§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II stellt keine Rechtsgrundlage dafür dar, eine bereits abgeschlossene und weiterhin geltende Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt zu ergänzen, zu ändern oder zu ersetzen.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.01.2012, - L 5 AS 2097/11 B ER - .
Nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sollen die in einer Eingliederungsvereinbarung zu treffenden Regelungen durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist das Nichtzustandekom-men einer Eingliederungsvereinbarung zwar keine Voraussetzung für einen ersetzenden Verwaltungsakt. Vielmehr steht dem Grundsicherungsträger diese Alternative schon dann zu, wenn sie ihm als der besser geeignete Weg erscheint (Bundessozialgericht, Urteil vom 22. Sep-tember 2009, B 4 AS 13/09 R).
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Behörde eine bereits abge-schlossene und weiterhin geltende Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt ergänzen, ändern oder ersetzen darf, wenn sie dies für erforderlich hält. Bereits aus dem Wort-laut der Vorschrift wird deutlich, dass sie nur anwendbar ist, wenn keine Eingliederungsver-einbarung besteht.
Das ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung. Danach konkretisiert die Eingliederungsvereinbarung das Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Erwerbsfähigen und der Agentur für Arbeit. Sie enthält verbindliche Aussagen zum Fördern und Fordern des Erwerbsfähigen, insbesondere zu den abgesprochenen Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und den Mindestanforderungen an die eigenen Bemühungen um berufliche Eingliederung nach Art und Umfang. Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate gelten. Gelingt die Eingliederung in diesem Zeitraum nicht, ist eine neue Vereinbarung zu schließen, dabei sind die gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen.
Durch die Befristung sollen eine intensive Betreuung und eine zeitnahe kritische Überprüfung der Eignung der für die berufliche Eingliederung eingesetzten Mittel sichergestellt werden. Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, können die vorgesehenen Festlegungen auch durch einen Verwaltungsakt getroffen werden (BT-Drucksache 15/1516, S. 54).
Der Gesetzgeber ist also davon ausgegangen, dass eine einmal abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung grundsätzlich bis zum Ablauf der Befristung gilt. Da es sich zudem bei einer Eingliederungsvereinbarung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) handelt (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. Mai 2011, L 3 AL 120/09; Urteil vom 19. Juni 2008, L 3 AS 39/07; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007, L 7 AS 689/07; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 17. März 2006, L 7 AS 118/05; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. Oktober 2008, L 7 AS 251/08 B ER, L 7 AS 252/08 B ER, L 7 AS 253/08 B ER; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Oktober 2009, L 12 AS 12/09), unterliegt sie gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II den Vorga-ben der §§ 53 bis 62 SGB X.
Die gesetzlichen Regelungen für eine nachträgliche Vertragsan-passung und eine Kündigung ergeben sich aus § 59 SGB X. Haben sich danach die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprüngli-chen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag schriftlich kündigen.
Anmerkung: Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte durfte der Antragsgegner keinen Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erlassen. Die Eingliederungsvereinbarung vom 27. Mai 2011 ist weiterhin wirksam. Sie ist weder durch den Antragsteller noch durch den Antragsgegner nachträglich beseitigt worden. Soweit der Antragsteller mit Schreiben vom 17. Juni 2011 seine Unterschrift für ungültig erklärt hat, weil er mit dem vereinbarten Vertragsinhalt teilweise nicht einverstanden war und sich bei der Unterzeichnung zur Eile gedrängt fühlte, hat er keinen zur Anfechtung berechtigenden Irrtum im Sinne des § 58 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit den § 119 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geltend gemacht.
Auch auf ein vertragli-ches oder gesetzliches Kündigungsrecht konnte sich der Antragsteller hierbei nicht stützen. Von der gesetzlichen Regelung des § 59 SGB X sind die Beteiligten in der Eingliederungsvereinbarung insoweit abgewichen, als dort lediglich eine Abänderung derselben für den Fall vereinbart worden ist, dass aufgrund von wesentlichen Änderungen in den persönlichen Verhältnissen des Erinnerungsführers eine Anpassung der vereinbarten Maßnahmen und Pflichten erforderlich ist, wobei dasselbe gilt, wenn sich herausstellt, dass das Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt nur aufgrund von Anpassungen und Änderungen der Vereinbarung erreicht oder beschleunigt werden kann.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148509&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
Nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sollen die in einer Eingliederungsvereinbarung zu treffenden Regelungen durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist das Nichtzustandekom-men einer Eingliederungsvereinbarung zwar keine Voraussetzung für einen ersetzenden Verwaltungsakt. Vielmehr steht dem Grundsicherungsträger diese Alternative schon dann zu, wenn sie ihm als der besser geeignete Weg erscheint (Bundessozialgericht, Urteil vom 22. Sep-tember 2009, B 4 AS 13/09 R).
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Behörde eine bereits abge-schlossene und weiterhin geltende Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt ergänzen, ändern oder ersetzen darf, wenn sie dies für erforderlich hält. Bereits aus dem Wort-laut der Vorschrift wird deutlich, dass sie nur anwendbar ist, wenn keine Eingliederungsver-einbarung besteht.
Das ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung. Danach konkretisiert die Eingliederungsvereinbarung das Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Erwerbsfähigen und der Agentur für Arbeit. Sie enthält verbindliche Aussagen zum Fördern und Fordern des Erwerbsfähigen, insbesondere zu den abgesprochenen Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und den Mindestanforderungen an die eigenen Bemühungen um berufliche Eingliederung nach Art und Umfang. Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate gelten. Gelingt die Eingliederung in diesem Zeitraum nicht, ist eine neue Vereinbarung zu schließen, dabei sind die gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen.
Durch die Befristung sollen eine intensive Betreuung und eine zeitnahe kritische Überprüfung der Eignung der für die berufliche Eingliederung eingesetzten Mittel sichergestellt werden. Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, können die vorgesehenen Festlegungen auch durch einen Verwaltungsakt getroffen werden (BT-Drucksache 15/1516, S. 54).
Der Gesetzgeber ist also davon ausgegangen, dass eine einmal abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung grundsätzlich bis zum Ablauf der Befristung gilt. Da es sich zudem bei einer Eingliederungsvereinbarung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) handelt (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. Mai 2011, L 3 AL 120/09; Urteil vom 19. Juni 2008, L 3 AS 39/07; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007, L 7 AS 689/07; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 17. März 2006, L 7 AS 118/05; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. Oktober 2008, L 7 AS 251/08 B ER, L 7 AS 252/08 B ER, L 7 AS 253/08 B ER; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Oktober 2009, L 12 AS 12/09), unterliegt sie gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II den Vorga-ben der §§ 53 bis 62 SGB X.
Die gesetzlichen Regelungen für eine nachträgliche Vertragsan-passung und eine Kündigung ergeben sich aus § 59 SGB X. Haben sich danach die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprüngli-chen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag schriftlich kündigen.
Anmerkung: Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte durfte der Antragsgegner keinen Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erlassen. Die Eingliederungsvereinbarung vom 27. Mai 2011 ist weiterhin wirksam. Sie ist weder durch den Antragsteller noch durch den Antragsgegner nachträglich beseitigt worden. Soweit der Antragsteller mit Schreiben vom 17. Juni 2011 seine Unterschrift für ungültig erklärt hat, weil er mit dem vereinbarten Vertragsinhalt teilweise nicht einverstanden war und sich bei der Unterzeichnung zur Eile gedrängt fühlte, hat er keinen zur Anfechtung berechtigenden Irrtum im Sinne des § 58 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit den § 119 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geltend gemacht.
Auch auf ein vertragli-ches oder gesetzliches Kündigungsrecht konnte sich der Antragsteller hierbei nicht stützen. Von der gesetzlichen Regelung des § 59 SGB X sind die Beteiligten in der Eingliederungsvereinbarung insoweit abgewichen, als dort lediglich eine Abänderung derselben für den Fall vereinbart worden ist, dass aufgrund von wesentlichen Änderungen in den persönlichen Verhältnissen des Erinnerungsführers eine Anpassung der vereinbarten Maßnahmen und Pflichten erforderlich ist, wobei dasselbe gilt, wenn sich herausstellt, dass das Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt nur aufgrund von Anpassungen und Änderungen der Vereinbarung erreicht oder beschleunigt werden kann.
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Was unterscheidet eine Eingliederungsvereinbarung formal und auch Inhaltlich von einem ALG II Antrag, daß eine Wertung dieses "Sozialrechtsverhältnisses" nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) handelt?
AntwortenLöschenDas JC und die BA geht auch bei Anträgen (hier aber mit Sonderkündigungsklauseln) von einer maximalen Geltungsdauer bist BWZ-Ende aus.
Nun wäre dann noch anzudenken, ob der Vertragsabschluß für Dritte teilnichtig ist bezgl. der Punkte die daraus einen Vertrag zu Lasten Dritter machen.
Ab wann wäre der Vertrag also sittenwidrig, da die Vorteile (ein existenzielles Grundrecht muß auch ohne Vertrag gewährt sein) durch die Nachteile mehr als "überkompensiert" sind.
Als Nachteil zählt z,B. der Verlust der Freizügigkeit für Kinder Ü18, die OAW-Klauseln, Mitwirkungspflichen von BG Mitgliedern zum Einreichen von Unterlagen, Bewerbungspflicht, Sanktionsrisiko.
Viel Spaß beim Nachdenken.