Eine Heiz- und Betriebskostennachforderung ist für eine zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung vom Arbeitsuchenden nicht mehr bewohnte Wohnung gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 als Unterkunftskostenbedarf im Fälligkeitsmonat vom Jobcenter zu übernehmen.
Am 20.11.2011 hat das Bundessozialgericht in Kassel geurteilt, dass entgegen der Auffassung des Jobcenters die Betriebskostennachforderung auch für die im Fälligkeitszeitpunkt nicht mehr bewohnte Wohnung als ein einmaliger Bedarf für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen ist.
Durch die Betriebskostennachforderung ist eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 SGB X eingetreten.
Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ist nicht bereits deswegen zu verneinen, weil die Kosten für die Wohnung unangemessen gewesen sein könnten.
Die hier nachgeforderten Betriebskosten sind in einem Zeitraum entstanden, in dem die Klägerin sich noch innerhalb der vom Landkreis gesetzten "Schonfrist" des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II a. F. zur Durchführung von Kostensenkungsmaßnahmen befand.
In diesem Zeitraum waren die ggf unangemessenen Kosten weiterhin vom Landkreis zu tragen.
Ebenso wenig steht der Annahme einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse entgegen, dass der Bedarf durch die Betriebskostennachforderung materiell nicht dem Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zuzuordnen ist.
Zwar beurteilt sich die Rechtslage nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums der Entstehung der fraglichen Forderung.
Wird die Forderung jedoch erst später geltend gemacht und besteht ein Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen zum Zeitpunkt ihrer Entstehung, ist der Bedarf im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung zu decken. So liegt der Fall hier.
Bei der Betriebskostennachforderung handelt es sich um einen bisher vom Grundsicherungsträger - trotz des Leistungsbezugs im Zeitraum der tatsächlichen Zuordnung der Entstehung der Forderung - bisher nicht gedeckten Bedarf für Unterkunft und Heizung.
Die Klägerin stand auch bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung ununterbrochen im Leistungsbezug. Zumindest in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Leistungsberechtigte die Wohnung, für die die Betriebskostennachforderung geltend gemacht wird, aktuell nicht mehr bewohnt, weil sie die Wohnung in Wahrnehmung einer ihr auferlegten Obliegenheit zur Kostensenkung aufgegeben hat, ist der Leistungsträger verpflichtet, Leistungen für die Nachforderung auch der aktuell nicht mehr bewohnten Wohnung zu erbringen.
Der Bedarf wandelt nicht allein durch den Wohnungswechsel von einem solchen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in einen zur Schuldentilgung.
BSG, Urteil vom 20.11.2011, - B 4 AS 9/11 R -
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2011&nr=12268
Anmerkung:
Nachforderungen, die nach zuvor erfolgten monatlichen Vorauszahlungen für die Betriebs- und Heizkosten entstehen, gehören als einmal geschuldete Zahlung zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat. Denn zu den tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Mietwohnungen gehören bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung die dem Vermieter geschuldeten Vorauszahlungen für die Betriebs- und die Heizkosten.
Soweit sich im Rahmen der Abrechnung dieser Vorauszahlungen Rückzahlungen ergeben, mindern diese nicht die Aufwendungen in den vorangehenden Zeiträumen, sondern aktuell (vgl die zum 1.8.2006 in Kraft getretene ausdrückliche gesetzliche Bestimmung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II, jetzt in § 22 Abs 3 SGB II in der Fassung des RBEG).
Kommt es im umgekehrten Fall nach Abrechnung der tatsächlich entstandenen Betriebs- und Heizkosten zu Nachzahlungsverlangen des Vermieters, gehören solche einmal geschuldeten Zahlungen zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat und bewirken eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, der nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch Rechnung zu tragen ist (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, jeweils RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 13).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
Durch die Betriebskostennachforderung ist eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 SGB X eingetreten.
Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ist nicht bereits deswegen zu verneinen, weil die Kosten für die Wohnung unangemessen gewesen sein könnten.
Die hier nachgeforderten Betriebskosten sind in einem Zeitraum entstanden, in dem die Klägerin sich noch innerhalb der vom Landkreis gesetzten "Schonfrist" des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II a. F. zur Durchführung von Kostensenkungsmaßnahmen befand.
In diesem Zeitraum waren die ggf unangemessenen Kosten weiterhin vom Landkreis zu tragen.
Ebenso wenig steht der Annahme einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse entgegen, dass der Bedarf durch die Betriebskostennachforderung materiell nicht dem Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zuzuordnen ist.
Zwar beurteilt sich die Rechtslage nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums der Entstehung der fraglichen Forderung.
Wird die Forderung jedoch erst später geltend gemacht und besteht ein Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen zum Zeitpunkt ihrer Entstehung, ist der Bedarf im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung zu decken. So liegt der Fall hier.
Bei der Betriebskostennachforderung handelt es sich um einen bisher vom Grundsicherungsträger - trotz des Leistungsbezugs im Zeitraum der tatsächlichen Zuordnung der Entstehung der Forderung - bisher nicht gedeckten Bedarf für Unterkunft und Heizung.
Die Klägerin stand auch bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung ununterbrochen im Leistungsbezug. Zumindest in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Leistungsberechtigte die Wohnung, für die die Betriebskostennachforderung geltend gemacht wird, aktuell nicht mehr bewohnt, weil sie die Wohnung in Wahrnehmung einer ihr auferlegten Obliegenheit zur Kostensenkung aufgegeben hat, ist der Leistungsträger verpflichtet, Leistungen für die Nachforderung auch der aktuell nicht mehr bewohnten Wohnung zu erbringen.
Der Bedarf wandelt nicht allein durch den Wohnungswechsel von einem solchen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in einen zur Schuldentilgung.
BSG, Urteil vom 20.11.2011, - B 4 AS 9/11 R -
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2011&nr=12268
Anmerkung:
Nachforderungen, die nach zuvor erfolgten monatlichen Vorauszahlungen für die Betriebs- und Heizkosten entstehen, gehören als einmal geschuldete Zahlung zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat. Denn zu den tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Mietwohnungen gehören bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung die dem Vermieter geschuldeten Vorauszahlungen für die Betriebs- und die Heizkosten.
Soweit sich im Rahmen der Abrechnung dieser Vorauszahlungen Rückzahlungen ergeben, mindern diese nicht die Aufwendungen in den vorangehenden Zeiträumen, sondern aktuell (vgl die zum 1.8.2006 in Kraft getretene ausdrückliche gesetzliche Bestimmung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II, jetzt in § 22 Abs 3 SGB II in der Fassung des RBEG).
Kommt es im umgekehrten Fall nach Abrechnung der tatsächlich entstandenen Betriebs- und Heizkosten zu Nachzahlungsverlangen des Vermieters, gehören solche einmal geschuldeten Zahlungen zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat und bewirken eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, der nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch Rechnung zu tragen ist (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, jeweils RdNr 16; BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 13).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
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