Direkt zum Hauptbereich

SG Mainz: Nächtlicher Fußweg durch Industriegebiet zum Beschäftigungsort ist zumutbar

SG Mainz: Nächtlicher Fußweg durch Industriegebiet zum Beschäftigungsort ist zumutbar


zu SG Mainz, Urteil vom 11.04.2013 - S 10 AS 1221/11.
Einem Empfänger von Arbeitslosengeld II («Hartz IV») kann es zur Aufnahme einer Tätigkeit zumutbar sein, einen nächtlichen Weg von der Arbeitsstelle nach Hause durch ein Industriegebiet zurückzulegen.
Dies hebt das Sozialgericht Mainz hervor (Urteil vom 11.04.2013, Az.: S 10 AS 1221/11).


Hartz-IV-Empfängerin weist Stelle wegen Angst vor Heimweg zurück


Das Jobcenter hatte der Klägerin eine Stelle in einer Wäscherei in einem Industriegebiet angeboten. Die Beschäftigung sah auch den Einsatz in der Nachtschicht vor, die um 22 Uhr endet. Die Klägerin nahm die Tätigkeit nicht auf, da sie sich nicht traute, nachts den Weg von der Arbeitsstelle zu ihrer etwa 2,7 Kilometer entfernt liegenden Wohnung zu Fuß zurückzulegen. Ein Auto oder Fahrrad besitze sie nicht, Busse verkehrten nach 20 Uhr nicht mehr. Das Jobcenter konnte darin jedoch keinen wichtigen Grund erkennen, die Arbeitsaufnahme zu verweigern und kürzte die Leistungen der Frau.


SG Mainz: Aufnahme der Tätigkeit war zumutbar


Das SG Mainz hat die Entscheidung des Jobcenters bestätigt.

Es sei der Klägerin zumutbar gewesen, die Tätigkeit aufzunehmen, um ihre Hilfebedürftigkeit zu verringern. Denn der Fußweg sei weder von der Länge noch von der Gefährlichkeit her unzumutbar gewesen. Der Heimweg nach einer Nachtschicht könne auf einer durchaus noch beleuchteten Hauptstraße mit Geschäften zurückgelegt werden.
Zudem hätte sich die Klägerin um eine Fahrgemeinschaft bemühen können oder ausloten müssen, ob sie mit anderen Beschäftigten der Wäscherei den Heimweg gemeinsam zurücklegen könne.
Quelle: SG Mainz: Nächtlicher Fußweg durch Industriegebiet zum Beschäftigungsort ist zumutbar | beck-aktuell

Kommentare

  1. Hat der Richter schonmal etwas von Art.12GG gehört??! Arbeitsplatzfreiheit, meine Herren!

    Wozu gibt es denn überhaupt Stellenausschreibungen und Vorstellungsgespräche, wenn eine Arbeitsuchende zur Unterschrift unter den Arbeitsvertrag genötigt werden kann?!

    Zudem sollten die Richter das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimumkennen. Art.1 Abs1 in Verbindung mit Art.3 Abs1?!

    AntwortenLöschen
  2. @Anonym
    Du stellst gewaltige, wenn nicht gar unerfüllbare Ansprüche!
    Dazu braucht es doch mindestens Apitur, wenn nicht gar Middlere Reife!

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe...

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind auch bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII Einkommen

Sozialgericht Karlsruhe,Beschluss vom 21.08.2012,- S 1 SO 2516/12 - Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind im Monat des Zuflusses auf dem Konto des Hilfeempfängers in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen, soweit dadurch die Hilfebedürftigkeit nicht vollständig entfällt. Der Kläger macht im Hauptsacheverfahren gegen den beklagten Sozialhilfeträger einen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII für den Monat Juni 2012 geltend. Streitig ist dabei zwischen den Beteiligten die Anrechnung einer in diesem Monat dem Konto des Hilfeempfängers gutgeschriebenen Nebenkostenrückerstattung seines Vermieters als Einkommen auf seinen Bedarf. Hierdurch ergab sich ein geringerer Zahlbetrag der Hilfeleistung als in den Monaten zuvor. Das Sozialgericht Karlsruhe hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, die Ausgangsentscheidung der Behörde sei nach der Rechtsprechung des B...