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Sonder-AU für Hartz-IV-Empfänger - G-BA stellt Maßstab klar

"Arbeitsunfähig" ist ja für Arbeitslose egal. Fürs Amt nicht, denn sie werden nicht als Arbeitslose gezählt, solange sie krank sind. naja ... -  geht ins Ranking mit ein.
 
Jetzt gibt es eine zusätzliche Kategorie: "Eingliederungsmaßnahmeteilnahmeunfähig".
 
WICHTIG ABER.
 
Bei einer Vorladung zum Amt reicht auch das nicht. Da braucht es einen Schein, auf dem steht: "bettlägerig", oder "ämterterminwahrnehmungsunfähig". In echt, ist kein Witz!
 
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Ärzte Zeitung online, 22.06.2012: Neuer Job für Ärzte: AU für Hartz-IV-Empfänger

BERLIN (HL). Auf die Vertragsärzte kommt zusätzliche und in manchen Konstellationen auch unangenehme Arbeit zu. Sie werden verpflichtet, erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die Lebensunterhalt nach dem SGB II erhalten (Hartz-IV-Empfänger), die Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat dafür jetzt eine Definition gefunden: Arbeitsunfähig sind diese Personen dann, wenn sie krankheitsbedingt nicht länger als drei Stunden am Tag arbeiten oder an einer Eingliederungsmaßnahme teilnehmen können.

"Mit dieser Definition hat der GBA einen verbindlichen und praxistauglichen Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit gewählt, der den unterschiedlichen Verwendungszwecken einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch für diesen Personenkreis einigermaßen gerecht wird", sagte der unparteiische GBA-Vorsitzende Dr. Rainer Hess.

Hintergrund: Hartz-IV-Empfänger sind verpflichtet, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen.

So ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gegenüber den Jobcentern dann nötig, wenn Arbeitsgelegenheiten oder die Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrgenommen werden können.

Insofern entscheiden Ärzte auch über Leistungsansprüche von Patienten gegenüber der Bundesagentur für Arbeit.

Der Beschluss des Bundesausschusses wurde gegen das Votum der KBV gefasst. Problematisch ist die Entscheidung für Ärzte vor allem dann, wenn diese den Patienten und seine Krankengeschichte nicht kennen.




Pressemitteilung G-BA:

Arbeitsunfähigkeit von Hartz IV-Berechtigten: G-BA stellt Maßstab klar

Berlin, 21. Juni 2012 – Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II – sogenannte Hartz IV-Leistungen – beantragt haben oder beziehen, sind dann arbeitsunfähig, wenn sie krankheitsbedingt nicht länger als drei Stunden täglich arbeiten oder an einer Eingliederungsmaßnahme teilnehmen können. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag in Berlin.

„Mit dieser Definition hat der G-BA einen verbindlichen und praxistauglichen Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit gewählt, der den unterschiedlichen Verwendungszwecken einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch für diesen Personenkreis einigermaßen gerecht wird“, sagte Dr. Rainer Hess, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des zuständigen Unterausschusses Veranlasste Leistungen.

Erwerbsfähige Hartz IV-Berechtigte sind verpflichtet, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Ein Arbeitsunfähigkeitsnachweis gegenüber den Jobcentern ist beispielsweise dann erforderlich, wenn Arbeitsgelegenheiten oder die Teilnahme an Eingliederungsmaßnahmen aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrgenommen werden können. Der G-BA hat sich bei seinen Beratungen auch kritisch damit auseinandergesetzt, dass sich die Entscheidung der Ärztin oder des Arztes auf die Leistungsansprüche des Patienten gegenüber der Bundesagentur für Arbeit auswirken kann.

Der G-BA hat den gesetzlichen Auftrag (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V), in seiner Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-RL) Bewertungsmaßstäbe für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit zu konkretisieren. Die ärztliche Feststellung von Arbeitsunfähigkeit schafft in der Regel die Voraussetzung für den Anspruch des Versicherten auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle oder Krankengeld. Das „Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente“ vom 21. Dezember 2008 sieht vor, dass der G-BA auch die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach dem SGB II regelt.

Der Beschluss des G-BA wird dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt und tritt nach erfolgter Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Der Beschlusstext und die Tragenden Gründe werden auf folgender Seite im Internet veröffentlicht:


Die neue Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU bei Arbeitslosigkeit):


Kommentare

  1. Ehe nun jemand "Hallelujah" oder "Kreuziget Sie" ruft: Die Änderung der Richtlinie ist nur eine Klarstellung darüber, daß ein Arbeitsloser dann als krank/AU zu gelten hat, wenn er nicht mehr in der Lage ist, leichte Arbeiten zu verrichten.

    Diese Änderung war keine Reaktion auf das unselige Urteil des Bundessozialgerichts, in welchem es sich eine Bettlägerigkeitsbescheinigung aus den Fingern gesaugt hat. Dafür gilt also meiner unmaßgeblichen Meinung nach immer noch das Gesetz, und damit ist eine AU-Bescheinigung dafür ausreichend, einen Meldetermin abzusagen.

    Immerhin ist es Schwerstarbeit für Körper und Seele, einem hirnlosen Sesselpupser dabei beizuwohnen, wie er seine neoliberalistischen Tiraden gegen einen führt. Und für einen gesunden Geist ist die Anwesenheit eines Gehirngewaschenen, ewig die selben Propaganda-Mantren Daherplappernden nachgewiesenermaßen hochgradig schädlich.

    Aber man sollte auf der Hut sein. Ich orakel mal hier: Wenn der gemeinsame Bundesausschuß sich jetzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts orientiert, tut er das vielleicht auch in Zukunft und gebiert eine "Bettlägerigkeitsbescheinigung".

    Das Verlangen nach einer solchen hat mich übrigens selber getroffen und die Klage dagegen folgt in Kürze.

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    1. Haben Sie bereits Klage eingericht und waren damit Erfolgreich ?
      Gibt es dazu ein Urteil ? ein Beschluss ?

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  2. Warum so viele unnötige Maßnahmen ? Es geht doch viel einfacher. Man kann doch einfach alle ALG II Empfänger einsperren, oder offizell ausgedrückt, in »Gemeinschaftsunterkünfte zur Durchführung von gemeinnützigen Arbeiten« (Arbeitslager haben ja so eine Art negative Bedeutung) unterbringen. Wenn die Verpflichtung zu Arbeitsgelegenheiten möglich ist, sollte der Rest doch kein Problem sein. Nach Ansicht einiger Politiker wollen die doch angeblich sowieso nicht arbeiten. Also kann man doch annehmen, das in strafrechtlicher Hinsicht ein (versuchter) Betrug bzw. eine Art (versuchte) Leistungserschleichung vorliegt. Untergebracht werden alle Arbeitsfähigen, so früher im DDR-Knast z.B. in 6, 12 oder 21-Bett Räumen - natürlich nur zur Förderung der Gemeinschaft. Die Kosten wären dann geringer und die Kontrolle wäre auch besser. Frühmorgens können dann alle Arbeitsfähigen (also alle die noch auf 2 Beinen stehen können) mit einem Loblied auf die Kanzlerin und die (?) Arbeitsministerin aus dem Lager-Tor marschieren um gemeinnützige Arbeiten zu verrichten...
    In der Freizeit können sie ja Bewerbungen schreiben und erst wer eine Arbeit findet, wird dann erlassen. Die JobCenter MitarbeiterInnen kann man ja zu »ALG II-BetreuerInnen«, also zur Aufsicht weiterbilden...
    Würde mich nicht wundern, wenn das später mal so kommt.

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  3. Zitat: "...annehmen, das in strafrechtlicher Hinsicht ein (versuchter) Betrug bzw. eine Art (versuchte) Leistungserschleichung vorliegt. Untergebracht werden alle Arbeitsfähigen, so früher im DDR-Knast z.B. in 6, 12 oder 21-Bett Räumen - natürlich nur zur Förderung der Gemeinschaft."

    Genau, das ist endlich einmal ein konstruktiver Gedanke, auch die Analyse, wie begingen ständig (in fortgesetzter Handlung auch noch!!) (versuchten) Betrug ist endlich einmal vernünftig eingeordnet und zu Ende gedacht.

    Statt zur "Förderung der Gemeinschaft" sollte es aber heißen: "der Gemeinschaftsfähigkeit". Die bisher vorhandenen "Maßnahmen" (denn solche muß man ja gegen Pack wie uns ergreifen) wie "Bewerbungskurse" und Ein-Euro-Jobs sind schließlich, wie die letzten Jahre gezeigt haben, viel zu lasch.
    (Mal ganz im ernst:) Auch diese Schei&e ist doch seitens der Jobcenter-Blockwarte fast ausschließlich dazu da, Gesinnungsschnüffelei zu betreiben, "Arbeitsdisziplin" einzupeitschen, die ein "Langzeitarbeitsloser" (man merke, dazu wird man nach nur einem Jahr abgestempelt) ja sowieso angeblich nicht hat, wenn er sie denn je besessen hätte - denn warum ist er arbeitslos? Doch nur, weil er ein undisziplinierter Dödel ist.

    Genauso wird uns mangelnde Gemeinschaftsfähigkeit unterstellt, die auch in den "Maßnahmen" wiederhergestellt werden soll, und da das nicht funktioniert, ist die gemeinschaftliche rund-um-die-Uhr-Unterbringung geeignet, folglich rechtmäßig.

    - Mooment, schreit da der Rechtskundige: "Da fehlt doch die Erforderlichkeit, da fehlt doch auch noch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne?" - Ach was gilt denn im Sozialrecht noch eine vollständige Verhältnismäßigkeitsprüfung. Auch die Sozialrichter ersparen sich diese Umstände in der Regel.

    Ja, so wird es gemacht, und ich melde mich heute bereits freiwillig für das erste Modell-Arbeitsfähigkeitswiederherstellungslager (AWL).

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