Brand aktuell: Sozialgericht Landshut spricht Hartz IV -Empfängern höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu.
Im Kreis Landshut lebende SGB II- Leistungsempfänger haben höheren Anspruch für die Kosten der Unterkunft und Heizung!
Bei an Art. 11 GG orientierter, verfassungskonformer Auslegung ergibt sich, dass ein Umzug zur Ermöglichung einer besseren Heilbehandlung bzw. fachärztlichen Erreichbarkeit durchaus die notwendige Erforderlichkeit begründen kann.
Denn das mit Wirkung ab Mitte 2009 neu erstellte und halbjährlich fortgeschriebene Konzept zur Ermittlung der Unterkunftskosten im Landkreis Landshut hält - trotz richtiger Ansätze - letztendlich nicht den hohen Anforderungen des BSG statt.
Bei dem Begriff "angemessen" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nach der bisherigen Rechtsprechung aller für die Grundsicherung zuständigen Senate des BSG in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt und der unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in mehreren Prüfschritten zu konkretisieren ist (vgl. z.B. Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263-274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19; Urteil vom 20.08.2009, B 14 AS 41/08 R , jeweils m.w.N.).
Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze wird nach dieser Rechtsprechung, der die Kammer folgt, in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt (vgl. z.B. BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 15/09 R [juris]). Angemessen sind "Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist", es sich um eine "Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt" handelt (vgl. z.B. BSG vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231-242 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2).
Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist nach dem BSG (z.B. Urteil vom 19.10.2010, a.a.O.) auf die Werte zurückzugreifen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgesetzt haben. In Bayern sind die Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR) durch Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 10.12.2004 Nr. IIC4-4702-003/04 ergangen. Diese bestimmen unter Nr. 6.7.1 folgende Wohnungsgrößen als angemessen:
- für einen Alleinstehenden bis zu 50 qm Wohnfläche
- für zwei Haushaltsangehörige bis zu 65 qm Wohnfläche
- für drei Haushaltsangehörige bis zu 75 qm Wohnfläche
- für vier Haushaltsangehörige bis zu 90 qm Wohnfläche
und für jeden weiteren Haushaltsangehörigen jeweils 15 qm Wohnfläche zusätzlich.
Für einen Einpersonenhaushalt sind demnach im Freistaat Bayern bis zu 50 qm angemessen.
Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.
Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den
gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B.
welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto-
und Nettomiete , Differenzierung nach Wohnungsgröße,
- Angaben über den Beobachtungszeitraum,
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
- Validität der Datenerhebung,
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung
und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze)".
Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein schlüssiges Konzept auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen (BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, a.a.O. [Rz 25]).
In seiner Entscheidung vom 22.09.2009 (a.a.O.) hat das BSG ausgeführt, dass im Rahmen der Kosten der Unterkunft grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen sei, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet werde (Rz 22). Dabei ist nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen (Urteil vom 19.02.2009, a.a.O). In einem Urteil vom 18.06.2009 (B 14/7b AS 44/06 R ) heißt es, das vom Grundsicherungsträger gewählte Konzept müsse eine hinreichende Gewähr dafür bieten, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben. Das könne u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruhe. Bereits diesem Maßstab entspricht das vom Beklagten angewandte Konzept nicht, zumindest ist dies für das Gericht - wie vom BSG gefordert - nicht überprüfbar. Zwar heißt es im Vorwort des Konzepts (vgl. nur "Ermittlung der Unterkunftskosten zum Stand vom 30.06.2010") wörtlich:
"Um einen umfassenden Überblick über die Verhältnisse des grundsicherungsrelevanten örtlichen Mietwohnungsmarktes zu erhalten, wurden Daten von 12 % - 13 % aus aktuell abgeschlossenen Mietverträgen aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Landkreis Landshut (SGB II) und aus dem Bereich der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (3. und 4. Kapitel SGB XII), Wohngeldobergrenzen aus §§ 11 WoGG, Mietangebote, gefördert über den sozialen Wohnungsbau, und über die regionale Presse veröffentlichte Wohnungsangebote (Landshuter Zeitung, Landshuter aktuell, Wochenblatt) herangezogen."
Für das Gericht ist aus dem Konzept nicht ersichtlich, dass die dem Konzept zugrunde gelegten Wohnungen 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes ausmachen. Hierzu enthält das Konzept keinerlei Berechnung. Ebenso fehlen die Vergleichsparameter um eine Berechnung durchführen zu können. Bei den im Konzept angeführten 12 % - 13 % ist bereits unklar, ob sich diese auf den in Betracht zu ziehenden gesamten Mietwohnungsbestand beziehen, oder ausschließlich auf Wohnungen des einfachen Segments. Jedenfalls ist auch diesbezüglich für die Kammer nicht nachvollziehbar wie die 12 % - 13 % berechnet wurden.
Das BSG geht zudem davon aus, dass die Leistungsträger bei einem schlüssigen Konzept sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard), als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen können. Werden überwiegend nur Wohnungen des einfachen Segments im Rahmen des Konzepts berücksichtigt, ist es zwingend erforderlich, dieses einfache Segment zunächst abstrakt zu definieren, um eine Überprüfbarkeit der Annahmen des Leistungsträgers zu ermöglichen.
Bei der Beurteilung des "Konzepts" fällt auf, dass in diesem nahezu keine Ausführungen zum Begriff des spezifischen Wohnungsmarktsegments enthalten sind. Die Beklagte hätte diesen Begriff definieren und ausführen müssen, welche Kriterien aus ihrer Sicht erfüllt sein müssen, um einem angemessenen Wohnungsstandard im Sinne des unteren Preissegments zu entsprechen. Werden in den Wohnungslisten überwiegend Wohnungen von SGB II - und SGB XII (Sozialhilfe)-Leistungsbezieher geführt, ist davon auszugehen, dass darin keine Wohnungen enthalten sein dürfen, die die angemessenen Kosten der Unterkunft zu Unrecht zu sehr in die Höhe treiben, weil diese Wohnungen nicht mehr einfach und damit angemessenen Wohnungsstandards entsprechen.
Das Gericht kann in diesen Fällen jedoch nicht beurteilen, ob nicht in den Listen möglicherweise Wohnungen enthalten sind, welche die angemessenen Wohnungsstandards des unteren Wohnungssegments unterschreiten. Es ist in dem vorgelegten "Konzept" nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte mit den Wohnungsstandards der konkreten Wohnungen auseinandergesetzt hat, die sie hier verarbeitet hat. Vielmehr wird im Vorwort des "Konzepts" ausgeführt, dass Angaben über die Bauart, den Wärme-Isolierwert und die Raumausstattung der Wohnungen nicht ermittelt werden konnten. Die Beklagte hat wohl vielmehr aus dem Umstand, dass es sich überwiegend um Wohnungen von Leistungsempfängern handelt, bereits den Schluss gezogen, dass diese Wohnungen dem SGB II-relevanten Standard entsprechen.
Dies wird jedoch den Vorgaben der Rechtsprechung nicht gerecht, wonach auch gewährleistet sein muss, dass der Wohnungsstandard des einfachen Wohnungssegments nicht unterschritten wird. In welchen Fällen ein Unterschreiten der angemessenen Wohnungsstandards im Sinne des unteren Wohnungssegments vorliegt, kann an dieser Stelle dahinstehen. Die Beklagte hat sich mit diesen Gesichtspunkten nicht beschäftigt, obwohl das BSG in seiner ständigen Rechtsprechung auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, die Faktoren, die das Produkt, "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung einfließen zu lassen (vgl. Knickrehm in Spellbrink (Hrsg), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S 88).
Auch dieses Vorgehen entspricht nicht der Rechtsprechung des BSG. Zur Bestimmung des relevanten Wohnungsmarktsegments gehört nach Stimmen in der Literatur danach die Feststellung des Wohnungsstandard, das Jahr des ersten Bezugs bzw. der letzten Renovierung, die Wohnungsgröße und die Ausstattung der Wohnung (vgl. hierzu auch Butzer/Keller, NZS 2009, 65, 70).
Im vorliegenden Fall greift zu Lasten des Klägers auch keine konkrete, einzelfallbezogen "gedeckelte" Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II.
§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II regelt die Fälle, in denen sich die tatsächlichen Unterkunftskosten durch einen nicht erforderlichen Umzug erhöhen; Leistungen sind dann weiterhin nur in Höhe der bis zum Umzug zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen zu erbringen. Sie soll einer Kostensteigerung durch Ausschöpfung der jeweiligen örtlichen Angemessenheitsgrenzen entgegenwirken (BT-Dr. 16/1410, 23).
Die Deckelung erfasst jedoch nur den Umzug von einer Wohnung, für die ein im Rahmen der am Wohnungsmarkt anzutreffenden Spannbreite des grundsicherungsrechtlich Angemessenen liegender Mietpreis zu zahlen war, in eine teurere, aber nach diesem Maßstab ebenfalls angemessene Wohnung; eine Begrenzung auf die bisherigen Unterkunftskosten kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn vor dem Umzug Wohnraum überhaupt zu sozial- und markttypischen Bedingungen bewohnt worden ist.
Wohnt der Hilfebedürftige - wie der Kläger - vor seinem Umzug kostenlos bei seinen Eltern, ist der Anwendungsbereich des § 22 Abs.1 Satz 2 SGB II nicht eröffnet (vgl. auch LSG BE-BB 07.08.2008 - L 5 B 940/08 AS ER).
Ferner erfasst die Deckelung nur Fälle eines (objektiv) nicht erforderlichen Umzugs; Die Erforderlichkeit des Umzugs ist gegeben, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichtleistungsempfänger leiten lassen würde (LSG SN 4.3.2011 - L 7 AS 753/10 B ER; LSG BE-BB 10.11.2009 - L 29 AS 1196/09 B ER).
Hierbei ist insbesondere auch Art. 11 GG zu beachten. Bei an Art. 11 GG orientierter, verfassungskonformer Auslegung ergibt sich, dass ein Umzug zur Ermöglichung einer besseren Heilbehandlung bzw. fachärztlichen Erreichbarkeit durchaus die notwendige Erforderlichkeit begründen kann (vgl. hierzu auch SG Schwerin, Beschluss v. 01.05.2005 - S 10 ER 29/05 AS).
Sozialgericht Landshut, Urteil vom 07.02.2012, - S 10 AS 294/11 -
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=149286&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: Sind Ihre Kosten der Unterkunft und Heizung wohl möglich unangemessen nach Meinung des Jobcenters? Wenden Sie sich vertrauensvoll an uns , wir sind Ihnen in allen Fragen behilflich , wie zum Bsp. der Überprüfung der KdU, bei Umzugs- und Wohnungsbeschaffungskosten oder bei der Überprüfung eines Kostensenkungsaufforderungsbescheides.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/p/die-mandantenseite-bundesweite.html
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
Bei an Art. 11 GG orientierter, verfassungskonformer Auslegung ergibt sich, dass ein Umzug zur Ermöglichung einer besseren Heilbehandlung bzw. fachärztlichen Erreichbarkeit durchaus die notwendige Erforderlichkeit begründen kann.
Denn das mit Wirkung ab Mitte 2009 neu erstellte und halbjährlich fortgeschriebene Konzept zur Ermittlung der Unterkunftskosten im Landkreis Landshut hält - trotz richtiger Ansätze - letztendlich nicht den hohen Anforderungen des BSG statt.
Bei dem Begriff "angemessen" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nach der bisherigen Rechtsprechung aller für die Grundsicherung zuständigen Senate des BSG in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt und der unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in mehreren Prüfschritten zu konkretisieren ist (vgl. z.B. Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263-274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19; Urteil vom 20.08.2009, B 14 AS 41/08 R , jeweils m.w.N.).
Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze wird nach dieser Rechtsprechung, der die Kammer folgt, in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt (vgl. z.B. BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 15/09 R [juris]). Angemessen sind "Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist", es sich um eine "Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt" handelt (vgl. z.B. BSG vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231-242 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2).
Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist nach dem BSG (z.B. Urteil vom 19.10.2010, a.a.O.) auf die Werte zurückzugreifen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgesetzt haben. In Bayern sind die Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR) durch Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 10.12.2004 Nr. IIC4-4702-003/04 ergangen. Diese bestimmen unter Nr. 6.7.1 folgende Wohnungsgrößen als angemessen:
- für einen Alleinstehenden bis zu 50 qm Wohnfläche
- für zwei Haushaltsangehörige bis zu 65 qm Wohnfläche
- für drei Haushaltsangehörige bis zu 75 qm Wohnfläche
- für vier Haushaltsangehörige bis zu 90 qm Wohnfläche
und für jeden weiteren Haushaltsangehörigen jeweils 15 qm Wohnfläche zusätzlich.
Für einen Einpersonenhaushalt sind demnach im Freistaat Bayern bis zu 50 qm angemessen.
Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.
Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den
gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B.
welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto-
und Nettomiete , Differenzierung nach Wohnungsgröße,
- Angaben über den Beobachtungszeitraum,
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
- Validität der Datenerhebung,
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung
und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze)".
Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein schlüssiges Konzept auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen (BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, a.a.O. [Rz 25]).
In seiner Entscheidung vom 22.09.2009 (a.a.O.) hat das BSG ausgeführt, dass im Rahmen der Kosten der Unterkunft grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen sei, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet werde (Rz 22). Dabei ist nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen (Urteil vom 19.02.2009, a.a.O). In einem Urteil vom 18.06.2009 (B 14/7b AS 44/06 R ) heißt es, das vom Grundsicherungsträger gewählte Konzept müsse eine hinreichende Gewähr dafür bieten, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben. Das könne u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruhe. Bereits diesem Maßstab entspricht das vom Beklagten angewandte Konzept nicht, zumindest ist dies für das Gericht - wie vom BSG gefordert - nicht überprüfbar. Zwar heißt es im Vorwort des Konzepts (vgl. nur "Ermittlung der Unterkunftskosten zum Stand vom 30.06.2010") wörtlich:
"Um einen umfassenden Überblick über die Verhältnisse des grundsicherungsrelevanten örtlichen Mietwohnungsmarktes zu erhalten, wurden Daten von 12 % - 13 % aus aktuell abgeschlossenen Mietverträgen aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Landkreis Landshut (SGB II) und aus dem Bereich der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (3. und 4. Kapitel SGB XII), Wohngeldobergrenzen aus §§ 11 WoGG, Mietangebote, gefördert über den sozialen Wohnungsbau, und über die regionale Presse veröffentlichte Wohnungsangebote (Landshuter Zeitung, Landshuter aktuell, Wochenblatt) herangezogen."
Für das Gericht ist aus dem Konzept nicht ersichtlich, dass die dem Konzept zugrunde gelegten Wohnungen 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes ausmachen. Hierzu enthält das Konzept keinerlei Berechnung. Ebenso fehlen die Vergleichsparameter um eine Berechnung durchführen zu können. Bei den im Konzept angeführten 12 % - 13 % ist bereits unklar, ob sich diese auf den in Betracht zu ziehenden gesamten Mietwohnungsbestand beziehen, oder ausschließlich auf Wohnungen des einfachen Segments. Jedenfalls ist auch diesbezüglich für die Kammer nicht nachvollziehbar wie die 12 % - 13 % berechnet wurden.
Das BSG geht zudem davon aus, dass die Leistungsträger bei einem schlüssigen Konzept sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard), als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen können. Werden überwiegend nur Wohnungen des einfachen Segments im Rahmen des Konzepts berücksichtigt, ist es zwingend erforderlich, dieses einfache Segment zunächst abstrakt zu definieren, um eine Überprüfbarkeit der Annahmen des Leistungsträgers zu ermöglichen.
Bei der Beurteilung des "Konzepts" fällt auf, dass in diesem nahezu keine Ausführungen zum Begriff des spezifischen Wohnungsmarktsegments enthalten sind. Die Beklagte hätte diesen Begriff definieren und ausführen müssen, welche Kriterien aus ihrer Sicht erfüllt sein müssen, um einem angemessenen Wohnungsstandard im Sinne des unteren Preissegments zu entsprechen. Werden in den Wohnungslisten überwiegend Wohnungen von SGB II - und SGB XII (Sozialhilfe)-Leistungsbezieher geführt, ist davon auszugehen, dass darin keine Wohnungen enthalten sein dürfen, die die angemessenen Kosten der Unterkunft zu Unrecht zu sehr in die Höhe treiben, weil diese Wohnungen nicht mehr einfach und damit angemessenen Wohnungsstandards entsprechen.
Das Gericht kann in diesen Fällen jedoch nicht beurteilen, ob nicht in den Listen möglicherweise Wohnungen enthalten sind, welche die angemessenen Wohnungsstandards des unteren Wohnungssegments unterschreiten. Es ist in dem vorgelegten "Konzept" nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte mit den Wohnungsstandards der konkreten Wohnungen auseinandergesetzt hat, die sie hier verarbeitet hat. Vielmehr wird im Vorwort des "Konzepts" ausgeführt, dass Angaben über die Bauart, den Wärme-Isolierwert und die Raumausstattung der Wohnungen nicht ermittelt werden konnten. Die Beklagte hat wohl vielmehr aus dem Umstand, dass es sich überwiegend um Wohnungen von Leistungsempfängern handelt, bereits den Schluss gezogen, dass diese Wohnungen dem SGB II-relevanten Standard entsprechen.
Dies wird jedoch den Vorgaben der Rechtsprechung nicht gerecht, wonach auch gewährleistet sein muss, dass der Wohnungsstandard des einfachen Wohnungssegments nicht unterschritten wird. In welchen Fällen ein Unterschreiten der angemessenen Wohnungsstandards im Sinne des unteren Wohnungssegments vorliegt, kann an dieser Stelle dahinstehen. Die Beklagte hat sich mit diesen Gesichtspunkten nicht beschäftigt, obwohl das BSG in seiner ständigen Rechtsprechung auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, die Faktoren, die das Produkt, "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung einfließen zu lassen (vgl. Knickrehm in Spellbrink (Hrsg), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S 88).
Auch dieses Vorgehen entspricht nicht der Rechtsprechung des BSG. Zur Bestimmung des relevanten Wohnungsmarktsegments gehört nach Stimmen in der Literatur danach die Feststellung des Wohnungsstandard, das Jahr des ersten Bezugs bzw. der letzten Renovierung, die Wohnungsgröße und die Ausstattung der Wohnung (vgl. hierzu auch Butzer/Keller, NZS 2009, 65, 70).
Im vorliegenden Fall greift zu Lasten des Klägers auch keine konkrete, einzelfallbezogen "gedeckelte" Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II.
§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II regelt die Fälle, in denen sich die tatsächlichen Unterkunftskosten durch einen nicht erforderlichen Umzug erhöhen; Leistungen sind dann weiterhin nur in Höhe der bis zum Umzug zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen zu erbringen. Sie soll einer Kostensteigerung durch Ausschöpfung der jeweiligen örtlichen Angemessenheitsgrenzen entgegenwirken (BT-Dr. 16/1410, 23).
Die Deckelung erfasst jedoch nur den Umzug von einer Wohnung, für die ein im Rahmen der am Wohnungsmarkt anzutreffenden Spannbreite des grundsicherungsrechtlich Angemessenen liegender Mietpreis zu zahlen war, in eine teurere, aber nach diesem Maßstab ebenfalls angemessene Wohnung; eine Begrenzung auf die bisherigen Unterkunftskosten kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn vor dem Umzug Wohnraum überhaupt zu sozial- und markttypischen Bedingungen bewohnt worden ist.
Wohnt der Hilfebedürftige - wie der Kläger - vor seinem Umzug kostenlos bei seinen Eltern, ist der Anwendungsbereich des § 22 Abs.1 Satz 2 SGB II nicht eröffnet (vgl. auch LSG BE-BB 07.08.2008 - L 5 B 940/08 AS ER).
Ferner erfasst die Deckelung nur Fälle eines (objektiv) nicht erforderlichen Umzugs; Die Erforderlichkeit des Umzugs ist gegeben, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichtleistungsempfänger leiten lassen würde (LSG SN 4.3.2011 - L 7 AS 753/10 B ER; LSG BE-BB 10.11.2009 - L 29 AS 1196/09 B ER).
Hierbei ist insbesondere auch Art. 11 GG zu beachten. Bei an Art. 11 GG orientierter, verfassungskonformer Auslegung ergibt sich, dass ein Umzug zur Ermöglichung einer besseren Heilbehandlung bzw. fachärztlichen Erreichbarkeit durchaus die notwendige Erforderlichkeit begründen kann (vgl. hierzu auch SG Schwerin, Beschluss v. 01.05.2005 - S 10 ER 29/05 AS).
Sozialgericht Landshut, Urteil vom 07.02.2012, - S 10 AS 294/11 -
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=149286&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: Sind Ihre Kosten der Unterkunft und Heizung wohl möglich unangemessen nach Meinung des Jobcenters? Wenden Sie sich vertrauensvoll an uns , wir sind Ihnen in allen Fragen behilflich , wie zum Bsp. der Überprüfung der KdU, bei Umzugs- und Wohnungsbeschaffungskosten oder bei der Überprüfung eines Kostensenkungsaufforderungsbescheides.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/p/die-mandantenseite-bundesweite.html
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
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