Rückzahlungen aus Heiz- und Betriebskostenabrechnungen an einen Empfänger von Leistungen nach dem SGB II, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist,fallen nicht in die Insolvenzmasse.
Rückzahlung aus Heiz- und Betriebskostenabrechnung; Insolvenz des Leistungsempfängers; Insolvenzmasse; Verfügungsverbot; Pfändungsschutz
So entschieden vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 20.10.2011, - L 5 AS 1546/09 - .
Rückzahlungen aus Heiz- und Betriebskostenabrechnungen eines Vermieters mindern gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F. (jetzt § 22 Abs. 3 SGB II) auch die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung eines Leistungsempfängers, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Solche Rückzahlungen fallen nicht in die Insolvenzmasse, da sie entsprechend § 54 Abs. 4 SGB I Pfändungsschutz genießen.
Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 SGB II a. F. findet keine Anwendung, wenn nicht mit gebotener Sicherheit festzustellen ist, in welchem Umfang die tatsächlich entstandenen Kosten der Wärmeversorgung einerseits auf die Heizung, andererseits auf die Warmwasserbereitung entfallen sind(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Juni 2011, L 28 AS 1198/09).
Nach § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Gemäß § 36 Abs. 1 InsO gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850i der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten dabei entsprechend. Daneben gelten auch die sozialrechtlichen Pfändungsregelungen des § 54 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I).
Die Heiz- und Betriebskostenrückzahlung unterliegt nicht der Zwangsvollstreckung. Die genannten Vorschriften finden in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung zwar keine unmittelbare Anwendung, da sie lediglich Sozialleistungen und Arbeitseinkommen erfassen. Der Pfändungsschutz ergibt sich jedoch aus einer entsprechenden Anwendung des § 54 Abs. 4 SGB I, da die Rückzahlung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F. wirtschaftlich an die Stelle der Leistungen für Unterkunft und Heizung tritt (Landgericht Berlin, Beschluss vom 29. September 2008, 86 T 497/08).
Den Vorschriften des Pfändungsschutzes ist nach dem Willen des Gesetzgebers die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde zu legen, wonach aus der Garantie der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 1 GG nicht nur die Verpflichtung des Staates folgt, dem Einzelnen notfalls auch die zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen, sondern auch das Gebot, dem Bürger das Einkommen bis zu diesem Betrag nicht zu entziehen (Beschluss vom 29. Mai 1990, 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, 85).
Dieser für die Durchsetzung fiskalischer Interessen des Staates ausgesprochene Grundsatz gilt auch im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung, wobei zugleich auch die Belange des Gläubigers mit zu berücksichtigen sind.
Denn auch für das Gläubiger-Schuldner-Verhältnis muss gelten, dass der Staat grundsätzlich nicht Zwangsmaßnahmen zur Verfügung stellen kann, um einem Einzelnen den Teil des Einkommens zu entziehen, der zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich ist. Der Pfändungsschutz soll dem Eintritt der Hilfebedürftigkeit infolge der Pfändung entgegenwirken. Die Sozialhilfeträger sollen dauerhaft entlastet werden, der Steuerzahler soll nicht indirekt für private Verbindlichkeiten aufkommen müssen (BR-Drucksache 663/07, S. 16).
Nach dieser Maßgabe ist die Heiz- und Betriebskostenrückzahlung pfändungsfrei, da sie gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F. zur Deckung der zum Existenzminimum gehörenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung benötigt wird. Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit der seit dem 1. Juli 2010 geltenden Neuregelung des § 850i Abs. 1 ZPO durch das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7. Juli 2009 (BGBl. I S. 1707, 1708) ausdrücklich auch für "sonstige Einkünfte" die Möglichkeit des Pfändungsschutzes eröffnet.
Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Frage, ob Rückzahlungen aus Heiz- und Betriebskostenabrechnungen an einen Empfänger von Leistungen nach dem SGB II, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, in die Insolvenzmasse fallen, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=146393&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .
So entschieden vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 20.10.2011, - L 5 AS 1546/09 - .
Rückzahlungen aus Heiz- und Betriebskostenabrechnungen eines Vermieters mindern gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F. (jetzt § 22 Abs. 3 SGB II) auch die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung eines Leistungsempfängers, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Solche Rückzahlungen fallen nicht in die Insolvenzmasse, da sie entsprechend § 54 Abs. 4 SGB I Pfändungsschutz genießen.
Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 SGB II a. F. findet keine Anwendung, wenn nicht mit gebotener Sicherheit festzustellen ist, in welchem Umfang die tatsächlich entstandenen Kosten der Wärmeversorgung einerseits auf die Heizung, andererseits auf die Warmwasserbereitung entfallen sind(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Juni 2011, L 28 AS 1198/09).
Nach § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Gemäß § 36 Abs. 1 InsO gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850i der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten dabei entsprechend. Daneben gelten auch die sozialrechtlichen Pfändungsregelungen des § 54 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I).
Die Heiz- und Betriebskostenrückzahlung unterliegt nicht der Zwangsvollstreckung. Die genannten Vorschriften finden in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung zwar keine unmittelbare Anwendung, da sie lediglich Sozialleistungen und Arbeitseinkommen erfassen. Der Pfändungsschutz ergibt sich jedoch aus einer entsprechenden Anwendung des § 54 Abs. 4 SGB I, da die Rückzahlung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F. wirtschaftlich an die Stelle der Leistungen für Unterkunft und Heizung tritt (Landgericht Berlin, Beschluss vom 29. September 2008, 86 T 497/08).
Den Vorschriften des Pfändungsschutzes ist nach dem Willen des Gesetzgebers die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde zu legen, wonach aus der Garantie der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 1 GG nicht nur die Verpflichtung des Staates folgt, dem Einzelnen notfalls auch die zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen, sondern auch das Gebot, dem Bürger das Einkommen bis zu diesem Betrag nicht zu entziehen (Beschluss vom 29. Mai 1990, 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, 85).
Dieser für die Durchsetzung fiskalischer Interessen des Staates ausgesprochene Grundsatz gilt auch im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung, wobei zugleich auch die Belange des Gläubigers mit zu berücksichtigen sind.
Denn auch für das Gläubiger-Schuldner-Verhältnis muss gelten, dass der Staat grundsätzlich nicht Zwangsmaßnahmen zur Verfügung stellen kann, um einem Einzelnen den Teil des Einkommens zu entziehen, der zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich ist. Der Pfändungsschutz soll dem Eintritt der Hilfebedürftigkeit infolge der Pfändung entgegenwirken. Die Sozialhilfeträger sollen dauerhaft entlastet werden, der Steuerzahler soll nicht indirekt für private Verbindlichkeiten aufkommen müssen (BR-Drucksache 663/07, S. 16).
Nach dieser Maßgabe ist die Heiz- und Betriebskostenrückzahlung pfändungsfrei, da sie gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F. zur Deckung der zum Existenzminimum gehörenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung benötigt wird. Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit der seit dem 1. Juli 2010 geltenden Neuregelung des § 850i Abs. 1 ZPO durch das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7. Juli 2009 (BGBl. I S. 1707, 1708) ausdrücklich auch für "sonstige Einkünfte" die Möglichkeit des Pfändungsschutzes eröffnet.
Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Frage, ob Rückzahlungen aus Heiz- und Betriebskostenabrechnungen an einen Empfänger von Leistungen nach dem SGB II, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, in die Insolvenzmasse fallen, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt.
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Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .
Hier wird ein trojanisches Pferd in den Hof geschoben, welches so nicht hingenommen werden sollte.
AntwortenLöschenInso- und Sozial-Anwälte sollten sich bezüglcih dieses Grenzbereiches ruhig auch bei mir melden, wenn sie den Rechtsbruch darin nicht zu erkennen vermögen.
Unklare Begrifflichkeiten (vorsätzlich) zu vermengen gibt ungenießbaren Einheitsbrei.
Geldleistungen von Vermietern können keine Sozialleistungen sein, die unter den § 54 SGB I fallen!
"Betriebskostenrückzahlung pfändungsfrei, da sie gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F. zur Deckung der zum Existenzminimum gehörenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung benötigt wird."
Würde dieser Betrag (aus der Veregangenheit) wirklich benötigt, wäre er nicht vom Vermieter zu erstatten!
Ein Richter sollte, bevor er sich auch einen Gesetzesparagraphen beruft abklären, ob der überhaupt anwendbar ist.
Rechstbasics sind in der BRD seit Einführung des GG regelmäßig "vergessen" worden.
Solche Gefälligkeitsurteile helfen den Klägern im SGB II nicht, auch wenn es vorläufig den Anschein hat.
Subsidiarität zwischen Gläubigerinteresse und Staat hat der BGH bereits entschieden.