Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen stärkt Rechte von Hartz IV - Empfängern - Keine Anrechnung eines - fiktiven - Betriebskostenguthabens
§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. f. (jetzt § 22 Abs. 3 SGB II)
Hartz IV - Keine Anrechnung eines - fiktiven - Betriebskostenguthabens, wenn der Leistungsbezieher überzahlte Leistungen des Jobcenters für die Kdu nicht an den Vermieter weitergeleitet hat.
Nach Auffassung des 12. Senats des LSG NRW kommt § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. f.(jetzt § 22 Abs. 3 SGB II) dann nicht zur Anwendung, wenn der Leistungsbezieher nach dem SGB II überzahlte Leistungen des Jobcenters für die Kosten der Unterkunft nicht weitergeleitet hat.
Denn der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt lässt sich mit dem Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. f. nicht vereinbaren. Zwar ist die Überzahlung ausschließlich den KdU zuzuordnen und stellt damit eine Zahlung dar, die durch die Regelung hinsichtlich einer "Rückführung" privilegiert werden soll.
Nicht zu vertreten ist es hingegen, vorliegend von Einkommen zu sprechen, da überzahlte Leistungen im Verhältnis Leistungsträger und Leistungsempfänger nicht als Einkommen angesehen werden können und sich demzufolge auch nicht das Problem des Abzugs der Pauschale für Versicherungen stellt. Auch wenn die Leistungen, die für die KdU vorgesehen sind, überzahlt wurden, ist der Leistungsbezieherin aus der Abrechnung der Betriebskosten weder ein Überschuss zurückgezahlt worden noch ein Guthaben entstanden.
Sie hat die empfangenen Leistungen nicht weitergeleitet, sondern - fahrlässig oder vorsätzlich - zweckwidrig verbraucht. Dieses Verhalten stellt einen anderen Sachverhalt dar, der vom Sinn und Zweck der Regelung nicht erfasst wird.
Auch eine erweiternde oder analoge Auslegung der Vorschrift auf den vorliegenden Sachverhalt lässt sich nicht vertreten. Für eine Analogie fehlt es an einer planwidrigen Lücke im Gesetz, da der Gesetzgeber für Überzahlungen die §§ 45, 48 SGB X geschaffen hat und die Verwaltung in diesen Fällen in einem dafür vorgesehenen Verfahren einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erlassen muss (in diesem Sinne auch Sozialgericht Bremen, Beschluss vom 01.12.2009 - S 23 AS 2179/09 ER -).
Revision wurde zugelassen, denn vor dem Hintergrund der Frage, dass die Anwendbarkeit der Vorschrift auf Sachverhalte, in denen es zu nicht weitergeleiteten Betriebskostenvorauszahlungen gekommen ist, bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist, kommt dieser Frage aber erhebliche praktische Relevanz zu.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.07.2011, - L 12 AS 234/10 -,rechtskräftig
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144443&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Revision ist anhängig beim Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen: B 4 AS 159/11 R .
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
Hartz IV - Keine Anrechnung eines - fiktiven - Betriebskostenguthabens, wenn der Leistungsbezieher überzahlte Leistungen des Jobcenters für die Kdu nicht an den Vermieter weitergeleitet hat.
Nach Auffassung des 12. Senats des LSG NRW kommt § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. f.(jetzt § 22 Abs. 3 SGB II) dann nicht zur Anwendung, wenn der Leistungsbezieher nach dem SGB II überzahlte Leistungen des Jobcenters für die Kosten der Unterkunft nicht weitergeleitet hat.
Denn der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt lässt sich mit dem Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. f. nicht vereinbaren. Zwar ist die Überzahlung ausschließlich den KdU zuzuordnen und stellt damit eine Zahlung dar, die durch die Regelung hinsichtlich einer "Rückführung" privilegiert werden soll.
Nicht zu vertreten ist es hingegen, vorliegend von Einkommen zu sprechen, da überzahlte Leistungen im Verhältnis Leistungsträger und Leistungsempfänger nicht als Einkommen angesehen werden können und sich demzufolge auch nicht das Problem des Abzugs der Pauschale für Versicherungen stellt. Auch wenn die Leistungen, die für die KdU vorgesehen sind, überzahlt wurden, ist der Leistungsbezieherin aus der Abrechnung der Betriebskosten weder ein Überschuss zurückgezahlt worden noch ein Guthaben entstanden.
Sie hat die empfangenen Leistungen nicht weitergeleitet, sondern - fahrlässig oder vorsätzlich - zweckwidrig verbraucht. Dieses Verhalten stellt einen anderen Sachverhalt dar, der vom Sinn und Zweck der Regelung nicht erfasst wird.
Auch eine erweiternde oder analoge Auslegung der Vorschrift auf den vorliegenden Sachverhalt lässt sich nicht vertreten. Für eine Analogie fehlt es an einer planwidrigen Lücke im Gesetz, da der Gesetzgeber für Überzahlungen die §§ 45, 48 SGB X geschaffen hat und die Verwaltung in diesen Fällen in einem dafür vorgesehenen Verfahren einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erlassen muss (in diesem Sinne auch Sozialgericht Bremen, Beschluss vom 01.12.2009 - S 23 AS 2179/09 ER -).
Revision wurde zugelassen, denn vor dem Hintergrund der Frage, dass die Anwendbarkeit der Vorschrift auf Sachverhalte, in denen es zu nicht weitergeleiteten Betriebskostenvorauszahlungen gekommen ist, bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist, kommt dieser Frage aber erhebliche praktische Relevanz zu.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.07.2011, - L 12 AS 234/10 -,rechtskräftig
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144443&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Revision ist anhängig beim Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen: B 4 AS 159/11 R .
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
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