mich diskriminiert, die sind alle bööösseee zu mir, hääääääääääää!!!!!!!"
    Und schon ist ein Anspruch auf ö-r Entschädigung aus Verletzungshandlung eventuell denkbar.
    Da die Höhe der Entschädigung (Verletzungshandlung hin oder her ) nicht zu beziffern ist - und das ist nur deswegen nicht möglich, weil die Klage in diesem Punkt vage bleibt -, wird er Regelstreitwert angesetzt und schon ist der Weg bis zum Bundessozialgericht offen.

    Den dieser Kläger unter dem Aktenzeichen B 4 AS 19/12 BH offenbar auch geht.
    Da wünscht man sich doch manchmal eine saftige Mißbrauchsgebühr.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint