Direkt zum Hauptbereich

LSG NSB: Kein Mehrbedarf nach SGB II für Nahrungsergänzungsmittel

LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 28.02.2012 - L 9 AS 585/08

§ 21 Abs 5 SGB 2
Arbeitslosengeld II - Mehrbedarf - kostenaufwändige Ernährung - Hypertonie und Hyperlipidämie bei Adipositas - Nahrungsergänzungsmittel - keine Erforderlichkeit aus medizinischen Gründen


Nahrungsergänzungsmittel sind zwar Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Sie begründen jedoch keinen Mehrbedarf i.S.d. § 21 Abs. 5 SGB II; denn es handelt sich nicht um kostenaufwändige Ernährung, die aus medizinischen Gründen erforderlich ist.

Kein Mehrbedarf nach SGB II für Nahrungsergänzungsmittel

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass es sich bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht um kostenaufwändige Ernährung handelt, die aus medizinischen Gründen erforderlich ist.

Der Kläger begehrte in dem zugrundeliegenden Verfahren von dem beklagten Jobcenter die Gewährung eines Mehrbedarfs für Nahrungsergänzungsmittel (insbesondere hochdosierter Vitamin-, Mineralstoff-, Enzympräparate), die sein behandelnder Arzt aufgrund verschiedener Erkrankungen des Klägers, unter anderem Adipositas, Hypertonie und Hyperlipidämie, für erforderlich hielt. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass sich sein Lebensunterhalt durch die Einnahme dieser Präparate verteuert werde.

Dies lehnte das Jobcenter ab (Bescheid v. 21.09.2006, Widerspruchsbescheid v. 01.11.2006), die dagegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht blieb ohne Erfolg.

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach § 21 Abs. 5 SGB II. Danach erhalten (nur) Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Im Fall des Klägers seien diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt. Denn es entspreche dem aktuellen medizinischernährungswissenschaftlichen Erkenntnisstand, dass bei den Erkrankungen des Klägers keine besondere Diät oder besondere Ernährung notwendig sei. Ausreichend sei vielmehr eine ausgewogene Mischkost, deren Kosten im Regelsatz enthalten seien. Auch eine gegebenenfalls erforderliche Reduktionskost sei nicht mit erhöhten Kosten verbunden. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine orale Substitution von großen Mengen an Vitaminen, Mineralien und Enzymen. Denn hierbei handele es sich nicht um Ernährung i.S.d. § 21 Abs. 5 SGB II.

Gegenstand eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II könne im Übrigen nicht der finanzielle Aufwand für nicht verschreibungspflichtige Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel sein. Einen solchen Mehrbedarf, wie der Kläger ihn geltend macht, sehe das SGB II nicht vor. Der Kläger habe einen Anspruch auf Versorgung mit notwendigen Arzneimitteln gegen seine Krankenkasse. Kosten für medizinisch nicht notwendige Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel seien von der Regelleistung gedeckt und müssten aus dieser finanziert werden.
 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe...

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint