Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X findet nach mittlerweile gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung auch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anwendung
Sozialgericht Aachen, Urteil vom 20.01.2012,- S 19 SO 109/11 -
Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X findet nach mittlerweile gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung auch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anwendung (vgl. nur BSG, Urteil vom 16.10.2007 – B 8/9b SO 8/06 R = BSGE 99, 137 ff.).
Die im Haus ihrer Eltern lebende Klägerin bildet mit ihren Eltern weder eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB 2, noch eine Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII, so dass ihr Regelleistungen in Höhe von 100% des (alten) Eckregelsatzes zustehen (vgl. allgemein BSG, Urteile vom 19.05.2009 – B 8 SO 8/08 R- bzw. vom 23.03.2010 – B 8 SO 17/09 R-).
Eine rückwirkende Leistungserbringung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich um Leistungen nach dem SGB XII handelt.
Zwar wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wegen des Gegenwartsbezuges von Leistungen nach dem SGB XII ein rückwirkender Leistungsanspruch nur dann bejaht, wenn die Bedürftigkeit ununterbrochen fortbesteht (etwa BSG, Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 16/08 R = BSGE 104, 213 ff.).
Deshalb ist für Sozialhilfeleistungen in § 44 Abs. 4 SGB X ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des fortdauernden Bedarfs hineinzulesen (näher Merten, in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand 2011, § 44 Rdnr. 116 f.).
Jedoch ist das Gegenwartsprinzip im Recht der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung schwächer ausgeprägt, weil diese Leistungen nur auf Antrag und zudem für einen Zeitraum von Zwölf Monaten erbracht werden (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Im Gegensatz zur Sozialhilfe fällt damit der Hauptgrund für eine Begrenzung der rückwirkenden Leistungserbringung fort (Merten, a.a.O., § 44 Rdnr. 119). Deshalb sind derartige Leistungen nach § 44 Abs. 4 SGB X unabhängig davon rückwirkend zu erbringen, ob ein fortdauernder Bedarf besteht.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=149333&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X findet nach mittlerweile gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung auch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anwendung (vgl. nur BSG, Urteil vom 16.10.2007 – B 8/9b SO 8/06 R = BSGE 99, 137 ff.).
Die im Haus ihrer Eltern lebende Klägerin bildet mit ihren Eltern weder eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB 2, noch eine Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII, so dass ihr Regelleistungen in Höhe von 100% des (alten) Eckregelsatzes zustehen (vgl. allgemein BSG, Urteile vom 19.05.2009 – B 8 SO 8/08 R- bzw. vom 23.03.2010 – B 8 SO 17/09 R-).
Eine rückwirkende Leistungserbringung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich um Leistungen nach dem SGB XII handelt.
Zwar wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wegen des Gegenwartsbezuges von Leistungen nach dem SGB XII ein rückwirkender Leistungsanspruch nur dann bejaht, wenn die Bedürftigkeit ununterbrochen fortbesteht (etwa BSG, Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 16/08 R = BSGE 104, 213 ff.).
Deshalb ist für Sozialhilfeleistungen in § 44 Abs. 4 SGB X ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des fortdauernden Bedarfs hineinzulesen (näher Merten, in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand 2011, § 44 Rdnr. 116 f.).
Jedoch ist das Gegenwartsprinzip im Recht der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung schwächer ausgeprägt, weil diese Leistungen nur auf Antrag und zudem für einen Zeitraum von Zwölf Monaten erbracht werden (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Im Gegensatz zur Sozialhilfe fällt damit der Hauptgrund für eine Begrenzung der rückwirkenden Leistungserbringung fort (Merten, a.a.O., § 44 Rdnr. 119). Deshalb sind derartige Leistungen nach § 44 Abs. 4 SGB X unabhängig davon rückwirkend zu erbringen, ob ein fortdauernder Bedarf besteht.
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Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
Immerhin konnte man sich in 2009 noch an die Wertigkeit der Garantie eines effektiven (also wirksamen Rechtschutzes) vor BEhördenwillkür erinnern.
AntwortenLöschenDas RZ 14 der BSG Entscheidung
29.09.2009 – B 8 SO 16/08 R
zeigt, daß BSG Richter (welche?) durchaus das GG noch im Hinterkopf haben. Denn EMRK 6,13 wäre die übergeordnete Norm staatliches Versagen anzugehen.