Direkt zum Hauptbereich

Weihnachtssschock für alle Berliner Hartz IV - Empfänger - Schon kein Weihnachtsbaum und jetzt hält das LSG Berlin- Brandenburg eine Nettokaltmiete von 4,76 EUR pro qm für Wohnungen von 40 qm bis 60 qm für abstrakt angemessenen für eine 2 - er Bedarfsgemeinschaft.

Soeben hat der 10. Senat des LSG Berlin - Brandenburg seinen Beschluss vom  10.06.2011 veröffenttlicht, wonach für eine Hartz IV - Bedarfsgemeinschaft , bestehend aus 2 Personen 60 Quadratmeter angemessen sind und eine abstrakt angemessene Bruttokaltmiete von monatlich 370,20 EUR für angemessen hält.



Unter Berücksichtigung der tatsächlich anfallenden Heizkostenvorauszahlungen von monatlich 65,00 EUR, die den Grenzwert (ausgehend von einer abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl von 60,00 qm) des in Ermangelung eines regionalen Heizkostenspiegels maßgeblichen bundesweiten Heizkostenspiegels nicht überschreiten dürften und deshalb als angemessen zu erachten sein dürften (BSG, Urteil vom 02. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R, juris = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, jeweils RdNr 20ff), ergeben sich iS von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF abstrakt angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung von monatlich 435,20 EUR.



Anmerkung: Für einen 2- Personen - Haushalt sieht die rechtswidrige AV-Wohnen Berlin eine Bruttowarmmiete von 444,00 EUR vor- laut diesem Beschluss müssten die KdU für Berliner Leistungsbezieher nicht - angehoben - werden , sondern - gesenkt werden!



 Die ermittelte Nettokaltmiete von 4,76 EUR pro qm halten wir nicht für tragbar, doch dazu später.



Im Einzelnen hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.06.2011, - L 10 AS 886/11 B PKH - folgendes aufgeführt:


Die angemessene Referenzmiete muss auf einem "schlüssigen Konzept" beruhen.


Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass hierfür der in der in den Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 II der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes Berlin (AV-Wohnen) vom 10. Februar 2009 genannte Referenzwert von monatlich 444,00 EUR, auf den sich der Beklagte im Sinne einer regelhaften Anwendung der AV-Wohnen beruft, nicht maßgeblich sein kann, weil (derzeit jedenfalls) nicht erkennbar ist und vom Beklagten auch nicht vorgetragen worden ist, auf welcher Datengrundlage und welchem Auswertungskonzept dieser Wert beruht, der zudem das Problem in sich trägt, zwei separat zu beurteilende Bedarfe (Bruttokaltmiete und Heizkosten) zu repräsentieren.


 Das heißt jedoch nicht, dass damit "automatisch" die tatsächlichen Unterkunftskosten als angemessen zu erachten wären bzw auf die Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetz (rechte Spalte zzgl eines Sicherheitszuschlages) zurückzugreifen wäre (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 50/09 R, juris = SozR 4-4200 § 22 Nr 29, jeweils RdNr 27).


Vielmehr muss das Gericht, sofern – wie hier – vom Grundsicherungsträger ein schlüssiges Konzept nicht vorgelegt wird, im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht auf ein ihm bekanntes schlüssiges Konzept zurückgreifen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 27/09 R, juris =SozR 4-4200 § 22 Nr 27, jeweils RdNr 23).


Nach den nunmehr vorliegenden Entscheidungen des BSG zu den angemessenen Unterkunftskosten im Land Berlin (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R, B 14 AS 50/10 R und B 14 AS 65/09 R, jeweils juris) ist festzustellen, dass die vom SG für die Bestimmung derselben herangezogenen Grundlagen mit hoher Wahrscheinlichkeit die an ein schlüssiges Konzept zu stellenden Anforderungen erfüllen, mit anderen Worten, es ist fern liegend (iS der PKH-Voraussetzungen), dass mit Erfolg eine höhere als die nach diesem Konzept berechnete Bruttokaltmiete erstritten werden kann.



In Bezug genommen hat das SG das von Richterinnen und Richtern des SG Berlin erarbeitete Konzept für die Beurteilung angemessener Mietkosten (vollständig und im Einzelnen dargestellt: Schifferdecker, Irgang, Silbermann, Einheitliche Kosten der Unterkunft in B. Ein Projekt von Richterinnen und Richtern des Sozialgerichts Berlin, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit, 1/2010, S 28 ff).



 Defizite dieses Bestimmungsmodels zu den an ein schlüssiges Konzept zu stellenden Anforderungen (vgl hierzu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 2/10 R, juris RdNr 21 – 27) sind nicht erkennbar; dazu ist insbesondere festzuhalten, dass das bezeichnete Konzept, gestützt auf die Datengrundlage des qualifizierten Mietspiegels, den Kreis der zu betrachtenden Wohnungen so wie vom BSG vorgegeben zieht und insbesondere die geforderte realistische Abbildung des Mietmarktes durch die Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete als gewichtetes arithmetisches Mittel nach Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen in den jeweiligen Bauklassen vornimmt.



Die Angemessenheit der vom SG danach ermittelten Nettokaltmiete von 4,76 EUR pro qm für Wohnungen von 40 qm bis 60 qm unterliegt damit bei derzeitiger Sachlage keinen aufzeigbaren Bedenken.


Als kalte Betriebskosten iS von § 556 BGB die in den iS von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF abstrakt angemessen Quadratmeterpreis der Unterkunft im Rahmen der Produkttheorie einzubeziehen sind, sind sodann auf der Grundlage der Betriebskostenangaben zum Mietspiegel 2009 durchschnittliche gewichtete kalte Betriebskosten (vgl BSG, aaO, RdNr 28) von 1,41 EUR ermittelt worden, so dass sich im vorliegenden Fall eine abstrakt angemessene Bruttokaltmiete von monatlich 370,20 EUR (60 qm x 6,17 EUR (4,76 EUR + 1,41 EUR)) ergibt.



Unter Berücksichtigung der tatsächlich anfallenden Heizkostenvorauszahlungen von monatlich 65,00 EUR, die den Grenzwert (ausgehend von einer abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl von 60,00 qm) des in Ermangelung eines regionalen Heizkostenspiegels maßgeblichen bundesweiten Heizkostenspiegels (www.heizkostenspiegel) nicht überschreiten dürften und deshalb als angemessen zu erachten sein dürften (BSG, Urteil vom 02. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R, juris = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, jeweils RdNr 20ff), ergeben sich iS von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF abstrakt angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung von monatlich 435,20 EUR.



Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 10.06.2011, - L 10 AS 886/11 B PKH -

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=143225&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=


Anmerkung: Anderer Auffassung Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2011, - L 25 AS 438/09 B PKH -


Nach Auffassung des 25. Senats des LSG Berlin- Brandenburg , welcher der Rechtsauffassung des 32. Senats des LSG Berlin folgt, beträgt die monatliche Kaltmiete für einen 2- Personen- Haushalt in Berlin 600,80 Euro Kaltmiete ---zuzüglich der Heizkosten - und für einen 2- Personen Haushalt sind bis zu 80 qm angemessen.



Hier mein ausführlicher Beitrag dazu : Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 28.06.2011, - L 25 AS 438/09 B PKH -



http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/07/der-in-der-av-wohnen-berlin-genannten.html



Anmerkung: Berliner Durchschnittskaltmiete für Hartz IV Empfänger bei ca. 5,00 Euro pro qm?


Wenn wir noch einen Sicherheitszuschlag von 10% der Kaltmiete machen, dann sind wir bei 8,35 Euro pro m². Das dürfte derzeit für die Wohnungen bis 60 m² (501 Euro)für zwei Personen die Obergrenze sein.




http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/07/berliner-durchschnittskaltmiete-fur.html




Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles

Kommentare

  1. Die Entscheidung des Landessozialgerichtes läßt nicht erkennen, um welchen Zeitraum es sich hier handelt. Der 10.Senat stellt hier in seiner Entscheidung zur Prozesskostenhilfe auf den Zeitraum von 2009 ab. Hier liegen die sogenannten Rohdaten zum Mietspiegel 2009 vor. Für das Jahr 2011 und 2012 müssen wir uns andem aktuellen Mietspiegel für Berlin von 2011 orientieren. Der aktuelle Mietspiegel weist wesentlich höhere Werte auf. Es geht dem 10.Senat wohl auch darum durch Abweisung der Prozesskostenhilfe die "Klageflut" einzudämmen.

    AntwortenLöschen
  2. Das BSG hat in einer Entscheidung vom 13.04.2011
    Aktenzeichen: B 14 AS 32/09 R für die Zeit vom November 2006 bis zum April 2007 in Höhe von 4,71 € sowie kalte Betriebskosten iHv 2,59 € nicht gebilligt. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, reichen die 1,41 € nicht aus! Also liebe Leistungsempfänger und deren Vertreter hier liegt eine Einzelfallentscheidung vor. Ich war in diesem Jahr bereits einmal vor dem Bundesverfassungsgericht gegen eine Entscheidung des 10. Senates erfolgreich(BVerfG vom 24.03.2011 - 1 BvR 2493/10). Ich freu mich auf eine neue Runde. Kein Weihnachtschock, sondern ein Aufruf seine Rechte konsequent zu verfolgen.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 06.06.2011, - L 1 AS 4393/10 - Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden(BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R-; Rdnr. 4). Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird. https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive = Anmerkung: 1. Vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ist ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als Pauschbetrag abzusetzen (§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V ). Diese Pauschale in Höhe von 30 Euro ist